1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wittenberg
  6. >
  7. Aussteigen oder bleiben in Oranienbaum?

Ortsdurchfahrt Aussteigen oder bleiben in Oranienbaum?

Der Ortsbürgermeister kann sich die Kündigung einer Verwaltungsvereinbarung zur Ortsdurchfahrt B107 vorstellen. Wie der Stadtrat auf einen Antrag reagiert.

Von Corinna Nitz 14.05.2021, 20:26
Die B 107 in Oranienbaum soll saniert werden. An dem Vorhaben scheiden sich offenbar die Geister. Nicht wenige bevorzugen die Ortsumgehung.
Die B 107 in Oranienbaum soll saniert werden. An dem Vorhaben scheiden sich offenbar die Geister. Nicht wenige bevorzugen die Ortsumgehung. (Foto: Klitzsch)

Vockerode - Zu seiner ersten Präsenzsitzung seit Herbst 2020 kam am Dienstagabend der Stadtrat von Oranienbaum-Wörlitz zusammen. Um das Meeting coronakonform abhalten zu können, trafen sich die Abgeordneten - 17 von 21 - und Vertreter der Verwaltung im großen Saal des neuen Gemeindezentrums von Vockerode.

Konkurrierende Maßnahmen?

Haupttagesordnungspunkt im öffentlichen Teil war ein Antrag von Michael Marks, dem Ortsbürgermeister von Oranienbaum und Vorsitzenden der Stadtratsfraktion der Freien Wähler. Es ging um die Kündigung der Verwaltungsvereinbarung zwischen der Stadt und der Landesstraßenbaubehörde (LSBB) zum Ausbau der Bundesstraße 107 in der Ortslage Oranienbaum. Marks betrachtet diesen Ausbau und die Ortsumfahrung als konkurrierende Maßnahmen, da beide „im wesentlichen“ vom Bund getragen werden.

„Wird die Ortsdurchfahrt gebaut, kommt die Ortsumgehung definitiv später zum Tragen“, so Marks. Zu seinen weiteren, auch schriftlich formulierten Kritikpunkten gehörte, dass die Bauplanung für die Durchfahrt am Bedarf vorbeigehe (siehe „Versiegelte Fläche“). Zudem verwies er auf die zehn Jahre lange Verfahrensdauer und befürchtete noch nicht abschätzbare Kosten, die auf die Kommune zukommen könnten, da die anteilige Baukostenübernahme durch die Stadt mit dem Land noch nicht verhandelt sei.

Um es vorwegzunehmen: Marks zog seinen Antrag noch am selben Abend zurück. Zuvor erläuterte Bauamtsleiter Ronald Seebert noch einmal Details zur Maßnahme. Von einer Gesamtinvestition in Höhe von vier Millionen Euro war die Rede, auf die Stadt käme ein Eigenanteil von einer Million Euro zu, außerdem 100.000 Euro für Beleuchtung. Als Baubeginn nannte Seebert 2024, „frühestens“, die Bauzeit würde zwei Jahre betragen.

Sollte die Stadt die bestehende Verwaltungsvereinbarung kündigen, müsste sie nicht nur Kosten für bisher erbrachte Leistungen übernehmen, die Rede war von etwa 100.000 Euro. Eine Kündigung hätte außerdem zur Folge, dass sich am baulichen Zustand der Straße erst einmal nichts ändert. Ein Ausbau sei aber wegen des schlechten Zustandes „unumgänglich“ (Seebert). Von einer Verkehrssicherungspflicht der Kommune sprach später gegenüber der MZ der Oranienbaum-Wörlitzer Bürgermeister Maik Strömer (CDU).

Unterdessen wurden im Gemeindezentrum munter Standpunkte vorgetragen. Von einem Schildbürgerstreich sprach Marks’ Fraktionskollege Matthias Thomae und sagte, während anderswo Durchfahrten verengt würden, mache man hier „eine Rennstrecke“. Jana Pfeifer (Wählergemeinschaft MuT) sprang Marks bei, als sie sagte: „Wenn man zu der Erkenntnis kommt, dass etwas geändert werden muss, muss man das tun, auch wenn es spät ist.“ Und ob man nicht den Bund bitten könnte, nur die Radwege in Ordnung zu bringen?

Hinweise aus dem Ausschuss

Dass der Bund die Straße bauen kann, „wie er möchte“, sagte Rüdiger Schmidt (SPD). Im Übrigen erschließe sich ihm nicht, warum man sich angesichts des vorhandenen Bedarfs jetzt selbst ausschließen sollte. „Ich plädiere dafür, die Chance jetzt zu nutzen“, so Schmidt. Ein Plädoyer für die Fortsetzung des Weges lieferten auch Kuno Wendt (SPD) und Hans-Peter Schapitz (CDU). Vor allem Schapitz erinnerte sowohl mündlich als auch in einer Stellungnahme, die er vor Sitzungsbeginn verteilt hatte, daran, dass sich erst im April der Bauausschuss, dem er vorsitzt, aufgrund von Planänderungen noch einmal mit der Thematik befasst hatte.

Damals hatten Ausschussmitglieder nach der Auslegung veränderter Pläne zum Ausbau der B107 in Oranienbaum Hinweise fixiert, die im Abwägungsprozess Berücksichtigung finden sollten (die MZ berichtete ausführlich).

Erörterungen geplant

Mitglieder im Bauausschuss sind auch MuT-Chefin Jana Pfeifer sowie von der AfD Nadine Koppehel. Koppehel äußerte im Stadtrat die Befürchtung, dass die Straße „fünf Jahre“ nach einem Ausbau wieder so aussehen könnte wie vorher. Sie begründete das mit einer Zunahme beim Durchgangsverkehr, eventuell bedingt durch den möglichen Bau eines Lithiumwerkes bei Jüdenberg (die MZ berichtete).

Mit Blick etwa auf betroffene Anwohner erklärte Antje Reinknecht vom Tiefbauamt der Stadt, es werde „Erörterungstermine“ geben. Dass diese zeitnah stattfinden, hofft Bürgermeister Strömer. Darüber hinaus äußerte er gegenüber der MZ den Wunsch zu erfahren, welche Vorgaben konkret und wann diskutiert werden sollen. Denn je länger sich alles hinziehe, „umso mehr wirkt sich das auf den Baubeginn aus“.

Tatsächlich hatte Michael Marks im Stadtrat mit der Bemerkung, „wir müssen heute nichts übers Knie brechen, mein Ansinnen war die Beratung“, plötzlich eine Kehrtwende gemacht und kurz darauf beantragt, die Beschlussfassung zu vertagen sowie das Thema in den Bauausschuss zu verweisen. Zumindest für Außenstehende kam das so überraschend wie der Antrag selbst. (mz)