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Die Uhrliebhaber Karl-Heinz Grund und Jan Mickeleit spendieren ehemaligem Empfangsgebäude in Roßla neues Chronometer

Von Frank Schedwill 24.10.2021, 10:00
Jan Mickeleit und Karl-Heinz Grund (von links) an der neuen Bahnhofsuhr.
Jan Mickeleit und Karl-Heinz Grund (von links) an der neuen Bahnhofsuhr. Foto: Maik Schumann

Rossla/MZ - Es war wie eine Wunde. Der Roßlaer Karl-Heinz Grund hat sich jahrelang geärgert, wenn er von seinem Grundstück in der Halleschen Straße, einem Teil der früheren B 80, auf das Gebäude des gegenüberliegenden Roßlaer Bahnhofs blickte. Denn an dem dunkelroten Backsteinbau fehlte seit über zehn Jahren etwas, das Grund in seinem Leben begleitet hat: die Bahnhofsuhr.

„Wie oft habe ich auf die Uhr geschaut“, sagt der 65-jährige Kfz-Meister, der 1986 eine Moped-Werkstatt im Nachbarort Berga gründete, aus der sich dann später ein Autohaus entwickelte. Heute werden dort Fahrzeuge der Marken Kia und Opel verkauft und repariert.

„Die Bahnhofsuhr bei mir zu Hause gegenüber war immer so etwas wie der Maßstab. Dank ihrer Anzeige wusste ich beispielsweise frühmorgens genau, dass ich spät dran war, und schnell auf Arbeit fahren musste“, sagt Grund. Aber auch sonst habe er wie viele Roßlaer und die Tausenden Autofahrer, die sich vor dem Bau der A 38 auf der B 80 durch den Ort mit der Bahnschranke quälten, immer auf die Uhranzeige geblickt. Alles wussten so, was die Stunde geschlagen hatte.

Allerdings ist die Uhr an dem Bahnhofsgebäude im Laufe der Zeit verschwunden. „Im Jahr 2008 hat die Bahn AG den Roßlaer Bahnhof verkauft“, sagt Bahnsprecher Jörg Bönisch. Vermutlich zu dieser Zeit ist auch die Uhr, die direkt über dem Eingang des Gebäudes hing, abgenommen worden. Genauer kann das auch Bönisch nicht sagen.

Heute erfolgt die Zeitanzeige an dem Bahn-Haltepunkt mit sogenannten dynamischen Schriftanzeigern, die abwechselnd auch die Zugfahrten, deren Verspätungen sowie jetzt in der Pandemie aktuelle Hygienehinweise anzeigen.

Nun gibt es eine neue Bahnhofsuhr, mit 60 Zentimetern Durchmesser weithin zu sehen und funkgesteuert. Grund und Jan Mickeleit, der in den Räumen der alten Bahnhofsgaststätte ein Bistro betreibt, haben den Zeitmesser für rund 2.000 Euro gekauft und ihn an seinem alten Standort über der früheren Eingangstür anbringen lassen.

„Zu einem Bahnhof gehört auch eine Uhr. Sonst fehlt etwas“, sagt Mickeleit. Seine Kunden und auch viele andere Roßlaer freuen sich, dass es die Uhr wieder gibt. Sie soll nun in den nächsten Tagen an den Strom angeschlossen werden.

Anders als ihr Vorgänger wird die Uhr auch im Dunkeln die Zeit zeigen. Sie verfügt nämlich über eine LED-Beleuchtung, die per Dämmerungsschalter gesteuert wird. Grund und Mickeleit wollen dem Bahnhof so wieder zu mehr Stellenwert verhelfen: An der am 10. Juli 1866 eingeweihten Strecke Halle-Nordhausen gelegen, hat das Gebäude in der Roßlaer Geschichte eine große Rolle gespielt. Bereits am Einweihungstag war die Bahnhofswirtschaft eröffnet worden. „Ich denke, nach preußischer Gründlichkeit, befand sich da auch bereits eine Uhr am Bahnhofsgebäude“, sagt Falk Getschmann, der Vorsitzende des Roßlaer Heimat- und Schlossvereins.

Auch bei der Einweihung des Kaiser-Wilhelm-Denkmals auf dem Kyffhäuser am 18. Juni 1896 war der Bahnhof Roßla wichtig. Vor dem Gebäude wurde ein Kaiserzelt errichtet, in dem Kaiser Wilhelm II. mit Fürst Günther zu Schwarzburg-Rudolstadt sowie einigen anderen hohen Persönlichkeiten eine Erfrischung zu sich nahm, bevor es per Kutsche auf den Berg ging, sagt Getschmann. Für den Roßlaer Fürsten und dessen Familie habe es im Bahnhof auch lange Zeit extra ein Fürstenzimmer gegeben.