Zusatzabschluss für Handwerksfirmen Zusatzabschluss für Handwerksfirmen: Was Unternehmer im Burgenlandkreis davon halten

Hohenmölsen/Drossdorf - „Ich war so erbost darüber!“, erinnert sich Fliesenlegermeister Walter Schellenberg aus Höhenmölsen an den Tag, als er erfahren hat, dass die Meisterpflicht für Fliesenleger, ebenso wie für 52 weitere Gewerke, abgeschafft wird. Denn seit 2004 können Handwerker in zahlreichen Branchen auch ohne diese Qualifizierung einen Betrieb eröffnen und Lehrlinge ausbilden.
Doch damit soll Anfang nächsten Jahres zum Teil wieder Schluss sein. Die Bundesregierung hat dazu ein Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, der die Wiedereinführung der Meisterpflicht für zwölf Berufe, darunter Fliesenleger, vorsieht.
„Das kann uns und unserem Gewerk nur zugutekommen“
„Das kann uns und unserem Gewerk nur zugutekommen“, meint Walter Schellenberg. „Ich bewerte das sehr positiv. Der Meistertitel ist eine Qualifizierung, die man nicht geschenkt bekommt“, sagt auch Thomas Wendler, Fliesenlegermeister und Geschäftsführer von Were-Fliesen in Droßdorf. Vom Wirtschaftsamt des Burgenlandkreises wurde die Nachricht der Wiedereinführung ebenso wohlwollend aufgenommen.
„Die Entscheidung des Bundestages ist ein klares Bekenntnis zu Qualität und Qualifikation im Handwerk“, sagt dessen Leiter Thomas Böhm. Das sei auch für den Burgenlandkreis wichtig, denn „die Handwerksunternehmen sind in der Summe ein wichtiger Arbeitgeber und Ausbilder für unsere Jugend“, so Böhm.
Kritik am Wegfall der Meisterpflicht ist vielfältig
Die Kritik am Wegfall der Meisterpflicht ist vielfältig. So galt sie seitdem nur noch für Berufe, bei deren falscher Ausübung „Gefahren für Gesundheit oder Leben von Dritten ausgehen“, wie es in der Gesetzesnovelle hieß. Dabei bestehen diese Gefahren durchaus auch im Fließenlegerhandwerk, wie Walter Schellenberg erklärt: „Das beste Beispiel sind Schwimmbäder. Wenn es da an Trittsicherheit mangelt und jemand rutscht aus und bricht sich die Knochen, sind wir dran.“
Von dem Wegfall der Meisterpflicht versprach sich die damalige rot-grüne Bundesregierung mehr Wettbewerb und Unternehmensgründungen in einer Zeit relativ hoher Arbeitslosigkeit. Doch der Schuss ist nach hinten losgegangen, urteilen sowohl Handwerker als auch die Handwerkskammer Halle. „Zwar sind dadurch viele Betriebe entstanden, die Betriebsgröße ist jedoch geschrumpft“, sagt Jens Schumann.
Im Burgenlandkreis heute 197 Fliesenlegerbetriebe
Laut dem stellvertretenden Hauptgeschäftsführer und Pressesprecher der Handwerkskammer Halle gibt es im Burgenlandkreis heute 197 Fliesenlegerbetriebe. 2003, vor der damaligen Abschaffung der Meisterpflicht, seien es viel weniger gewesen. Der Wegfall der Meisterpflicht habe einen regelrechten Gründungsboom ausgelöst.
Zugleich sei aber auch die Ausbildung zusammengebrochen, ergänzt Jens Schumann und nennt ein weiteres Beispiel aus der Fliesenlegerbranche: Waren es 2003 noch 39 Auszubildende im südlichen Sachsen-Anhalt, sind es in diesem Jahr gerade einmal elf. Diese Erfahrung haben auch die Fliesenlegermeister gemacht. „In der Branche sieht es derzeit schlecht mit Nachwuchs aus“, sagt Thomas Wendler.
Pfusch am Bau durch Fliesenlegerbetriebe ohne Meister
Auch wenn er sich selbst nicht beschweren könne. In seinem Betrieb sind 20 Mitarbeiter beschäftigt, zwei davon sind Auszubildende. Ob sich die Wiedereinführung auf die Zahl der Auszubildenden auswirkt, könne er zwar nicht beurteilen, aber ein Meistertitel mache ein Handwerk generell attraktiver.
Laut Jens Schumann ist zudem die Zahl der gutachterlichen Schäden angestiegen. Das bestätigt auch Walter Schellenbergs Sohn Marco Schellenberg, der ebenfalls seinen Meistertitel erworben hat und später einmal den Familienbetrieb seines Vaters übernehmen möchte. „Wir hatten schon mehrmals den Fall, dass uns Kunden gesagt haben: ,Es war schon jemand hier, aber wir sind nicht zufrieden. Können Sie da nachbessern?“, berichtet er vom Pfusch am Bau durch Fliesenlegerbetriebe ohne Meister.
Und es gibt noch einen Aspekt, den die Schellenbergs beanstanden. Derzeit könne es sein, dass man mit Lehrlingen die eigene Konkurrenz ausbildet, könnten sich diese doch anschließend einfach selbstständig machen, kritisiert Walter Schellenberg. (mz)