1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Landkreis Anhalt-Bitterfeld
  6. >
  7. Mutmaßlicher Taliban in Aken: Mutmaßlicher Taliban in Aken: Bürgermeister Bahn bezieht klar Stellung

Mutmaßlicher Taliban in Aken Mutmaßlicher Taliban in Aken: Bürgermeister Bahn bezieht klar Stellung

Von Sylke Hermann 01.11.2016, 08:18
Ein junger Afghane, der am Donnerstag gefasst worden war, soll zuletzt in Aken gelebt haben.
Ein junger Afghane, der am Donnerstag gefasst worden war, soll zuletzt in Aken gelebt haben. Heiko Rebsch

Aken - Akens Bürgermeister Jan-Hendrik Bahn (parteilos) ist „überrascht und natürlich auch schockiert“ von den aktuellen Nachrichten. Ein am Donnerstag festgenommenes mutmaßliches Mitglied der radikal-islamischen Taliban-Organisation soll zuletzt in Aken gelebt haben.

Der 19-Jährige kommt aus Afghanistan. Um wen es sich handeln könnte, wisse man nicht. Bahn wollte sich am Freitag gegenüber der MZ auch nicht an Spekulationen beteiligen. Ebenso sei unklar, wann der junge Mann als Flüchtling nach Aken gekommen sei.

In Aken leben zurzeit 129 Flüchtlinge, darunter 27 Afghanen. Mit 59 Personen kommen die meisten Flüchtlinge aus Syrien, zu denen man nach Aussage des Bürgermeisters den engsten Kontakt pflege. Zwischenzeitlich hatte der Landkreis Anhalt-Bitterfeld 160 aus ihren Heimatländern geflüchtete Frauen und Männer in der Elbestadt untergebracht. Hier leben sie vor allem in den Wohnungen der Stadt im Neubaugebiet.

„Wir bekommen die Flüchtlinge zugewiesen und können uns nicht aussuchen, wen wir bei uns aufnehmen“, betonte Bahn. Das sei „ein bisschen wie Russisch Roulette“.

Dass unter den Personen auch mal „ein schwarzes Schaf“ sein könne, sei bundesweit zu beobachten. Nun auch in seiner Stadt. „Wir können nicht hinter die Fassade der Menschen blicken, die zu uns kommen“, sagte er. „Die Situation ist wie sie ist.“

Bürgermsiter Bahn: Integration funktioniert in Aken

Die Festnahme des jungen Afghanen ändere nichts an seiner Einschätzung, „dass Integrationsarbeit bei uns funktioniert“. Aken habe bei der Aufnahme von Flüchtlingen nicht nur eine „Spitzenreiterrolle“ eingenommen, erwähnte der Bürgermeister, sondern sich in den vergangenen Monaten immer auch durch einen positiven Umgang mit den Flüchtlingen hervor getan.

„Wir versuchen sie bestmöglich zu integrieren.“ Das sei nicht immer einfach. Weshalb Bahn dem Landkreis zu gegebener Zeit auch signalisiert hatte, dass man nicht noch mehr Flüchtlinge aufnehmen könnte. „Integration ist eine freiwillige Aufgabe, die wir mit sehr viel ehrenamtlichem Engagement und ohne Unterstützung von außen bewältigen“, erklärte Bahn.

Auf die Willkommenskultur in seiner Stadt ist der Bürgermeister sehr stolz. Es gibt ein Spendenlager, das in die frühere Elbeschule gezogen ist. Hierum kümmert sich der Verein „Wir mit Dir“.

Immer donnerstags öffnet der Heimat- und Kulturverein das interkulturelle Café in der Burgstraße/Ecke Elbstraße. Dreh- und Angelpunkt der Flüchtlingsarbeit jedoch ist von Anfang an die städtische Jugendbegegnungsstätte „Nomansland“. Hier treffen sich die jungen Leute, verbringen ihre Zeit, reden, treiben Sport, feiern gemeinsam.

Dank an die Ermittlungsbehörden

Mit einer von ihm, Bahn, initiierten Steuerungsgruppe unternahm das Stadtoberhaupt vor Monaten zudem den Vorstoß, die Kommunikation in Sachen Integration unter allen Beteiligten zu verbessern.

Vereine, die Schulen, der Jugendtreff, die evangelische Kirche und Vertreter des Landkreises tauschen sich dort aus. Sieben Zusammenkünfte gab es bisher. Mit Cornelia Hankel hat Aken auch eine Integrationslotsin. Ende August sind zehn Frauen und Männer für die Flüchtlingsarbeit im Landkreis ernannt worden.

Bürgermeister Bahn ist vor allem dankbar für die Arbeit der Polizei und Ermittlungsbehörden im Fall des jungen Afghanen, der zwischenzeitlich in Aken Zuflucht gefunden hatte. Man nehme die Bedrohungslage wahr und vermittele damit „eine Art Sicherheitsgefühl“, sagte er.

In einem offenen Brief, der die MZ am späten Freitagnachmittag vom Akener Verein „Wir mit Dir“ erreichte, drückte dieser seine Bestürzung über die Medienberichte aus.

Der politische Islamismus sei Ausdruck einer menschenverachtenden Barbarei, stellte der Vorstand klar. Gerade deshalb sei eine differenzierte Betrachtung wichtig, um pauschalisierten Vorurteilen entgegenzutreten. (mz)

In der dortigen Jugendbegegnungsstätte „Nomansland“ wird viel für die Integration getan.
In der dortigen Jugendbegegnungsstätte „Nomansland“ wird viel für die Integration getan.
Heiko Rebsch