1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wittenberg
  6. >
  7. Fußgängerzone Wittenberg: Fußgängerzone Wittenberg: Neue Regelungen für Straßencafés und mobile Imbisse in Sicht

Fußgängerzone Wittenberg Fußgängerzone Wittenberg: Neue Regelungen für Straßencafés und mobile Imbisse in Sicht

Von Irina Steinmann 14.03.2017, 18:24
Straßencafés sorgen für Flair in der Altstadt.
Straßencafés sorgen für Flair in der Altstadt. Thomas Klitzsch

Wittenberg - Angegrillt hat er schon, freilich weiterhin auf privatem Grund. Die Geschichte von „Rikscha-Uwe“, der in der Wittenberger Altstadt keine Bratwürstchen grillen darf, war ein Aufreger der vergangenen Saison. Am Ende zog Uwe Bechmann mit seinem mobilen Grill ein paar Meter weiter, neben den Eispavillon am Schloss, da ging das dann.

Dieses Exil könnte nun bald ein Ende finden. Die Stadt Wittenberg überarbeitet derzeit ihre so genannte Sondernutzungssatzung, eine wichtige Änderung gegenüber der Vorgängerin von 2012 betrifft das fliegende Imbissangebot, es soll künftig möglich sein, wenn auch nur in begrenzter Zahl.

Am Montag hatte als erster der Bauausschuss das Papier auf seinem Beratungstisch, Ende März wollen sich dann die Stadträte darüberbeugen und Bechmann ist guter Dinge, dass er damit umgehend legalisiert wird.

Ein weiteres Konfliktfeld in der an Auseinandersetzungen zwischen unterschiedlichen Interessengruppen nicht armen „Fußgängerzone“ in der Wittenberger Altstadt möchte die Verwaltung mit einer veränderten Sondernutzungssatzung ebenfalls befrieden.

Die für eine solche Zone kuriose optische und bauliche Unterteilung des Straßenraums in „Fußweg“ und „Fahrbahn“ hat zur Folge, dass sich Fußgänger zumeist an den Rändern aufhalten. Dort sind links und rechts der Straße so genannte Plattenbänder in Granit verlegt, die wegen ihrer Ebenheit auch von Rollstuhlfahrern dem huckligeren Pflaster vorgezogen werden.

Andererseits nutzen Cafés und Restaurants diesen Bereich vor ihrem Haus gern als Freisitz. Dass dabei ein Bereich von 1,20 Metern grundsätzlich freizuhalten ist für Passanten, war schon bisher der Fall, funktioniert aber nicht überall, weshalb Ausnahmen erlaubt sind. In der bevorstehenden Freiluftsaison will die Stadt den Ausnahmecharakter nun enger, strenger fassen: Ausnahmen sind auf Antrag und nach Prüfung weiter möglich - vorausgesetzt, dass anderswie „ein barrierefreier Zugang bzw. Durchgang ermöglicht wird“, wie es in Paragraph 4 Abs. 12 heißt.

Klingt putzig und jedenfalls leicht einzuhalten in einer Fußgängerzone, wo Menschen doch herumlaufen dürfen wann und wie und wo sie lustig sind, hat laut Fachbereichsleiter Jörg Jordan aber den Hintergrund, dass zum einen Sehbehinderte sich leicht verirren auf dem historischen Pflaster, wenn sie das orientierende Plattenband samt kleinem Bordstein verlassen müssen, und zum anderen Rollstuhlfahrern das Ausweichen Richtung Straßenmitte wegen der unebenen Oberfläche nur auf kürzeren Strecken zuzumuten sei.

Dass es noch einen weiteren Grund gibt, das Nutzen der Plattenbänder seitens der Straßencafés künftig stärker als Ausnahmefall zu behandeln, räumt die Verwaltung dabei unumwunden ein: „Darüber hinaus gibt es im Bereich des ,Fahrstreifens’ die allgemeine Gefährdung durch den nicht unerheblichen Fahrzeugverkehr in der Fußgängerzone“, heißt es im Erläuterungstext der Beschlussvorlage...

Es dürfte zum Saisonauftakt also zu einem größeren Stühlerücken kommen in der Lutherstadt, bis alle ihr Recht bekommen haben. Mit Genugtuung quittierten Behindertenvertreter das Vorhaben. „Ich muss ständig ausweichen auf die Fahrbahn“, sagte Rollstuhlfahrerin Elisabeth Kaiser im Bauausschuss mit Blick auf die bisherige Situation.

Grundsätzlich, so Jordan auf Nachfrage der MZ, dürften sich Straßencafés Richtung Mitte ausbreiten wie sie möchten, einzige Voraussetzung sei wie bisher das Freibleiben einer 3,5 Meter breiten Gasse vor allem für Rettungsfahrzeuge.

Schon jetzt, vor dem Saisonauftakt des Jubiläumsjahres, haben die Besucherströme in der Wittenberger Altstadt unübersehbar zugenommen. Wer sich nicht im Restaurant oder Straßencafé niederlassen möchte oder kann, wird, dafür sprach sich der Bauausschuss mit seinem einstimmigen Ja zur neuen Sondernutzungssatzung ebenfalls aus, stattdessen wohl bald auf mobile Imbisse zurückgreifen dürfen.

Drei möchte die Verwaltung zulassen. Weil es bis dato exakt drei Coffee-/Grill-Bikes gibt in der Lutherstadt? Weil aller guten Dinge ja immer drei sind? Im Ausschuss blieb Jordan („Fragen Sie uns nicht, wie wir auf die drei gekommen sind“) die Antwort schuldig. Drei Standorte allerdings gelten der Verwaltung als günstig: am Schloss, am (Holz-) Markt und am Lutherhaus.

Uwe Bechmann kann es jedenfalls kaum erwarten, beworben habe er sich schon. Stimmt der Stadtrat zu, ist es bald hochamtlich: Fliegende Imbisse in winziger Zahl gefährden auch in Wittenberg nicht die Existenz der stationären Gastronomie. (mz)