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73 Kilometer, 222 Stempelstellen, 1 Tag Warum Wandern für einen Alberstedter zur Passion geworden ist

Stefan Warwel hat eine Tagestour von seinem Heimatort Alberstedt nach Alperstedt bei Erfurt gemacht. Warum wählte er die Route von Alberstedt nach Alperstedt?

Von Anke Losack Aktualisiert: 08.07.2021, 16:42
Stefan Warwel aus Alberstedt ist nach 73 Kilometern zu Fuß in Alperstedt bei Erfurt angekommen.
Stefan Warwel aus Alberstedt ist nach 73 Kilometern zu Fuß in Alperstedt bei Erfurt angekommen. Fotos: S. Warwel

Alberstedt/MZ - Das T-Shirt, das Stefan Warwel am Dienstagnachmittag trägt, hat die Aufschrift „Harzer Wanderkaiser“. Vom 7. Dezember 2018 bis 4. Januar 2020 hat der Alberstedter alle für diese Auszeichnung notwendigen 222 Stempelstellen erwandert. „Bis zum 4. Januar war ich nicht einmal auf dem Brocken“, erzählt er und ergänzt: „Aber seitdem 14 Mal.“ Zu Fuß versteht sich.

Alberstedter hatte mit Folgen eines Unfalls zu kämpfen

Seine bisher längste Wander-Tagestour hat Stefan Warwel erst kürzlich absolviert. Am vergangenen Freitag legte er 73 Kilometer zurück, von seinem Heimatort Alberstedt im Weida-Land nach Alperstedt bei Erfurt. Frühmorgens um 4.30 Uhr war der 50-Jährige gestartet und kam kurz vor 20 Uhr am Zielort an. Wandern ist seine Leidenschaft - allerdings erst seit ein paar Jahren. Der Alberstedter erzählt, dass er im Jahr 2000 von einer Leiter gestützt ist - Diagnose Schädelbruch.

„Ich bin nach drei Monaten, ohne eine Reha gehabt zu haben, wieder auf Arbeit gegangen. Das war nicht gut.“ Er hatte mit Folgen des Unfalls zu kämpfen, manche bestehen bis heute. 2011 habe er sich von der Firma, für die er zehn Jahre Türen und Fenster montierte und nach dem Unfall im Außendienst tätig war, kündigen lassen. Ein Jahr später bekam der Alberstedter eine Kur im Elbsandsteingebirge verschrieben. „Dort haben sie mir Nordic-Walking-Stöcke in die Hand gedrückt. Erst wollte ich die nicht, aber dann war ich Feuer und Flamme.“ Auch zu Hause habe er damit anschließend seine Runden gedreht.

Mehrere Verbindungen mit Alperstedt

Nachdem sich Stefan Warwel 2013 mit einem Montageservice selbstständig gemacht hatte, ließ er das Laufen wieder schleifen - bis ihm ein Arzt riet, sich mit Nordic-Walking oder Wandern sportlich zu betätigen. „So richtig nach vorne ging es 2018. Mit der Wandernadel fing es an“, berichtet er. Seither ist der Alberstedter in der Freizeit so oft es geht zu Fuß unterwegs. Strecken zwischen 15 und 30 Kilometer wandert er da meist. Eine 66-Kilometer-Tour, die auf den Brocken führte, war seine längste - bis vergangenen Freitag.

Warum wählte er die Route von Alberstedt nach Alperstedt? Schon von den Ortsnamen her bestehe ja eine Verbindung, sagt Stefan Warwel. Er habe sich über Alperstedt kundig gemacht und festgestellt, dass beide Orte eine gegenläufige Entwicklung genommen haben. „Alperstedt hatte mal 400 Einwohner und hat jetzt circa 800, bei uns ist es umgekehrt.“ Zudem gebe es noch einen netten Zufall: Von der besten Freundin der Familie wohnte eine Arbeitskollegin in Alperstedt, heißt Claudia wie Stefan Warwels Frau und der Mann auch Stefan.

Entlang auf Wanderwegen, an Straßen, Flüssen und Flutgräben

Mit Hilfe der Navigations-App Komoot hatte der Hobby-Wanderer die Tour geplant, sie individuell gestaltet. Diese führte von Alberstedt zunächst über Farnstädt nach Landgrafroda, ins Märzenbechertal. „Das habe ich mir mal ohne Märzenbecher angucken wollen.“ Dann ging es weiter nach Schönewerda und Gehofen in Thüringen. Letzterer Ort habe eine sehr schöne Kirche, berichtet er.

Auf Wanderwegen, an Straßen entlang, an Flüssen und Flutgräben vorbei und manchmal querfeldein führte seine Tour. Viele Tiere habe er dabei gesehen. „Bis auf den Wolf war alles dabei“, meint er schmunzelnd. Die ersten Kilometer seien zäh gewesen. Doch er habe sich an dem Tag gut gefühlt.

„Aber ich habe großen Spaß an der Sache“

„Außerdem war es geniales Wanderwetter - keine Sonne, ein bisschen diesig.“ Zu regnen begann es an der Hohen Schrecke, dem Höhenzug im Kyffhäuserkreis, wo er auch an der Hängeseilbrücke für ein Foto Halt machte. Fotos von sich, der Natur oder Bauwerken zu machen und sie in der App zu hinterlegen, gehört auf seinen Touren dazu. „Das ist mein Wandertagebuch.“ Über Heldrungen, Gorsleben, Griefstedt, Sömmerda und Schallenburg führte der Weg dann nach Alperstedt. Seine Frau Claudia holte ihn von dort ab.

Wird es seine längste Tour bleiben? „Ich habe meiner Frau gesagt, wenn mich mal jemand überredet, 100 Kilometer zu wandern, soll sie es mir ausreden“, sagt Stefan Warwel. „Verrückt“, das höre er des Öfteren, wenn er über seine Wandertouren spricht. „Aber ich habe großen Spaß an der Sache“, sagt er und fügt an, dass er ohne seine verständnisvolle Familie seine Leidenschaft nicht so ausleben könnte. Manchmal wandern sie gemeinsam, zum Beispiel im Harz. Seiner Frau und den Töchtern habe er auch ein Stempelheft der Harzer Wandernadel verschafft, berichtet Stefan Warwel, der als ihre Begleiter auf diese Weise noch einmal die 222 Stempelstellen abwandern will.