OB Christian Thieme im Interview OB Christian Thieme im Interview: "Die Richtung stimmt"

Zeitz - Das neue Jahr hat begonnen. Es ist die Zeit der guten Vorsätze. Welche der Zeitzer Oberbürgermeister Christian Thieme (CDU) hat, wie Zeitz beginnt, Fördermillionen zu investieren und wie Personal im Rathaus abgebaut werden soll, dazu beantwortete Thieme Fragen der MZ-Reporter Angelika Andräs und Torsten Gerbank.
Was haben Sie sich ganz persönlich für 2018 als guten Vorsatz vorgenommen?
Christian Thieme: Ich habe mir vorgenommen, mich weniger über negative Menschen zu ärgern, obwohl ich fürchte, dass mir das nicht gelingen wird. Das Problem daran ist nämlich, dass man dadurch viel Zeit und Energie verliert, die ich eigentlich lieber für die wirklich wichtigen Dinge in die Stadt einsetzen würde. Mit dem Rauchen habe ich schon 2016 aufgehört.
... und für die Stadt Zeitz?
Mein Vorsatz wird sein und bleiben: Ich werde mich mit allen Kräften für die Weiterentwicklung der Stadt einsetzen, damit Zeitz eine schöne und lebenswerte Stadt wird und ich werde daher alles tun, was die Erreichung dieses Ziels fördert.
Zeitz hat Millionen an Fördermitteln zugesichert bekommen? Welche Bauarbeiten beginnen damit im Jahr 2018 und konkret wann?
Bei den „frisch“ bewilligten Fördermitteln handelt es sich vorwiegend um große Programme über mehrere Jahre, so dass wir im Jahr 2018 fast ausschließlich mit Planungen beschäftigt sein werden. Bestimmte Teile wie der erste Bauabschnitt Schützenstraße sind allerdings bereits fertiggestellt, während die Gestaltung des unteren Teils der Rothestraße bereits ab Februar beginnen soll und auch der Abbruch der Weberstraße 1c sowie der Anna-Magdalena-Bach-Straße 22 jedenfalls in 2018 erfolgen werden. Die Sanierung der Grundschule Zeitz-Ost soll Mitte 2019 starten, wohingegen Hochwasserschäden am ehemaligen Zekiwa-Gebäude bereits ab Ende 2018 beseitigt werden könnten. Daneben verbauen auch unsere Wohnungsbaugesellschaft und private Dritte, an die Fördermittel weitergereicht wurden, laufend Mittel im Innenstadtbereich. Weitere Baumaßnahmen werden erst nach 2018 zu sehen sein.
Wie hat sich die Stadt Zeitz aus Ihrer Sicht 2017 entwickelt?
Die Entwicklung ist insoweit gut, als dass ich mit voller Überzeugung sagen kann, dass die Richtung stimmt und wir alle bestehenden Chancen genutzt haben. Man sieht ja viele Baustellen als Zeichen des Fortschritts. Vieles von dem, was sich ansonsten entwickelt, sieht man natürlich häufig erst mit zeitlicher Verzögerung, aber es kommt insoweit auf frühzeitige Weichenstellungen an. Wenn man es lediglich auf bauliche Maßnahme beschränkt, bin ich dennoch der Meinung, dass sich das Stadtbild durch verschiedene Straßensanierungen bis hin zur Schützenstraße, die Öffnung der Mühlgrabenbrücke, wie auch durch die Errichtung des Edeka- oder Aldi-Marktes, um nur wenige zu nennen, nicht nur optisch verbessert hat. Leider schafft man nie alles, was man sich vorgenommen hat und es dauert auch leider immer sehr viel länger als gedacht. Aber auf der anderen Seite schafft man auch vieles, was sich eher durch Zufall ergibt und daher vorher nicht geplant war.
Sie sind seit Mai 2016 im Amt. Was von dem Erreichten ist tatsächlich Ihr Verdienst?
Sie können davon ausgehen, dass ich mit fast allen Vorgängen Berührung habe und sei es nur dadurch, dass ich es befürwortet, gefördert oder dass ich Vorhaben nicht verhindert habe. Mein Ziel ist, dass sich Zeitz gut entwickelt und dieses Ziel fördere ich, wo ich kann. Meine Aufgabe ist die Leitung der Stadtverwaltung mit einem vielseitigen Aufgabenkreis, von Wirtschaftsförderung bis zur Stadtentwicklung. Ich sage den Mitarbeitern der Verwaltung also: Ich will dies oder das und unsere Aufgabe ist es daher, bei der schnellstmöglichen Umsetzung zu helfen und Neues zu ermöglichen. Natürlich kann man etliche Beispiele nennen, aber das würde der Sache nicht gerecht werden, denn die Verwaltung handelt letztendlich im Team und fast nichts beruht auf dem Verdienst eines Einzelnen. Jeder hat irgendwo seinen Anteil. Nehmen wir das Beispiel Edeka in der Schützenstraße. Dieses Projekt habe ich von Anfang meiner Dienstzeit an unterstützt, habe mich gegenüber dem Denkmalschutz stark gemacht und es politisch durchgesetzt... Aber wessen Verdienst ist es dann am Ende? Das des Bauherrn, des Betreibers, der Banken, der Bauleute oder das Verdienst der Verwaltung, der ich vorstehe?
Wie sehr profitieren Sie noch immer von der Arbeit ihrer Vorgänger?
Da ich einen leeren Schreibtisch, einen leeren Aktenschrank und eine leere Festplatte vorgefunden habe, ist es für mich schwer, das zu beurteilen, zumal ich ja vorher in Hamburg gelebt habe. Ansonsten profitiere ich sicherlich genau so wenig oder der viel wie jeder andere Bürger der Stadt von der Arbeit meiner Vorgänger beziehungsweise der Arbeit der Verwaltung vor meinem Amtsantritt. Es wäre ja auch schade, wenn es nicht so wäre. Manches, was auf der Arbeit meines Vorgängers beruhte, wie beispielsweise der Skandal bei den Stadtwerken, hätte ich mir allerdings gerne erspart. Andererseits wurden dadurch auch Entscheidungen erzwungen, die zu klaren Verhältnissen in manchen Bereichen geführt haben.
Was ist Ihnen in den fast zwei Jahren Ihrer Amtszeit besser gelungen als Ihren Vorgängern?
Ich bin für einen offenen und ehrlichen Umgang miteinander und ich hoffe, dass sich das Klima im Stadtrat ein wenig mehr auf Sacharbeit konzentrieren konnte. Auch hat sich das Verhältnis zur Kommunalaufsicht verbessert, die wiederum auf eine gewisse Gesetzestreue großen Wert legt. Ohne dass dies ein Vergleich sein soll, kann ich sagen, dass ich vielfach auf eine positive Resonanz stoße. Nicht zuletzt hoffe ich aber, dass ich vor allem den Bürgern das Gefühl gebe, dass ich für sie da bin und mich für ihre Interessen einsetze und damit eine größere Bürgernähe habe. Im Übrigen mögen das aber die Bürger oder andere beurteilen!
In Weißenfels gab oder gibt es die rollende Bürgersprechstunde. Das heißt eine Stadtrundfahrt im Bus mit dem Oberbürgermeister. Wie wollen sie besser mit den Bürgern ins Gespräch kommen?
Die Idee mit der Stadtrundfahrt finde ich fast so gut, dass ich sie nachmachen könnte, denn dann kann man an konkreten Beispielen von der eigenen Arbeit und den Entwicklungen berichten. Ansonsten könnte ich nur versuchen, noch präsenter zu sein als bisher. Es finden leider wahnsinnig viele Veranstaltungen parallel statt und zerteilen kann ich mich natürlich nicht. Ansonsten stehe ich natürlich weiterhin jeden Dienstag – nach entsprechender Vereinbarung – den Bürgern für Gespräche zur Verfügung.
Vom Stadtrat sind Sie zur Personaleinsparung/Reduzierung im Rathaus verpflichtet worden. Bisher ist nichts spürbar. Welche Ergebnisse sind 2018 konkret zu erwarten? Wie viele Mitarbeiter im Rathaus sind zu viel und müssen gehen?
Der Umsetzungszeitraum dieses Beschlusses geht bis zum Jahr 2026. Das ist ein langer Zeitraum und bis dahin werden noch so viele Mitarbeiter aus Altersgründen ausscheiden, dass betriebsbedingte Kündigungen jedenfalls nicht erfolgen werden und Arbeitsplätze somit sozialverträglich abgebaut werden können. Entsprechende Prüfungen haben bereits begonnen. Auf der anderen Seite muss die Stadtverwaltung aber auch ein attraktiver Arbeitgeber sein, um nicht zukünftig unter dem Fachkräftemangel zu leiden.
Wie steht Zeitz Ende 2018 da? Wo sehen Sie die Stadt in fünf Jahren?
Das Ziel bleibt weiterhin, Zeitz zu einer schönen und lebenswerten Stadt zu machen. Dass beispielsweise Ernst-Thälmann-Stadion, Tierheim und die Tankinnenreinigungsanlage in der Naumburger Straße Ende 2018 fertiggestellt sein werden, dient natürlich diesem Ziel. Das Ziel muss aber auch sein, dass darüber hinaus so viele Leuchttürme in Zeitz geschaffen und Signale durch Baumaßnahmen gesetzt werden, dass die Stadtentwicklung eine eigene Dynamik entwickelt. Ein sanierter Bahnhof, eine sanierte Grundschule Zeitz-Ost, ein sanierter und belebter Zekiwa-Komplex, ein saniertes Geschwister-Scholl-Gymnasium oder das Franziskanerkloster wie auch Baumaßnahmen im Schloß - wie der Wiederaufbau des Marstalls - dürften dabei helfen. Mein persönlicher Maßstab aber wird sein, was daneben an Maßnahmen durch Dritte ermöglicht werden kann. Vielleicht sind wir in fünf Jahren auch verkehrsmäßig besser angebunden und damit zum Beispiel ein Stückchen näher an Leipzig, Halle oder Jena herangerückt. Neben den rein baulichen Maßnahmen darf man allerdings auch niemals die Menschen selbst vergessen und muss viel für die Lebensqualität tun. Ich bin sehr optimistisch, was die weitere Entwicklung der Stadt angeht.
Welche unumgänglichen Einsparungen kommen 2018 und damit perspektivisch für den Haushalt 2019 auf die Stadt und auf die Bürger zu?
Das ist ein sehr umfassendes Thema, was sich besser in dem gerade beschlossenen Haushaltskonsolidierungskonzept nachlesen lässt. Natürlich besteht die Kunst darin, dass die Einsparungen den Bürger möglichst wenig betreffen, obwohl sich vielfach verschiedene Gebührenerhöhungen gar nicht vermeiden lassen. Das liegt in der Natur der Konsolidierung und gefällt mir natürlich ebenso wenig wie allen anderen Bürgern. Daneben muss vor allem an den Kostenstrukturen gearbeitet werden, ohne dass die Stadt in ihrer Attraktivität leidet. Soziale Aspekte sind hier besonders wichtig. Es wird auf jeden Fall ein hartes Stück Arbeit.
Welches Problem der Stadt werden Sie 2018 lösen?
Es kommt natürlich zunächst darauf an, was man als Problem definiert und was als nur normale Aufgabe. Eine echte Herausforderung wird sicher der Haushaltsplan 2019 samt einer Fortschreibung des Haushaltskonsolidierungskonzepts werden, weil davon vor allem Ausgabenkürzungen erwartet werden. Eine weitere große Herausforderung werden zweifelsohne auch die großen Bauvorhaben sein, die wir uns für die kommenden Jahre vorgenommen haben. Wenn ich jetzt sage, dass wir uns in 2018 zum Beispiel um fehlende Papierkörbe, Hundewiesen oder Spielplätze kümmern werden, stimmt das zwar, aber was die wirklich großen Probleme wie die Rahnestraße oder andere städtebauliche Missstände angeht, kann ich nur weiterhin sagen: Wir arbeiten im Hintergrund an sehr vielen Problemen und häufig spielt, vor allem wenn das Geld fehlt, die glückliche Verkettung verschiedener Umstände ein große Rolle. Da der Immobilienmarkt derzeit auch in Zeitz anzieht, stehen die Chancen, dass sich hier und da ein Investor finden lässt, so gut wie schon lange nicht mehr. Lassen wir uns einfach überraschen!
(mz)