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Abwasser in Weißenfels Abwasser in Weißenfels: Erste Zahlen auf dem Tisch

Von Andreas Richter 19.03.2015, 07:38
An der Markwerbener Straße in Weißenfels entsteht ein neues Regenüberlaufbecken.
An der Markwerbener Straße in Weißenfels entsteht ein neues Regenüberlaufbecken. Peter Lisker Lizenz

Weißenfels - Der Herstellungskostenbeitrag für die Errichtung der Abwasseranlagen (HKB) in Weißenfels darf maximal 2,38 Euro pro Quadratmeter Grundstücksfläche betragen. Zu diesem Schluss kommt ein Gutachten, das am Dienstagabend auf der Sitzung des Verwaltungsrates der Abwasserbeseitigung Weißenfels - Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) zum ersten Mal öffentlich vorgestellt wurde. Der Höchstsatz für den sogenannten HKB II wird in dem Papier auf 86 Cent beziffert. Dieser deutlich geringere Beitrag gilt jedoch nur für jene Grundstückseigentümer, die bereits vor dem Stichtag 15. Juni 1991 an das zentrale Schmutzwasserbeseitigungsnetz angeschlossen wurden.

Die seit längerer Zeit mit Spannung erwarteten Zahlen liegen deutlich unter jenen Beiträgen, die der damalige Zweckverband für Abwasserentsorgung Weißenfels (ZAW) in einer ersten mittlerweile aufgehobenen Satzung im Jahr 2012 festgelegt hatte. Danach waren der HKB I auf 3,30 Euro pro Quadratmeter und der HKB II auf 90 Cent festgesetzt worden.

In den vergangenen drei Jahren hatten die drohenden hohen Abwasserbeiträge in Weißenfels immer wieder für kommunalpolitischen Zündstoff gesorgt. Einer der zentralen Diskussionspunkte: Inwieweit können die Lebensmittelbetriebe der Stadt mit einer erhöhten Abgabe zugunsten niedrigerer Beiträge für die Bürger an der Finanzierung der Abwasseranlagen beteiligt werden? Um eine solide Grundlage für eine Antwort darauf zu erhalten, hatte die Abwasseranstalt das Institut für Wasserwirtschaft Halbach mit einem Gutachten beauftragt.

Ermittelten Beiträge unterscheiden sich lediglich um neun Cent pro Quadratmeter

Die Abwasseranstalt investiert zurzeit in zwei neue Regenüberlaufbecken (RÜB) zur Entlastung der Mischwasserkanäle der Stadt sowie in die Erweiterung des Klärwerkes. Dabei hat das Land rund 4,5 Millionen Euro Fördermittel für den Bau der beiden RÜB an der Promenade und an der Markwerbener Straße bereitgestellt. Hinzu kommen noch einmal rund 4,5 Millionen Euro für die gegenwärtig laufenden Bauarbeiten zur Erweiterung der Kapazität des Klärwerkes auf 125.000 Einwohnerwerte. Wegen des Anschlusses des neuen RÜB an der Promenade an das bestehende Kanalnetz sind in den nächsten Monaten weiterhin umfangreiche Veränderungen der innerstädtischen Verkehrsführung in Kraft. (ari)

Die Erkenntnis in dem nunmehr vorliegenden 99-seitigen Papier: Erhöhte Beiträge für die industrielle Abwasserbehandlung sind sachlich nicht zu begründen. Das Institut hatte die tatsächlichen Kosten für die Errichtung und Erweiterung des Klärwerkes jenen für eine fiktive Anlage ohne Berücksichtigung des industriellen Abwassers gegenübergestellt. Während die reale Anlage derzeit mit Fördermitteln auf eine Kapazität von 125.000 Einwohnerwerten erweitert wird, wäre laut Gutachter ohne Industrieabwasser eine fiktive Anlage mit 50.000 Einwohnerwerten ausreichend. Da unter anderem der Aufwand für den Kanalbau und die Errichtung der Regenüberlaufbecken der Gleiche ist - unabhängig von der Größe der Kläranlage - unterscheiden sich die ermittelten Beiträge laut Gutachten lediglich um neun Cent pro Quadratmeter: den genannten 2,38 Euro stehen 2,29 Euro für das fiktive Klärwerk gegenüber. „Wir reden also von einer Mehrbelastung von 3,8 Prozent“, sagte Uwe Halbach im Verwaltungsrat. Weil der durch die Industrie verursachte beitragsfähige Mehraufwand für die anderen Grundstücke eine Mehrbelastung deutlich unter zehn Prozent zur Folge habe, sei ein erhöhter Industriebeitrag nicht gerechtfertigt.

Angesichts eines ebenso taufrischen wie kompakten Zahlenwerkes hielt sich die Diskussionsfreude an diesem Abend in Grenzen. Doch Gelegenheit zur Aussprache wird es nach dieser ersten Präsentation des Gutachtens noch reichlich geben. Nachdem das Papier am Mittwoch Vertretern der Industrie vorgestellt wurde, gibt es am Donnerstag einen Termin mit Vertretern der Bürgerinitiative für sozial gerechte Abwasserabgaben (BI). „Es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Doch es bleibt noch viel Gesprächsstoff“, meinte BI-Sprecher Wolfgang Gotthelf unmittelbar nach der Sitzung des Verwaltungsrates. So werde die BI in den nächsten Gesprächen mögliche soziale Härtefälle, wie etwa für Eigentümer großer Bauernhöfe, thematisieren. Und in Sachen erhöhte Abwasserbeiträge für die Industrie ist für Gotthelf das letzte Wort noch nicht gesprochen. „Wir werden die Zahlen prüfen lassen“, meinte der gelernte Maschinenbauingenieur.

Endgültige Entscheidung trifft Weißenfelser Stadtrat

Der Verwaltungsratsvorsitzende Robby Risch machte deutlich, dass es sich bei den nunmehr auf dem Tisch liegenden Zahlen um einmalige Maximalbeiträge handelt, die sich noch etwas verringern könnten. Er sprach von möglicherweise 2,30 Euro beziehungsweise 80 Cent pro Quadratmeter.

Die endgültige Entscheidung über die Höhe der Beiträge wird der Weißenfelser Stadtrat treffen. (mz)