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Alltagsradverkehr rund um Thale Viele Pläne und wenig Geld dafür

Thale gibt Überblick über geplante Radwege zwischen Ortsteilen. Eins haben alle Projekte gemeinsam: Ohne Fördermittel bleiben sie in der Schublade.--+

20.04.2021, 10:00
Der Radweg am Stecklenberger Waldrand in Thale, der Teil des Europaradwegs R1 ist, soll bald mit Geld von Land und Kreis asphaltiert werden.
Der Radweg am Stecklenberger Waldrand in Thale, der Teil des Europaradwegs R1 ist, soll bald mit Geld von Land und Kreis asphaltiert werden. Foto: Benjamin Richter

Thale - Den Wunsch, das Thema Radverkehr in den Mittelpunkt einer Sitzung zu rücken, hatten einige Mitglieder des Ausschusses für Bau, Verkehr und Wirtschaftsförderung des Stadtrats Thale schon vor längerer Zeit geäußert. Dass bei der jüngsten Zusammenkunft nun eine Diskussionsvorlage zum Radverkehrswegeplan auf der Tagesordnung stand, hängt jedoch noch mit etwas anderem zusammen: So hat der Bund für die Jahre bis 2023 zur Förderung des Alltagsradverkehrs das Sonderprogramm „Stadt und Land“ aufgelegt.

Dieses stellt laut Landesverkehrsministerium für den „Neu-, Um- und Ausbau von Radverkehrsanlagen“ sowie die Erstellung von Radverkehrskonzepten durch Dritte in Sachsen-Anhalt insgesamt rund 24,5 Millionen Euro bereit. Grund genug für die Thalenser Stadtverwaltung darzulegen, welche Radwege im Gemeindegebiet gebaut oder ausgebessert werden könnten, falls aus diesem Fördertopf etwas nach Thale fließen sollte.

Bauplan für die (un)bekannte „Hundestrecke“

Dem Bau- und Ordnungsamt lägen eine Reihe von Ideen für neue Verbindungen zwischen den Ortsteilen vor, schilderte dessen Leiter Stefan Oberacker. Auf der Liste stehe unter anderem ein direkter Radweg vom Gewerbegebiet Thale-Nord nach Warnstedt entlang der Landesstraße 240 - eine Route, auf deren straßenbegleitende Errichtung die Landesstraßenbaubehörde (LSBB) seinerzeit verzichtet hatte. Auch derzeit, merkte Oberacker an, schätze er die Bereitschaft der Behörde zur Unterstützung des Vorhabens als relativ gering ein.

Radfahrern aus Warnstedt, gab er zu bedenken, stehe mit der Strecke über den Mühlberg ein funktionaler Weg nach Thale zur Verfügung. In Richtung Timmenrode führt von Warnstedt aus ein Feldweg, dessen Status als Kreisstraße 2356 ihn selbst überrascht habe, gab der Amtsleiter zu. Es gebe Pläne, die unter Ortskundigen als „Hundestrecke“ bezeichnete Route, die zur Hälfte auf Blankenburger und zur anderen auf Thalenser Gemarkung liegt, auf einer Breite von 3,50 Metern auszubauen. Noch diese Woche sollen dazu auf Bürgermeister-Ebene Gespräche in der Nachbarstadt stattfinden.

Refinanzierung ist völlig unklar

Recht vage ist der Sachstand dagegen noch bei einer angedachten Radverbindung zwischen Allrode und Friedrichsbrunn. „Es gab immer wieder Anläufe“, berichtete Oberacker, doch bei der Streckenführung gebe es noch einige offene Fragen - so müsse man sich auf die letztendliche Route noch einigen und dann den Dialog mit den Waldbesitzern suchen. Ein weiterer Knackpunkt sei, wie so häufig, die Finanzierung: Bislang habe die Stadtverwaltung für die mutmaßlich etwa 7,5 Kilometer lange Strecke maximal Aussicht auf eine 60-prozentige Förderung gehabt, so der Amtsleiter.

„Das kann ich nicht im Haushalt abbilden, weil ich nicht weiß, wie ich es refinanzieren soll“, urteilte er mit Blick auf die immer noch zu schulternden 40 Prozent der Kosten. Zwischen Westerhausen und Warnstedt, wo ebenfalls viele Einheimische und Gäste zu Rad unterwegs seien, gebe es eine relativ gute Verbindung über Waldwege, die man vielleicht nur noch konsequenter ausschildern müsse - zumal er auch dort wenig Chancen für einen straßenbegleitenden Radweg an der Landesstraße sehe, schätzte Oberacker ein.

Auch der Landkreis gab schon eine Zusage

Auf gutem Weg sieht der Amtsleiter die Radroute am Stecklenberger Waldrand, die auf einer Länge von 1,2 Kilometern asphaltiert werden soll. Für den Abschnitt des Europaradwegs R1 und des Radwegs Deutsche Einheit sei eine 90-prozentige Förderung durch die Investitionsbank Sachsen-Anhalt avisiert, kündigte Oberacker an. Auch auf den verbleibenden 10 Prozent bleibe die Stadt nicht sitzen: Die Summe habe der Landkreis bereits als Fördergeld bewilligt, so dass das Rathaus den Ausbau in Auftrag geben können werde, ohne in die eigene Tasche greifen zu müssen.

Eine Kursänderung habe es hingegen zuletzt beim Projekt Bode-Radweg gegeben: Waren dort zunächst nur eine einheitliche Beschilderung und eine effektivere Bewerbung angedacht - Oberacker sprach von „PR-Maßnahmen“ -, vertrete der Landkreis jetzt die Auffassung, dass auch am Radweg selbst, der im Harzkreis von Thale über Quedlinburg in die Verbandsgemeinde Vorharz verläuft, Arbeiten zur Aufwertung erfolgen müssten, sagte der Amtsleiter. „Es gibt die Befürchtung, dass der Weg ansonsten aufgrund seiner Qualität nicht gut ankommen wird.“ Mit zwei Grundstückseigentümern, über deren Land der Bode-Radweg verlaufen soll, befinde man sich noch in konstruktiven Gesprächen.

Das Radverkehrskonzept auf eine breitere Basis zu stellen und Bürger und Verbände bei einer gesonderten Versammlung zu Wort kommen zu lassen, forderten das Ausschussmitglied Heiko Marks (Bürgerliste) und der Thalenser Fahrrad-Befürworter Wolfgang Rosplesch. Letzterer übte Kritik an einem Teil der Darstellungen des Bauamtsleiters. So werde die Route über den Mühlberg von und nach Warnstedt seit jeher überwiegend von Freizeitsportlern und Urlaubern genutzt und sei für eine Anfahrt zum Industriegebiet Thale-Nord völlig ungeeignet. „Denn dann müssen die Leute an der Blankenburger Straße entlang radeln, und das ist lebensgefährlich“, wies Rosplesch auf die oft rücksichtslose Fahrweise einiger Autofahrer an der Stelle hin.

Kommt ein Rad-Beauftragter?

Heiko Marks hatte im Namen seiner Fraktion ein Papier vorbereitet und darin die aus seiner Sicht gebotenen sieben Ziele eines städtischen Radverkehrskonzepts formuliert. Neben dem elementaren Punkt der Förderung des Radverkehrs als Beitrag zum Klimaschutz und Wirtschaftsfaktor - Stichwort Tourismus - regt dieses Dokument unter anderem die Berufung eines Rad-Beauftragten für die Stadt, die Verknüpfung des Radverkehrs mit dem ÖPNV und die Schaffung eines geschlossenen Radwegenetzes zu den Ortsteilen und Nachbarorten an.

Die Notwendigkeit, die Streckenvorschläge in ein Konzept zu gießen, erkannte auch Guido Blosfeld, ehemaliger Bauamtsleiter und als sachkundiger Einwohner im Ausschuss vertreten, an - hielt dazu allerdings eine Bürgerversammlung für das falsche Mittel. Vielmehr müsse auf politischer Ebene, im Stadtrat und seinen Ausschüssen, ein Konzept ausgearbeitet werden. „Die Bevölkerung kann sich in den öffentlichen Sitzungen dieser Gremien mit einbringen“, erinnerte Blosfeld. (mz/brt)