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Chefsessel in Aussicht Chefsessel in Aussicht: Firmenchefs suchen händeringend nach Unternehmensnachfolgern

Von Beate Thomashausen 23.03.2018, 13:00
Zwei Firmen aus der Region, die man als Neueinsteiger förmlich auf dem Silbertablett serviert bekommt.
Zwei Firmen aus der Region, die man als Neueinsteiger förmlich auf dem Silbertablett serviert bekommt. Maik Schumann

Eisleben/Sangerhausen - In eine Firma einsteigen und gleich den Chefsessel in Aussicht gestellt bekommen? Roland Fischer macht so etwas. Er ist Chef einer Heizungs- und Sanitärfirma in Unterrißdorf und auf der Suche nach jungen, engagierten Leuten, die in seinem Betrieb lernen wollen. „Vor zehn Jahren ungefähr hatten wir den letzten Lehrling“, sagt Fischer.

Chemie muss im Bewerbungsgespräch für eine Lehrstelle stimmen

Jetzt freut er sich, dass er aktuell einen Schülerpraktikanten hat. „Vielleicht wird das was“, hofft der Chef, der im Vergleich zu den 1990er Jahren schon zu einigen Abstrichen bei den schulischen Leistungen seiner künftigen Lehrlinge bereit ist.

Zu einer 3 auf dem Zeugnis sagt er schon lange nichts mehr. Hauptsache die Chemie stimmt und der Lehrling bleibt bei der Stange, denn auch wenn es nichts wird mit der Firmennachfolge, so sind doch auch die Mitarbeiter aus dem jungen Erwachsenenalter längst heraus. Fischer muss sich um Nachwuchs bemühen.

Regina Ziesche, Geschäftsführerin der Kreishandwerkschaft Mansfeld-Südharz, weiß wo bei „ihren“ Handwerkern der Schuh drückt: „Rund 50 Prozent der Firmeninhaber sind über 50 Jahre. In den nächsten zehn bis 15 Jahren suchen rund 1.900 Betriebe, darunter auch Einmannbetriebe, nach einem Nachfolger.“

Besonders schwer haben es Bäcker und Fleischer damit, Lehrlinge zu finden, von einem Firmennachfolger ganz zu schweigen.

Auch größere Firmen plagen sich mit Nachwuchs- und Nachfolgersorgen herum. Bei der Askania Maschinenbau GmbH in Sangerhausen kann man sich, wenn man sich gut anstellt, diszipliniert ist und Eigeninitiative an den Tag legt, durchaus vom Lehrling zum Chef emporarbeiten. Ausgebildet werden Zerspaner und Metallbauer. Nur leider sei es gar nicht so einfach, geeignete Interessenten zu finden.

Wer sich als Lehrling gut anstellt, hat gute Übernahmechancen

„Vor zehn Jahren konnten wir uns die Lehrlinge noch aussuchen. Das Bild hat sich gravierend gewandelt“, sagt Thomas Meye, der seit 2017 einer von zwei Geschäftsführern der Askania ist. Wer sich als Lehrling gut anstellt, werde bei Askania auch übernommen, so Meye.

Und wer das Zeug dazu habe, werde unterstützt, dass er sich auch über die Lehrausbildung hinaus qualifiziert. Er würde es schon begrüßen, wenn auch in Zukunft ein Geschäftsführer „Stallgeruch“ mitbringe, wenn er also die betrieblichen Abläufe und Gepflogenheiten schon genau kenne und selbst bei Askania gearbeitet habe. Und das heißt, präzise und pünktlich Aufträge unter anderem für Großkunden bundesweit zu erledigen.

Meye ist stolz auf die Truppe, die aktuell in Kassel an einem Seniorenheim einen Treppenturm montiert. „Das sind alles ehemalige Lehrlinge von uns“, sagt er. Teilweise hat er sie sogar selbst mit ausgebildet. Und jetzt möchte er jemanden ranziehen, der später mal seinen Job als Geschäftsführer übernimmt. Aktuell muss ihn sein Vorgänger, der bereits in Rente ist, vertreten. Und auch in der Produktion springen ehemalige Mitarbeiter ein, wenn Not am Mann ist, denn es fehlen einfach die Leute.

Moderne Handwerksbetriebe in modernen Zeiten

Dabei sind Handwerksbetriebe im Jahr 2018 alles andere als piefig. „Da wird nicht mehr wie bei Meister Eder in der Werkstatt gearbeitet“, sagt Ziesche. „Die Informationstechnologie hat auch im Handwerk Einzug gehalten. Es sind moderne Betriebe in modernen Zeiten geworden.“

Sie rechnet in den kommenden Jahren mit einer Bereinigung der Infrastruktur. Sprich, zahlreiche Handwerksbetriebe wird es dann einfach nicht mehr geben. „Der Endverbraucher wird das spüren, wenn er plötzlich lange auf einen Handwerkertermin warten muss“, sagt die Geschäftsführerin.

Das zeichne sich zum Teil bereits heute ab. „Die Auftragsbücher der Handwerksbetriebe sind heute schon auf lange Sicht voll.“ Ziesche hofft darauf, dass es ein Umdenken in der Gesellschaft gibt und das Handwerk tatsächlich wieder den berühmten „goldenen Boden“ bekommt. (mz)

Regina Ziesche
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Schumann
Roland Fischer
Roland Fischer
Schumann
Thomas Meye
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