1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Burgenlandkreis
  6. >
  7. Medizinerin hält offene Schulen bei hoher Inzidenz für gefährlich

Trügerische Sicherheit? Medizinerin hält offene Schulen bei hoher Inzidenz für gefährlich

Trotz hoher Inzidenzwerte hält Landrat Götz Ulrich an offenen Schulen im Burgenlandkreis fest. Warum das eine Medizinerin mit großer Sorge betrachtet.

20.04.2021, 09:00
Schüler mit Mundmaske
Schüler mit Mundmaske dpa

Weißenfels - Sind die geöffneten Schulen im Burgenlandkreis ein Infektionstreiber der Pandemie? Professor Dr. Thomas Frese vom Institut für Allgemeinmedizin an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg hat dafür bisher keine Anhaltspunkte. Der Wissenschaftler begleitet ein Modellprojekt mit dem Burgenlandkreis, das erforschen will, ob Schulen trotz hoher Inzidenzen geöffnet bleiben können. Frese verwies in diesem Zusammenhang auf lediglich 31 positive Befunde bei 81.499?durchgeführten Corona-Schnelltests bei Schülern und Schülerinnen. Wovon sich zwei nachträglich sogar noch als falsch positiv erwiesen.

Die drängende Frage für die Droyßiger Allgemeinmedizinerin Dr. Cornelia Roßdeutscher ist aber eine ganz andere. Sie fragt sich, wie viele der Zehntausenden durchgeführten negativen Corona-Schnelltests einer Nachkontrolle mit den zuverlässigeren PCR-Tests standhalten würden. Ihre Skepsis speist sich aus eigenen Erfahrungen aus ihrem Arbeitsalltag. Schon in mindestens drei Fällen hätten da Schnelltest keine Infektion erkannt, während parallel durchgeführte PCR-Tests später zu einem anderen Ergebnis kamen. Es ist dieser Qualitätsunterschied, der über Ansteckungen und damit letztlich auch Leben und Tod entscheiden kann.

Festhalten an offenen Schulen im Landkreis ein gefährlicher Fehler

Angesichts von einer Inzidenz von über 400 am Donnerstag ist es für die Medizinerin keine Frage, ob das Virus in die Schulen des Kreises getragen wird, sondern wann. Nicht ohne Grund gebe es derzeit auf Bundesebene die Bestrebung, Schulen bundesweit ab einer Inzidenz von 200 zu schließen. Landrat Götz Ulrich (CDU) hatte diesen Vorstoß in dieser Woche noch kritisiert. Der Landrat vermied es zuletzt zudem, weitere Corona-Einschränkungen an konkrete Inzidenzen zu knüpfen.

Dr. Cornelia Roßdeutscher hält das Festhalten an offenen Schulen im Landkreis angesichts der hohen Inzidenzen für einen gefährlichen Fehler. Sie fürchtet, dass das Corona-Virus so in die Familien getragen werden könnte. Also genau zu jenen Eltern, die sich in der Regel aufgrund ihres Alters noch nicht gegen einen schweren Covid-19-Verlauf impfen lassen können. Dabei müssen sich die Schüler gar nicht in der Schule selbst anstecken, das könne auch auf dem Schulweg passieren.

Erst am Donnerstag wurde bekannt, dass mehrere Schüler verschiedener Jahrgangsstufen der Weißenfelser Ökoweg-Schule positiv auf Corona getestet worden sind. Ob die Infektionen dort in einem Zusammenhang stehen und welcher das sein könnte, ist noch nicht bekannt. Viele Augen aber werden sich nun auf die Schule richten. Um zu erfahren, ob die Schnelltests dort rechtzeitig einen Eintrag und eine Ausbreitung des Virus in die Schule verhindern konnten. Die Schulleitung hatte am Donnerstag vorsorglich alle Schüler außer jene aus den Abschlussjahrgängen in den Distanzunterricht geschickt.

Meinungen in der Sache gehen auseinander

Dr. Cornelia Roßdeutscher möchte kein Risiko eingehen und hat angesichts der aus ihrer Sicht zu hohen Inzidenzen ihre schulpflichtige Tochter längst aus dem Präsenzunterricht herausgenommen. „Das habe ich auch anderen Eltern empfohlen“, sagt die Ärztin und Elternsprecherin. Wenn der Landrat nicht die Notbremse zieht, dann muss sie es selbst tun und den ihr eingeräumten Bewegungsspielraum nutzen.

Ob die Entscheidung, die Schulen offen zu lassen, dem Landrat in einigen Tagen durch ein geändertes Infektionsschutzgesetz aus der Hand genommen wird, bleibt abzuwarten. Auch auf Bundesebene gehen die Meinungen in der Sache durchaus auseinander. (mz/Alexander Kempf)