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Mifa Mifa: Traditionsfirma startet in Sangerhausen den Bau eines neuen Werks

Von Steffen Höhne 09.06.2016, 16:43
Die Stelen für das neue Fahrrad-Werk von Mifa in Sangerhausen stehen bereits. Im Jahr 2017 soll die Produktion starten.
Die Stelen für das neue Fahrrad-Werk von Mifa in Sangerhausen stehen bereits. Im Jahr 2017 soll die Produktion starten. Maik Schumann

Sangerhausen - Heinrich von Nathusius lehnt an einer der meterhohen weißen Säulen für die neue Fabrik. Am Freitag wird der Firmenchef des Fahrrad-Herstellers Mifa an dieser Stelle offiziell den Grundstein für das 17 Millionen Euro teure Werk legen. Für die Traditionsfirma aus Sangerhausen ist dies nach seinen Worten ein Meilenstein. Denn der Unternehmer plant nichts Geringeres, als die Produktionsmechanismen des Automobilbaus auf die Fahrrad-Herstellung zu übertragen. „Wir müssen viel schneller und flexibler werden“, sagt von Nathusius.

Hamster verzögerten Neubau

Anstatt wie früher eine große Produktionsstraße für die Räder zu bauen, plant von Nathusius nun zehn kleinere. Er will weg davon, 10 000 Standard-Räder am Stück zu fertigen. „Ähnlich wie beim Auto werden die Kunden künftig ihre Räder im Internet aussuchen und auch zusammenstellen“, sagt er. Binnen einer Woche müsse Mifa diese dann bauen und liefern.

Ein Umbau des bisherigen Standortes in der Sangerhäuser Innenstadt wäre nach Angaben des Unternehmers zu teuer geworden - daher der Umzug. Auch die Logistik wird sich grundlegend ändern. Der Zukauf von Rahmen, Bremsen oder Leuchten aus Asien soll reduziert werden. Fertigteile sollen künftig maximal drei bis vier Monate im Lager liegen. Von Nathusius spricht von einer bedarfssynchronen Produktion. Diese wurde bereits vor Jahrzehnten von deutschen Automobilbauern eingeführt, um gegen japanische Konkurrenten zu bestehen.

Von Ifa zu Mifa

Von Nathusius ist selbst ein Auto-Mann. Nach der Wende übernahm er das Ifa-Gelenkwellenwerk in Haldensleben (Börde) und baute dieses zum führenden Automobilzulieferer in Sachsen-Anhalt aus. Ifa beliefert mehrere große deutsche Autohersteller.

Den Erfolg von Ifa will der inzwischen 73-Jährige nun bei Mifa wiederholen. Starker Wettbewerb und Missmanagement hatten 2014 zur Pleite des Fahrradbauers geführt. Die Familie von Nathusius kaufte danach wesentliche Produktionsanlagen. Der Neustart ist alles andere als einfach: Die Produktion ging von einst mehr als 500 000 Rädern im Jahr auf 300 000 bis 400 000 zurück. Der Bau des neuen Werks verzögerte sich, weil eine Hamster-Population auf dem Grundstück an der A 38 gefunden wurde. Für 750 000 Euro organisiert die Stadt Sangerhausen eine Hamster-Umsiedlung.

Wahnsinn der Hamster

Von Nathusius nennt dies einen „Wahnsinn“: „Denn die Hamster sind in Deutschland durch moderne Erntetechniken bedroht, die ihnen die Nahrungsgrundlage entziehen - nicht aber durch ein einzelnes Fahrrad-Werk.“ Für Unruhe in der Firma sorgten zuletzt auch Berichte über minderwertige Lenker. Beim Test eines Prüfinstituts zerbrach ein Modell. Laut Mifa werden alle geforderten Qualitätsstandards eingehalten.

Von Nathusius steckt Rückschläge bisher gut weg. Der Auto-Liebhaber ist sich nämlich sicher, dass das Fahrrad künftig eine stärkere Rolle in der Mobilität spielen wird.

Große Hoffnungen setzt die gesamte deutsche Zweirad-Branche dabei auf das E-Bike. Im vergangenen Jahr wurden bundesweit 535 000 Räder mit Elektromotor verkauft. Das ist ein Plus von mehr als elf Prozent zum Vorjahr. Die Preise liegen bei durchschnittlich 2 000 Euro pro Bike. Das ist erheblich mehr als für herkömmliche Räder. Bei Mifa entfallen nach eigenen Angaben etwa 15 Prozent der Produktion auf E-Bikes. So besitzt das Unternehmen die angesehene Marke Grace. Zudem wurde für die Daimler-Tochter Smart ein Elektro-Fahrrad gefertigt.

Vibrationsalarm am Lenker

Auf Kooperation mit Automobilbauern setzt von Nathusius auch künftig. So wollen die Mifa-Entwickler in Anlehnung an den DDR-Verkaufsschlager Klapprad ein Faltrad bauen, das sich problemlos im Kofferraum eines Autos verstauen lässt. „Ideal wäre es, anstatt des Ersatzrades ein Faltrad mitzunehmen“, so von Nathusius. In Großstädten könnte der Fahrer dann das Auto parken und mit dem Rad weiterfahren. Dazu müsse das Rad aber auch noch sicherer werden. Im Bereich der E-Bikes hält von Nathusius in den kommenden Jahren ABS-Systeme zum Bremsen für möglich. Auch einen Vibrationsalarm im Lenker, der bei zu dichtem Auffahren warnt, hält er für wahrscheinlich.

Mit Innovationen will der Mifa-Chef wieder Boden im Wettbewerb gutmachen. Derzeit würden drei Viertel aller in Deutschland verkaufter Fahrräder aus dem Ausland importiert. „Wir wollen dazu beitragen, dass Fahrrad-Produktion wieder eine Domäne von Deutschland wird.“ (mz)

Logo von Mifa
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DPA