Stadt soll plötzlich Steuern zahlenSangerhausen will Gemüsefirma Charlottes Garden verklagen

Sangerhausen - Das Projekt galt jahrelang als die Chance für einen großen wirtschaftlichen Aufschwung in Sangerhausen. Investoren aus Holland wollten unter dem Namen „Charlottes Garden“ auf 100 Hektar im geplanten Industriepark Mitteldeutschland riesige Gewächshäuser bauen und Biogemüse züchten. Doch aus dem Vorhaben, für das auch geschützte Feldhamster umgesiedelt werden sollten, wurde bekanntlich nichts.
Gemüsefabrik für Sangerhausen: Fast zwei Millionen Euro erhalten, aber nur auf dem Papier
Die Stadt, die Ende 2016 an „Charlottes Garden“ zumindest auf dem Papier Grundstücke für rund 1,9 Millionen Euro verkaufte, hat stattdessen nun Ärger mit den Finanzbehörden. Außerdem drohen zusätzliche Kosten.
Denn das Finanzamt verlangt nun die Grunderwerbsteuer von der Stadt. Und das, obwohl das Grundstücksgeschäft mit den Investoren aus Holland letztlich nicht zustande kam, weil die den Kaufpreis nicht zahlten.
Finanzamt verlangt Steuern für nicht gebaute Gemüsefabrik in Sangerhausen
Insgesamt geht es dabei um eine Summe von knapp 95.000 Euro, die „Charlottes Garden“ als Käufer der Fläche eigentlich an die Finanzbehörden hätte abführen müssen. Da die Firma das nicht tat, hat das Finanzamt nunmehr die Stadt Sangerhausen als weiteren Gesamtschuldner in Anspruch genommen, heißt es in Unterlagen für den nicht öffentlichen Teil der nächsten Stadtratssitzung, die am 7. März in Sangerhausen stattfindet.
Das bedeutet im Klartext: Sangerhausen muss jetzt die fällige Grunderwerbsteuer zahlen.
Die Stadt hat nun beim Finanzamt Dessau-Roßlau erstmal einen Antrag gestellt, die eingeräumte Zahlungsfrist zu verlängern. Im Rathaus geht man aber offenbar davon aus, dass die Stadt nicht darum herumkommen wird, das Geld zumindest vorerst zu entrichten.
Gescheiterte Investition in Gemüsefabrik: Zivilprozess in Halle eröffnet
Man sei deshalb mehrfach mit der Bitte an „Charlottes Garden“ herangetreten, den Kaufvertrag aufzuheben beziehungsweise hat die Firma gebeten, das Löschen der im Grundbuch eingetragenen so genannten Auflassungsvormerkungen zu erlauben. „Jedoch bisher ohne Erfolg“, heißt es in den Papieren für den Rat.
Deshalb sollen die Stadträte in einem Beschluss im geschlossenen Teil der Sitzung am 7. März Oberbürgermeister Sven Strauß (SPD) nun ermächtigen „Charlottes Garden“ mit Hilfe einer Rechtsanwaltskanzlei vor dem Landgericht in Halle in einem Zivilprozess zu verklagen.
Die Stadt ist bei dem Grundstücksgeschäft aber noch auf weiteren Kosten sitzengeblieben: Denn die Holländer haben, anders als vereinbart, auch die Kosten für die Arbeit des Notars in Höhe von insgesamt 17.121 Euro nicht beglichen.
Da Verkäufer und Erwerber laut Gesetz aber als Gesamtschuldner haften, stellte der Notar die Summe dann der Stadt in Rechnung. Sangerhausen hat die 17.211 Euro bereits im Jahr 2017 bezahlt. Auch dieses Geld will sich die Stadt nun im Zuge des Prozesses vor dem Landgericht zurückholen.
Allerdings ist auch die Klage aufgrund des hohen Streitwerts von knapp 500.000 Euro nicht gerade günstig. In den Ratsunterlagen werden die Gesamtkosten für den Rechtsstreit mit 32.000 Euro angegeben.
Die Stadt würde dieses Geld von „Charlottes Garden“ zurückbekommen, wenn sie den Prozess gewinnt. Vorausgesetzt, die Holländer sind zahlungsfähig. (mz)