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Weltausstellung Reformation Weltausstellung Reformation: Stadtfest diesmal gratis

Von Irina Steinmann 07.03.2017, 17:16
Über mangelndes Interesse können sich die Veranstalter nicht beklagen. Das Historische Bürgermeisterzimmer war voll besetzt wie selten.
Über mangelndes Interesse können sich die Veranstalter nicht beklagen. Das Historische Bürgermeisterzimmer war voll besetzt wie selten. Thomas Klitzsch

Wittenberg - Während unten am Markt die Wittenberger Weltzeituhr die Sekunden herunter... nein, das tut sie gerade nicht, sie steht, aber gläubig und abergläubisch sind noch immer zweierlei und so kann dieses schwarze Loch kein schlechtes Omen sein für das, was in nur mehr rund zehn Wochen für knapp vier Monate die Lutherstadt prägen wird: die Weltausstellung Reformation.

2.000 Veranstaltungen sind vorgesehen binnen dieser 16 Wochen zwischen 20. Mai und 10. September, etwa 5.000 Besucher werden dazu pro Tag erwartet in und um die Wallanlagen, insgesamt rechne man mit etwa 500.000 Gästen, diese Zahl wird Ulrich Schneider, der Geschäftsführer des Vereins „Reformationsjubiläum 2017“ am Ende der pickepackevoll besetzten Pressekonferenz im Historischen Bürgermeisterzimmer des Alten Rathauses nennen.

Der Andrang, und dazu muss man kein Hellseher sein, wird der kleinen Stadt - „Weltstadt, wenn auch klein“, nennt sie freundlich die erneut angereiste EKD-Botschafterin Margot Käßmann - einiges abverlangen. Und deshalb, auch deshalb, wird das Wittenberger Stadtfest „Luthers Hochzeit“ in diesem Jahr... gratis sein.

Wittenberger (aus dem gesamten Landkreis) können für neun Euro eine Abendkarte (ab 17 Uhr) für den Besuch der Weltausstellung inklusive der anschließenden und teils prominent besetzten Konzerte erwerben. (Regulär fallen für die Tageskarte Weltausstellung inklusive Panorama und „Luther und die Avantgarde“ 19 Euro an.) Interessant dürfte auch für Einheimische die „Saisonkarte“ sein, sie kostet 59 Euro für den gesamten Zeitraum und alles.

Geöffnet ist die Weltausstellung täglich - außer dienstags - zwischen 10 und 18 Uhr. Auf der Marktbühne finden bis 19 Uhr, auf der Hauptbühne auf der Schlosswiese ab 19 Uhr teils hochkarätige Konzerte statt. Erwartet werden wie berichtet etwa Klaus Hoffmann, Culcha Candela und das Baltic Sea Philharmonic Orchestra (zum Kirchentag am 28. Mai außerdem Konstantin Wecker und „City“). Zudem gibt es Kooperationen mit dem Berliner Maxim-Gorki-Theater und dem Staatsballett, die zuerst in der Lutherstadt aufgeführt werden. 200 Schüler aus Berlin und Wittenberg beteiligen sich Schmitz zufolge am Ballett, auf Wittenberger Seite ist dort das Tanzstudio Porwol vertreten.

Zu den Themenwochen wird es jeweils einen aktuellen Stadtplan mit den Veranstaltungen geben. Frisch liegt ein 80-seitiges Magazin zum Reformationssommer vor.

Man verstehe den freien Eintritt „in diesem großartigen Jahr“ als kleines Dankeschön an die Bürger, vor allem an jene, die sich seit Jahren für das Gelingen des Reformationsjubiläums engagieren, sagt Oberbürgermeister Torsten Zugehör (parteilos) und hält die Stadtfestplakette in die Höhe.

Die wird es, wiewohl ohne Funktion als Eintrittskarte, nämlich auch 2017 wieder geben (aus dem Hause Engler), als „Sammlerstück“, wie es heißt, und logischerweise in deutlich geringerer Stückzahl als sonst.

Zehn Wochen vor Beginn der kirchlichen Weltausstellung mit ihren rund 80 Ausstellern in den sieben so genannten Torräumen sind die damit verbundenen Baumaßnahmen Schneider zufolge auf gutem Weg. Am Bunkerberg wird gearbeitet, am Hauptbahnhof gebuddelt fürs Fundament des 25 Meter hohen Aussichtsturms in Buchform.

„Wir planen so, dass wir keine leeren Hallen hinterlassen“, sagt Schneider mit Blick auf Misserfolge bei den weltlichen Schwestern (Expo 2000!), ganz im Gegenteil werden die Installation am Bunkerberg für immer und das Asisi-Panorama zumindest auf Zeit das Stadtbild bereichern.

Auch für die hochkarätige Ausstellung „Luther und die Avantgarde“ im alten Gefängnis hoffe man auf eine Verlängerung über das Ende der Weltausstellung am 10. September 2017 hinaus, sagt am Mittwoch in Wittenberg der Vorsitzende des „Kulturberatungskreises“ für die Weltausstellung in Wittenberg, der frühere Berliner Kulturstaatssekretär André Schmitz; viele der beteiligten 68 Künstler zeigten sich offen für eine Dauerleihgabe oder Schenkung ihrer eigens für 2017 und Wittenberg geschaffenen Werke.

„Die Welt hinterfragen“ lautet das Motto der Weltausstellung, deren sieben Themenbereiche und 16 Themenwochen so angelegt sind, dass sie zum überwiegenden Teil auch Nicht-Christenmenschen etwas angehen (können). Zwischen Europa, Globalisierung, Umwelt, Medien und neuen Formen des Familienlebens wird kein Thema ausgelassen, das auch allgemein als hinterfragenswert gilt.

Hauptschauplatz von Großveranstaltungen wird die Exerzierhalle am Neuen Rathaus sein, für den innerchristlichen Dialog, selbstverständlich auch mit den Katholiken, steht das „Christuszelt“ zur Verfügung, für den interreligiösen Dialog mit Islam und Judentum ein Ableger des Berliner „House of One“.

Dass es Christen gen Himmel zieht, versteht sich quasi von selbst, neben dem 25 Meter hohen Willkommensturm am Hauptbahnhof und der himmelwärts strebenden Steganlage am Bunkerberg wird es weitere vertikale Bauwerke geben, den Hochseilgarten am Jugendtreffpunkt im Amselgrund etwa - und das Riesenrad in den südlichen Wallanlagen.

Käßmann zufolge wird nicht nur Seelsorge in abgeschlossenen Kabinen möglich sein: Voraussichtlich wird die Stadt Wittenberg zwischen Himmel und Erde auch Trauungen vornehmen, wie Oberbürgermeister Zugehör ankündigte. (mz)