1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Corona bremst Provenienzforschung: Sorge um Finanzierung

Corona bremst Provenienzforschung: Sorge um Finanzierung

Die Recherche zu unrechtmäßigem Kulturgut gehört inzwischen zur Aufgabe von Museen, Bibliotheken, Archiven in Deutschland. Sie wird von Bund und Ländern gefördert - der Prozess könnte nun ins Stocken geraten.

Von dpa 21.04.2021, 03:46

Dresden

Die coronabedingten Einschränkungen in den Museen erschweren die sogenannte Provenienzforschung, also die Herkunftsrecherche zu Objekten in den Sammlungen. Der Dresdner Kunsthistoriker Gilbert Lupfer, Vorstand beim Deutschen Zentrum Kulturgutverluste (Magdeburg), sieht sie „momentan stark behindert“. Abstand und Zugangsbeschränkungen in Büros seien eine Herausforderung, im Homeoffice seien nur Datenpflege und Bildbearbeitung möglich. „Und wichtige externe Archive, für die Recherche etwa im NS-Bereich unverzichtbar, sind schwerer zugänglich.“ Die Termin-Warteliste im Bundesarchiv reiche schon bis 2022, weil die Plätze in den Lesesälen coronabedingt reduziert sind. „Das ist ein Problem, da vieles an Akten noch nicht digitalisiert ist.“

Dabei ist laut Lupfer das Bewusstsein für die Aufgabe bei öffentlichen Institutionen in der Vergangenheit gewachsen. Das zeige sich auch im Interesse am „Erstcheck“-Angebot des Magdeburger Zentrums, dem national und international zentralen Ansprechpartner zu unrechtmäßigen Entziehungen von Kulturgut in Museen, Bibliotheken und Archiven. Damit können sich kleinere Museen oder Bibliotheken einen groben Überblick über ihren Bestand verschaffen.

Das wird laut Lupfer in Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen oder Bayern genutzt. Seit Gründung des Zentrums 2015 wurden 14 Projekte mit rund 530 000 Euro im Bereich NS-Raubgut gefördert. In diesem Jahr gingen laut Lupfer für das Frühjahr über 40 Anträge ein, „und auch für den Herbst zeichnet sich eine ähnliche Dimension ab“.

Lupfer fürchtet, dass die Auswirkungen der Corona-Pandemie den Prozess verlangsamen und die Finanzierung zum Problem werden könnte. Fraglich sei, ob die Provenienzforschung bei knappen Kassen infolge der Pandemie in den Hintergrund rückt. Momentan sei „der beste Wille zur Förderung auch politisch da“, sagt der Chef der Forschungsabteilung bei den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) und mahnt: „Es bleibt eine wichtige und dauerhafte Aufgabe, eine moralische und politische Verpflichtung, die erledigt werden muss.“