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In der Supertelefonzelle Warum das dienstälteste Kinder- und Jugendtelefon durch den Kinderschutzbund vor dem Aus bewahrt wurde

Von Uwe Kraus 05.12.2021, 15:00
Elke Dohrmann vom Kinder- und Jugendtelefon des Deutschen Kinderschutzbundes in Halberstadt.
Elke Dohrmann vom Kinder- und Jugendtelefon des Deutschen Kinderschutzbundes in Halberstadt. Foto: Uwe Kraus

Halberstadt/MZ - Elke Dohrmann heißt die Harzer Frau hinter einem engagierten Ehrenamtsteam. Sie lacht. „Nein, ich bin nicht jedes Mal dran, wenn jemand die 11 61 11 wählt. Hier leisten sehr viele ihren Dienst“, sagt Elke Dohrmann. Sie wirkt hauptamtlich als Koordinatorin – seit dem 22. März 1993. Länger ist niemand im Land dabei. Den nach AWO Harz und AWO Magdeburg dritten Träger erlebt Elke Dohrmann gerade.

An wie vielen Standorten das Kummertelefon schon stand, sie hat es nicht gezählt. Vier waren es über Halberstadt verteilt, dazu kommen die diversen Umzüge im trägereigenen Gebäude. „Am 1. April 2020 mitten in der ersten Corona-Welle starteten wir mit dem neuen Träger, am 5. Mai gingen wir dann ans Netz.“ Ihr aktueller Arbeitgeber ist der Kinderschutzbund. „Dorthin passt unser Sorgen-Telefon auch gut. Der Kinderschutzbund war schon in den 1970er Jahren ganz vorn mit dabei.“

Sachsen-Anhalts langjährige Kinderschutzbund-Geschäftsführerin Andrea Wegner war sich sicher, dass dieses Projekt zu stemmen sein wird, auch wenn man damit „Diamanten übernehme, die man sich eigentlich nicht leisten könne“. Überzeugt hat Wegner wohl auch das Engagement von über 30 Ehrenamtlichen in Halberstadt, die aus dem ganzen Harzkreis kommen und monatlich sechs Stunden am Telefon zuhören und beraten sowie sich weiterbilden, aber sich bis in den Petitionsausschuss des Landtages und in die Staatskanzlei hochgemacht haben, weil offensichtliches Verwaltungschaos das Netzwerk der Kinder- und Jugendtelefone im Land zu zerbrechen drohte.

Heute trägt Sachsen-Anhalt 95 Prozent der Personalkosten, und die Halberstädter Wohnungsgesellschaft stellt die Räume, quasi die Supertelefonzelle, zur Verfügung. Trotzdem sei es immer wieder ein Drahtseilakt, alle Sachkosten zu stemmen. 2.170 Euro pro Landkreis wären nötig, damit zwei Kinder- und Jugendtelefone und das Elterntelefon des Landesverbandes zwar nicht üppig, aber sicher leben könnten. Doch selbst die monatlichen Telefonkosten von gerade 40 Euro müssen erst einmal finanziert werden. „Da sind wir schon froh, wenn ein Richter mal eine Geldbuße zu unseren Gunsten verhängt oder wir eine Spende bekommen.“ Sozialpädagogin Elke Dohrmann, selbst Mutter zweier erwachsener Töchter, barmt nicht.

„Ich habe so eine tolle Truppe Ehrenamtlicher, die 2020 selbst an den Weihnachtstagen ein Ohr für die Anrufenden hatten. Das gibt Motivation in nicht gerade beglückenden Zeiten“, sagt Dohrmann. 2021 habe sich die Zahl der Anrufe um fünf Prozent erhöht, doch es wird auch länger geredet. „Jedes Gespräch und jeder Anruf hat seine Berechtigung“, findet Dohrmann. „Heute rufen zur Hälfte Jungen an. Vor 28 Jahren waren es nicht mal ein Fünftel. Das hat auch mit dem Wandel des Männerbildes zu tun.“ Sich Hilfe zu holen, werde zunehmend akzeptiert. „Ich wünschte mir, dass Eltern öfter beim Elterntelefon anklingeln, statt mit Problemen allein zu bleiben.“

Ein langjähriger Traum ist zudem die Umsetzung des Projektes Jugendliche beraten Jugendliche, bei dem junge Leute immer samstags mit Altersgefährten telefonieren. „Das könnte sogar die Älteren bei der Supervision unterstützen.“

Das Kinder- und Jugendtelefon ist montags bis samstags von 14 bis 20 Uhr unter der kostenlosen Rufnummer 11 61 11 erreichbar. Das Büro in Halberstadt ist unter [email protected] erreichbar. Weitere Infos unter dksb-lsa.de/fuer-kinder/das-kinder-und-jugendtelefon.