"Ich schenke dir den Tod" "Ich schenke dir den Tod": Mansfelder Zorn
Siersleben - Von Beruf ist Ralf Gebhardt Banker, doch mit „Ich schenke dir den Tod“ hat der 49-Jährige aus Siersleben jetzt einen rasanten Kriminal- und Heimatroman vorgelegt.
ie beiden großen, schweren Frauen stürzen sich auf ihr Opfer. Eine zerrt oben, eine unten. Der Junge ist hilflos, starr vor Entsetzen. Und plötzlich schmerzt es auch noch von hinten. Ein Stich aus dem Waldboden, ein gellender Schrei, das blanke Grauen.
Ralf Gebhardt schrieb Thriller-Debüt: „Ich schenke dir den Tod"
Ralf Gebhardt schmunzelt. An der Auftaktszene seines Thriller-Debüts „Ich schenke dir den Tod“ hat der Mann mit der John-Lennon-Brille immer wieder gefeilt. „Erst ist so ein Kapitel sehr viel länger“, sagt er, „dann kocht man es langsam auf die Essenz herunter.“ Was bleibt, wenn alles klappt, ist das, was Amerikaner „Pageturner“ nennen: Ein Buch, das der Leser nicht mehr aus der Hand legen kann, das ihn mitreißt, bis vor dem Fenster der Morgen graut.
Gebhardts Geschichte schafft das. Der Mann aus dem Mansfeld-Örtchen Siersleben schreibt ähnlich rasant wie sein hallescher Kollege Stefan Ludwig, der Vater der Erfolgsserie um den störrischen Kommissar Claudius Zorn. Kein Wunder, denn Gebhardt ist Fan des Hallensers, den er seit dessen Debütroman aus der Ferne bewundert. „Ich habe alle seine Bücher gelesen“, sagt der 49-Jährige, „und ich fand sie alle toll.“
Inspiration durch „Zorn"
Und ein bisschen haben Ludwig und sein Kommissar Zorn Gebhardt dann auch inspiriert und motiviert. „Ich habe schon als kleiner Junge immer gelesen und geschrieben“, erzählt der Familienvater, der hauptberuflich als Banker arbeitet, „das hat mir einfach Spaß gemacht.“ Die Geschichte, als seine Mutter ihn auffordert, doch nun mal rauszugehen, ist Legende: Der kleine Ralf schnappt sich einen Hocker und sein Buch. Geht vor die Tür. Und liest weiter. Eine Liebe fürs Leben.
Doch Beruf, Familie, Weiterbildung und das Motorradfahren als Hobby drückten das Schreiben lange in die zweite Reihe. Bis Ralf Gebhardt beschließt, es nun einfach mal ernsthaft anzugehen mit dem eigenen Buch. „Andere wollen in ihrem Leben unbedingt einmal auf den Himalaya“, sagt er, „ich wollte eben unbedingt einen Thriller schreiben.“
Ein Vorhaben, an dem die meisten Jungautoren scheitern. „Man denkt, man hat eine Idee und fängt an zu schreiben“, beschreibt der Autor, der das Ende der immer gleichen Geschichte kennt: „Nur um dann auf Seite 100 zu verhungern.“ Mit den Kurzgeschichten, die er bis dahin geschrieben hatte, konnte das nicht passieren. Die sind einfach, es fängt vorn an und hört hinten auf. Aber bei einem Roman ist alles anders. Man braucht einen Spannungsbogen, verschiedene Handlungsstränge, einen Plan. „Also habe ich mich bei einer Schreibschule in Hamburg angemeldet.“
Gebhardts Tour zum Krimi-Himalaya wird von da an von erfahrenen Schreib-Sherpas geführt. „Ich habe einen Plan gehabt, mit Anfang, Mitte und Ende“, sagt Ralf Gebhardt. Dazu gibt es neben dem Computer eine Kladde mit der Auflistung der handelnden Personen samt deren Charaktereigenschaften, für die sich der Anlageberater hin und wieder bei Bankkunden und Bekannten bedient. „Der Name des Kommissars ist der meines alten Bio-Lehrers, der eine sehr imposante Figur war.“
Der Roman-Neuling weiß so stets, wo die Reise hingeht, wenn er sich nach der Arbeit oder am Wochenende an den Schreibtisch setzt. Die Zeit finde sich, sagt er, wenn man nur wolle: „Man schreibt, wenn andere fernsehen.“
Und es macht immer noch Spaß, obwohl die Schreibschule nebenbei sogar richtige Hausaufgaben verteilt, die pünktlich erledigt werden müssen. Neben der Arbeit das Schreibpensum. Und daneben die Hausaufgaben.
Auch Ralf Gebhardt kommen in den zwei Jahren, die er an den 204 Seiten seines Thrillers schraubt, gelegentlich Zweifel. Aber die Schreibfreunde, wie er seine Bekannten aus dem Bundesverband junger Autoren und Autorinnen nennt, und der Hamburger Schreiblehrer bestärken ihn immer wieder weiterzumachen. „Und dank des Planes wusste ich auch immer, wie es weitergeht.“
„Ich schenke dir den Tod": Heimatroman spielt im Mansfelder Land
Wo, sowieso. Für seine Schauplätze schweift Ralf Gebhardt nicht in die Ferne. „Ich schenke dir den Tod“ ist als Heimatroman angelegt, in dem das Mansfeld die Hauptrolle spielt. „Ich fand das einfach gut, ins Mansfelder Schloss zu gehen, mir das zeigen zu lassen und beim Blick auf einen leeren Raum im Keller, wo nur eine alte Plane über irgendwelchen Werkzeugen lag, zu denken: Was könnte hier nicht alles Fürchterliches passieren?“
Morde natürlich, in Serie sogar. Dazu Rache, Folter und Entführung. Mittendrin im Schlamassel Richard Störmer, eine ähnlich wie Claudius Zorn gebrochene Kommissarsfigur, die zwischen Verzweiflung und verzweifeltem Mut schwankt, mit sich selbst hadert, aber hartnäckig hinter dem Täter herjagt. Gebhardts Kommissar kommt naturalistisch rüber, er ist weder Klischeekommissar noch Supermann mit unbegrenzter Feuerkraft. „Ich habe vorher extra mit dem LKA gesprochen und mir bestimmte Aspekte der Polizeiarbeit erklären lassen“, schildert der Autor, der sich andere kriminelle Fachfragen zudem vom Chef der halleschen Polizei erläutern ließ. „Das soll ja schon alles realistisch sein.“
Ist es, auch weil Gebhardt die wirklich brutalen Szenen seiner nervenzerreißenden Story nicht im Detail ausmalt, sondern nur so andeutet, „dass der richtige Schrecken im Kopf entsteht“. Der erste Verlag, der ihm nach einer Anfrage ein Angebot machte, bekam den Zuschlag. „Das hatte ich mir vorher fest vorgenommen, egal, wie die Konditionen sind.“ Schließlich gehe es ihm beim Schreiben nicht darum, viel Geld zu verdienen. „Für mich ist das ein Hobby.“ Das Gebhardt weiter pflegen wird: Derzeit schreibt er schon am zweiten Buch um Kriminalhauptkommissar Richard Störmer. (mz)