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Elektroschocker-Firma Taser Elektroschocker-Firma Taser: Firma sponsert Polizei-Gewerkschaft

Von Hendrik Kranert-Rydzy 04.04.2016, 17:51
Mit etwas Fantasie sieht die gelbe Elektroschockpistole aus wie eine Wasserpistole. Mit ihren 450 Gramm wiegt sie auch nicht viel mehr. Nur der Effekt ist ein völlig anderer. Ein eindringliches Knattern, dann schießen zwei Metallnadeln an dünnen Drähten, die den Strom transportieren, aus der Kartusche der Waffe.
Mit etwas Fantasie sieht die gelbe Elektroschockpistole aus wie eine Wasserpistole. Mit ihren 450 Gramm wiegt sie auch nicht viel mehr. Nur der Effekt ist ein völlig anderer. Ein eindringliches Knattern, dann schießen zwei Metallnadeln an dünnen Drähten, die den Strom transportieren, aus der Kartusche der Waffe. dpa

Magdeburg - Der Landesdelegiertentag der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) im Oktober 2014 ist Rüdiger Erben noch in guter Erinnerung. Auf einer Podiumsdiskussion, auf der der SPD-Innenpolitiker teilgenommen hatte, ging es  um die Forderung der DPolG, auch Streifenpolizisten mit Distanz-Elektro-Impuls-Geräten auszustatten. „Ich bin  da heftig attackiert worden“, sagt Erben, „wegen meiner ablehnenden Haltung, die Polizei flächendeckend damit auszurüsten.“

Engagement der Firma für Polizeigewerkschaft offenbar kein Einzelfall

Er habe den Eindruck gehabt, dass es sich bei den Befürwortern im Publikum um bestellte Claqueure gehandelt habe - später wird Erben auch klar, warum er mit unerwarteter Vehemenz angegriffen wird. „Erst kam ein Vertreter der Firma Taser auf mich zu und überreichte mir seine Visitenkarte“, erinnert sich Erben. Beim Verlassen des Veranstaltungsortes fiel ihm dann auf, dass besagte Firma nicht nur einen Infostand im Foyer aufgebaut hatte, „sondern die Veranstaltung auch sponserte“. Taser ist ein Unternehmen aus den USA, das seit Anfang der 1990er Jahre sogenannte Distanz-Elektro-Impuls-Geräte produziert. Der Name der Firma ist inzwischen zum Synonym für diese Elektroschocker geworden - Taser eben.

Das Engagement der Firma für die Polizeigewerkschaft ist offenbar kein Einzelfall: Nach MZ-Informationen wird Taser auch die Festveranstaltung des DPolG-Landesverbandes anlässlich seines 25-jährigen Bestehens in einem Magdeburger Vier-Sterne-Hotel Ende April finanziell unterstützen. Nun ist Sponsoring an sich nichts ungewöhnliches, die  enge Verquickung der DPolG mit einem einzigen Anbieter für Elektroschocker war aber selbst Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) zu viel des Guten: Vor zwei Wochen hatte die DPolG zu einer Veranstaltung eingeladen, bei der die Vorteile von Elektroschockern im Polizeialltag präsentiert werden sollten.

Stahlknecht, der zunächst kommen wollte, sagte seine Teilnahme ebenso ab wie Staatssekretär Ulf Gundlach. Der Grund: Die DPolG hatte ausschließlich die Firma Taser als Anbieter von Elektroschockern eingeladen, gleichzeitig durfte das Unternehmen auch seine Bodycams genannten Überwachungskameras für Polizisten vorstellen. Beides Produkte, die die DPolG seit langem als Ausrüstungsgegenstände fordert. Wer Konkurrenzprodukte sehen wollte, wurde enttäuscht.  Die Informationsveranstaltung entpuppte sich als kaffeefahrtartiges Ereignis, bei dem sich DPolG-Landessprecher Stefan Perlbach freiwillig mit einem Taser malträtieren ließ.

Landeschef Wolfgang Ladebeck gibt sich zugeknöpft

Auf konkrete Nachfragen der MZ, ob und in welcher Höhe die Firma Taser regelmäßig Veranstaltungen der DPolG sponsere, gab sich Landeschef Wolfgang Ladebeck, gleichzeitig Landesvorsitzender des mächtigen Deutschen Beamtenbundes, sehr zugeknöpft: Für Veranstaltungen wie den Ball in Magdeburg habe man einen privaten Dienstleister  beauftragt, „der die im Rahmen dieser Events notwendigen Entscheidungen trifft“, teilte Ladebeck mit. Das beträfe Vermarktungsrechte, Standpräsentationen, Vorführungen und Inserate. „Über die Vertragsgestaltung unseres Dienstleisters können wir Ihnen leider keine Auskunft geben; Vertragsbeziehungen gibt es zwischen den jeweiligen Firmen und der DPolG nicht“, sagte Ladebeck.

Und: Man habe „keinerlei Bedenken, dass private Anbieter die Möglichkeit nutzen, ihre Produkte einem interessierten Teilnehmerkreis, Entscheidungsträgern wie Journalisten zu präsentieren und diese auch und ihre Wirkungsweisen zu erläutern“. Einen Widerspruch zur  ordnungsgemäßen Beschaffung solcher Geräte sieht Ladebeck nicht, damit sei man als Berufsorganisation ja  nicht betraut. (mz)