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Späte Ehre für Parkwärter? Späte Ehre für Parkwärter?: Warum die Stadt Weißenfels dagegen ist

Von Andreas Richter 03.03.2017, 08:00
Am Klemmberg erinnert ein Weg an Parkwärter Otto Böhme.
Am Klemmberg erinnert ein Weg an Parkwärter Otto Böhme. Peter Lisker

Weißenfels - Hans-Joachim Stehlik versteht die Welt nicht mehr. Die Heimatstadt Weißenfels will dem Grab seines Großvaters Otto Böhme die Anerkennung als Ehrengrabstätte verweigern.

Enttäuscht hatte der 73-Jährige die jüngste Sitzung des Kulturausschusses verlassen. Dort war dem Stadtrat nach erneuter langer Diskussion bei sieben Ja- und vier Nein-Stimmen empfohlen worden, die letzte Ruhestätte des ehemaligen Wärters des Weißenfelser Klemmbergs nicht zur Ehrengrabstätte zu ernennen.

Sind die Verdienste des 1969 verstorbenen Otto Böhme tatsächlich derart herausragend?

Dabei ist die Angelegenheit einigermaßen kompliziert. Immerhin gab es im Jahr 2015 bereits eine positive Empfehlung des Ausschusses. Allerdings mit der Einschränkung, dass zunächst in einer Ehrengräbersatzung die Kriterien für eine solche besondere Anerkennung klar festgeschrieben werden. Nach langer Debatte hatte sich der Stadtrat im Juli vergangenen Jahres zu einem solchen Papier durchgerungen.

Die Kernfrage nun: Sind die Verdienste des 1969 verstorbenen Otto Böhme tatsächlich derart herausragend und bei den Weißenfelser Bürgern bekannt, dass eine Anerkennung als Ehrengrabstätte gerechtfertigt ist? Immerhin wäre es nach Verabschiedung der Satzung die erste Anerkennung dieser Art.

Hans-Joachim Stehlik: Ohne Otto Böhme gebe es den Klemmberg-Park nicht in der heutigen Form

Für Hans-Joachim Stehlik gibt es da keine Zweifel. „Ohne ihn gebe es den Klemmberg-Park nicht in der heutigen Form“, ist er sich sicher. Mehr als 40 Jahre lang habe sein Großvater nach dem Zweiten Weltkrieg als Parkwärter gearbeitet. Dabei habe er weit mehr geleistet als er als Angestellter der Stadt hätte leisten müssen. Mitunter sei er gerade nach dem Krieg auch nachts unterwegs gewesen, um in „seinem Park“ illegalen Holzeinschlag zu verhindern.

Bis heute seien die Ergebnisse seines Wirkens sichtbar, sagt Stehlik und verweist auf eine große Rotbuche neben dem Bismarckturm, die ohne sein Einschreiten nach dem Krieg vermutlich gefällt worden wäre. „Otto Böhme war eine Respektsperson auf dem Klemmberg“, sagt sein Enkel. Was auch der Weißenfelser Hans Köhler bestätigen kann.

Fall Otto Böhme: Leiter des Weißenfelser Kulturamtes hat eine etwas andere Sicht auf die Dinge

Der heute 83-jährige Biologe war 1940/41 Schüler an der Bergschule neben dem Klemmbergpark. „Er hat für Ordnung gesorgt und war bei uns Schülern gefürchtet“, erzählt er und fügt hinzu: „Der Reisigbesen war sein Markenzeichen.“ Dass die letzte Ruhestätte von Otto Böhme den Status einer Ehrengrabstätte erhalten soll, kann Hans Köhler nur begrüßen.

Robert Brückner, Leiter des Weißenfelser Kulturamtes, hat jedoch eine etwas andere Sicht auf die Dinge. „Wir als Stadt wollen die Leistung von Otto Böhme keineswegs gering schätzen. Deshalb gibt es ja auch einen Otto-Böhme-Weg“, sage er gegenüber der MZ.

Leiter des Weißenfelser Kulturamtes bezweifelt, dass Otto Böhme aufgrund seiner Verdienste unter den Weißenfelsern eine solche Anerkennung genießt

Er bezweifelt jedoch, dass Böhme aufgrund seiner Verdienste unter den Weißenfelsern über seinen Tod hinaus eine solche Anerkennung genießt, dass dies den besonderen Status seiner Grabstätte rechtfertigt. Nicht unerwähnt lassen wollte er, dass die Stadt die Kosten für Ausgestaltung und Pflege eines Ehrengrabes tragen würde.

Um die Pflege der Grabstelle seines Großvaters will sich Stehlik auch künftig kümmern. Zugleich hofft er, dass sich der Stadtrat morgen doch noch zu einer späten Ehrung für seinen Großvater durchringt.

Unterstützung kann er dabei von der Fraktion Bürger für Weißenfels/Landgemeinden erwarten. Immerhin hat deren Vorsitzender Clemens Wanzke schon im Kulturausschuss sein Unverständnis darüber zum Ausdruck gebracht, dass die Stadt der Empfehlung aus dem Jahr 2015 nun nicht mehr folgen will.Sitzung des Stadtrates: Mittwoch, 1. März, 17 Uhr, Kulturhaus, Merseburger Straße. (mz)

Hans-Joachim Stehlik zeigt ein Schulzeugnis seines Großvaters vom Anfang des vorigen Jahrhunderts.
Hans-Joachim Stehlik zeigt ein Schulzeugnis seines Großvaters vom Anfang des vorigen Jahrhunderts.
Peter Lisker
Das Grab von Otto Böhme auf dem Weißenfelser Friedhof.
Das Grab von Otto Böhme auf dem Weißenfelser Friedhof.
Peter Lisker