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Weißenfels Weißenfels: 39 Jahre altes Zeugnis findet sich in einem Aktenschrank

Von KARIN GROSSMANN 20.10.2010, 19:42

WEISSENFELS/RATINGEN/MZ. - Die Frau ist in Weißenfels aufgewachsen. 1989 hat sie mit ihrem Mann einen Ausreiseantrag gestellt. "Wir sollten in der DDR für unseren Sohn, der von Geburt an schwerstbehindert ist, damals einen Pflegeheimplatz suchen und ihn abgeben", sagt sie. Das wollten beide nicht. Der Ausreiseantrag sei zügig genehmigt worden. Die Familie landeten in Ratingen, dort betreut sie ihren Sohn, der mittlerweile 26 Jahre alt ist, seitdem zu Hause.

"Ich habe von 1961 bis 1971 die Bergschule in Weißenfels besucht", erzählt sie. Dort habe sie den erfolgreichen Abschluss der 10. Klasse an der damaligen Polytechnischen Oberschule geschafft. "Alle Zeugnisse liegen mir vor", erklärt die 56-Jährige weiter. "Nur das Abschlusszeugnis fehlt." Die Rentenversicherung verlange das genaue Abschlussdatum: Tag, Monat und Jahr, um bestimmte Zeiten für die Rentenberechnung anzuerkennen, erzählte sie aufgeregt.

Dagmar Pfeifer hatte schon versucht, Kontakt mit der Bergschule in Weißenfels aufzunehmen. Die ist aber heute eine Grundschule, Unterlagen von der Bergschule II habe man nicht, erfuhr sie. Niemand konnte ihr sagen, ob die Unterlagen überhaupt noch vorhanden sind, und wenn ja, wo sie dann sein könnten.

Deshalb wandte sich Dagmar Pfeifer an die Mitteldeutsche Zeitung. "Ich suche mit Ihrer Hilfe Mitschüler oder Lehrer, die mir notfalls an Eides statt bestätigen, an welchem Datum ich die mittlere Reife erreicht habe." Vielleicht wohnen noch immer welche in Weißenfels, hofft die Frau. Die könnten vielleicht auch weitere Zeugen benennen, wenn die Rentenversicherung das fordert.

Nur zehn bis höchstens 20 Jahre müssen solche Unterlagen aufbewahrt werden, sagt Abteilungsleiter Andreas Riethmüller vom Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt auf Nachfrage der MZ. Er könne nicht sagen, was aus den Unterklagen der früheren Bergschule II und späteren Berg-Sekundarschule geworden ist.

Einen Hoffnungsschimmer konnte dagegen Johannes Kunze, Mitarbeiter des Schul- und Kulturamtes des Burgenlandkreises, verbreiten. Die Weißenfelser Ökowegschule sei die Nachfolgerin, habe das Einzugsgebiet der früheren Berg-Sekundarschule übernommen. Wenn überhaupt, dann wären dort die Unterlagen zu finden. Doch sicher sei er nicht, welche Papiere übergeben worden sind.

Ein Anruf in der Ökowegschule macht richtig Hoffnung. "Unser stellvertretender Schulleiter verwaltet solche Urkunden", sagt die Sekretärin Andrea Tünschel. Wenn Abschlusszeugnisse von der Bergschule bei der Schließung übergeben wurden, dann sind sie noch da, meint sie und verbindet.

Ralf Spörl greift in den Aktenschrank. "Die Unterlagen wurden uns nicht für beide Schulen übergeben", sagt er. Doch von der Bergschule II seien sie da. Er blättert sie durch und findet das Abschlusszeugnis unter Klose, dem Geburtsnamen von Dagmar Pfeifer. "Wenn ihr eine Kopie reicht, schicken wir es ihr zu", sagt Spörl. Brauche sie eine beglaubigte Kopie, müsse sie die Kosten übernehmen. Doch das regele die Sekretärin. Er gebe ihr das Zeugnis sofort.

Wenige Tage später ist der Fall erledigt. Dagmar Pfeifer, geborene Klose, hat es nun wieder schwarz auf weiß, dass sie am 2. Juli 1971 die mittlere Reife in Weißenfels erreichte. Das schwer vermisste Abschlusszeugnis ist ihr zugeschickt worden, nachdem sie das Porto übernommen hat.