Atommüll-Endlager Atommüll-Endlager: Der Anfang eines langen Endes
Morsleben/MZ. - Nein, am Dienstag war nichts anders als sonst auf dem Schacht Bartensleben. Kurz vor sechs Uhr ein paar knappe "Glück auf", dann fuhr die erste Schicht der Bergleute hinab in rund 400 Meter Tiefe. Um sieben Uhr sprang die Pumpe für den Salzbeton an und förderte bis zum Abend rund 1 000 Tonnen der dickflüssigen Pampe in die Hohlräume unter dem Dorf Morsleben im Ohrkreis.
So geht es jeden Werktag seit Oktober 2003. Und so soll es weitergehen bis 2008. Solange wird es noch dauern, bis alle 22 riesigen Kammern des alten Salzbergwerks verfüllt sind. Noch viel Arbeit für die derzeit 200 Angestellten der Deutschen Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe (DBE), die im Auftrag des Bundesamtes für Strahlenschutz das Endlager für schwach- und mittelradioaktive Stoffe in Morsleben betreibt. Dennoch war der Dienstag von Bedeutung für die Männer in den weißen Anzügen: Denn ausgerechnet das am Dienstag in Berlin definitiv eingeläutete Ende des Endlagers könnte die Sicherung vieler Arbeitsplätze in Morsleben über 2008 hinaus bedeuten. "Wir hoffen, dass wir gleich weiter machen können", sagte einer der Kumpel am Werkstor.
Wenn die Prüfung der Stilllegungspläne zügig erfolgt, wie es Ministerin Petra Wernicke (CDU) am Dienstag versprach, und der Planfeststellungsbeschluss ohne Verzögerungen ergeht, könnten die Bergleute direkt von den Sohlen eins bis drei auf die vierte Etage der Grube wechseln. Denn nur dort, in 500 Meter Tiefe, lagern feste und flüssige radioaktive Abfälle aus deutschen Kliniken, Forschungslaboren und natürlich Kernkraftwerken. Nur ein Bruchteil des riesigen Grubenkomplexes nehmen die 37 000 Kubikmeter Atommüll ein - doch der machte Morsleben zum politischen Streitfall über Jahre. Wechselnde Bundes- und Landesregierungen bemühten sich um Weiterbetrieb oder Stilllegung. Erst der Absturz eines 4 000 Tonnen schweren Salzblocks beendete die Debatte und läutete die Stilllegung Morslebens ein - aus Sicherheitsgründen.
Doch die Entscheidung ist wie ein Fingerzeig auf die ungelöste Problematik des Umgangs mit radioaktiven Stoffen in Deutschland: Nur wenige Kilometer westlich von Morsleben steht auf niedersächsischem Gebiet Schacht Konrad - er sollte Morsleben ablösen. De facto könnte Konrad sofort zum Endlager umgebaut werden, de jure nicht. Die Bundesregierung hat auf die Umsetzung des Planfeststellungsbeschlusses verzichtet, "weil noch eine Klage anhängig ist", sagte der Leiter des Bundesamtes für Strahlenschutz, Wolfram König. Doch selbst nach einem Urteil wird nicht vor dem Jahr 2012 mit einer Inbetriebnahme von Schacht Konrad als Nachfolger für das stillgelegte Endlager Morsleben gerechnet.