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Testsystem soll Perspektive bieten Zwei Harzer Hotels sollen Vorbild sein

Aktualisiert: 13.4.2021, 09:46

Stolberg. Im Naturresort Schindelbruch und im Freiwerk wird wieder gearbeitet: Nach fünfmonatiger Pause werden die Zimmer hergerichtet, die Kühllager der Küchen befüllt und die Wasserleitungen gespült. Am 16. April sollen die beiden Harzer Hotels in Stolberg wieder öffnen. Es handelt sich um ein Modellprojekt in Sachsen-Anhalt. „Es soll aber auch richtungsweisend für die Öffnung der deutschen Hotelbranche sein“, sagt Inhaber Clemens Ritter von Kempski.

Von Kempski hat einmal Medizin studiert, der Arzt entschied sich dann jedoch nach einem Betriebswirtschaftsstudium zunächst als Unternehmensberater und dann als Unternehmer tätig zu sein. „Ich nehme das Coronavirus ernst, doch ein pauschaler Lockdown kann nach einem Jahr Pandemie nicht mehr die Antwort auf hohe Inzidenzwerte sein“, sagt von Kempski. Er möchte einen Paradigmenwechsel, der lautet: „Wer Infektionssicherheit bietet, darf weiter wirtschaften.“

50-seitiges Konzept steht

Bereits zur Jahreswende hatte der Unternehmer ein 50-seitiges Konzept ausgearbeitet, wie Hotelaufenthalte sicher gestaltet werden können. Einer der Ausgangspunkte ist eine Erhebung des Robert-Koch-Instituts zum Infektionsrisiko in gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereichen. „In dieser Studie wird Hotels ein vergleichbares Infektionsrisiko attestiert, wie es in Parks und auf Spielplätzen besteht“, so von Kempski. Hotels gehörten epidemiologisch gesehen zu den sichersten Orten.

Dennoch: Wie sollen Infektionen verhindert werden, wenn mehr als 100?Gäste und ebensoviele Angestellte auf vergleichsweise engem Raum zusammen sind? Von Kempski geht davon aus, dass durch eine Teststrategie das Risiko stark minimiert werden kann. Für seine beiden Hotels hat er folgenden Plan: „Jeder Hotelgast benötigt zur Anreise einen PCR-Test, der nicht älter als 48 Stunden ist, oder einen tagesaktuellen POC-Antigen-Test.“ Letzterer könne auch in der Apotheke in Stolberg gemacht werden. „Damit wollen wir weitgehend sicherstellen, dass Infektionen nicht ins Haus getragen werden.“

Alle zwei Tage würden die Gäste dann im Hotel unter Aufsicht einen sogenannten Laientest durchführen. Das dauere keine zehn Minuten. Im Hotel müssen in öffentlichen Bereichen FFP2-Masken getragen werden. Am Tisch im Restaurant, im Schwimmbad oder auf der Liege aber nicht. Von Kempski hält die Einschränkungen für die Gäste, „die bei uns vor allem entspannen und die Natur genießen wollen, für überschaubar“. Ein gleicher Testplan ist nach seinen Worten auch für die Angestellten vorgesehen. „Sollte ein Gast oder Mitarbeiter infiziert sein, würden wir das schnell feststellen und die Infektionskette kann schnell durchbrochen werden.“ Geöffnet werde zunächst mit 70?Prozent der Kapazität. Im Schindelbruch wären das 130?Gäste, im Freiwerk 40.

Gäste wollen kommen

Von Kempski hält die Umsetzung solcher Konzepte für die Hotelbranche für überlebenswichtig. „Auch wenn die Impfungen jetzt zunehmen, werden wir noch monatelang mit dem Virus leben müssen“, ist sich der Hotelier sicher. Trotz der staatlichen Hilfen stünden viele Betriebe mit dem Rücken zur Wand. Nicht alle Kosten würde der Staat übernehmen. Im Schindelbuch würden jeden Monat weiterhin Personalkosten von etwa 100.000?Euro anfallen, weil unter anderem Techniker im Wellnessbereich, Mitarbeiter für Gästebuchungen und Marketingpersonal nicht komplett in Kurzarbeit geschickt werden könnten.

Von Kempski ist sich auch sicher, dass ausreichend Gäste kommen. „Wir hatten in den vergangenen Wochen viele Anfragen, wann es wieder losgeht.“ Nun könnte man endlich ein Datum nennen. Der Unternehmer ist seit Jahren gut vernetzt mit Mitgliedern der Landesregierung und nun auch dankbar, dass sie das Modellprojekt trotz hoher Inzidenzwerte ermöglichen. Für seine Hotels und die ganze Branche sagt er: „Wir benötigen dringend einen Lichtblick.“ (mz)