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Kirchspiel Königerode Strukturen aufbrechen und mit Klischees aufräumen

Neues Gesicht in Dankerode und Königerode: Seit Anfang des Monats ist André Rotermund Pfarrer im Entsendungsdienst.

20.04.2021, 12:00
André Rotermund ist seit Anfang April Pfarrer im Entsendungsdienst.
André Rotermund ist seit Anfang April Pfarrer im Entsendungsdienst. Foto: Susanne Thon

Dankerode/Königerode - Es muss nicht immer das klassische Kirchenlied sein. Andreas Gabaliers „Amoi seg' ma uns wieder“ (Einmal sehen wir uns wieder) steht nicht im Gesangbuch. André Rotermund schätzt das Lied des österreichischen Sängers aber. Es geht darin um das Leben nach dem Tod. Und Christen glauben, dass es nach dem Tod weitergeht. Rotermund, seit Kurzem Pfarrer im Entsendungsdienst, hat kein Problem damit, vom herkömmlichen Repertoire abzuweichen. Wenn der Text passt, warum denn nicht? Musik sagt viel aus. Und so lässt er Begegnungen mit Gabalier & Co. zu. „Nur Reden ist zu wenig. Mit der Musik kann man auch Leute ansprechen, die nicht so sehr auf die Bibel stehen“, sagt der 49-Jährige, der in Sangerhausen lebt.

Gemeindemitglieder auf gemütliche Art und Weise kennenlernen

Überhaupt spielt Musik eine große Rolle in seinem Leben: Als seine Hände noch zu klein waren, um Gitarre zu spielen, nahm er erstmal Klavierunterricht. Das begleitende Gitarrenspiel brachte er sich später selbst bei. In einem Laden am Alex in Berlin kaufte er als Zehntklässler seine erste Gitarre. Vielleicht könne man hier ja zu gegebener Zeit einen Gitarrenkreis aufbauen, sagt er.

Dann, wenn all die Dinge wieder machbar sind, die einem jetzt verwehrt bleiben. „Gottesdienste feiern, das geht“, aber alles darüber hinaus, alles, was die Gemeinschaft normalerweise ausmache, könne nicht stattfinden, bedauert er. Die Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Senioren – sie liegt brach. Und das macht das Ankommen für ihn ungleich schwerer: „Man hat nicht die Chance, die Gemeindemitglieder auf gemütliche Art und Weise kennenzulernen - bei Kaffee und Kuchen oder am Rande eines Konzerts“, so Rotermund.

Dienst für Rotermund als „eine Art Probezeit“

Er ist jetzt zuständig für das Kirchspiel Königerode, zu dem die Gemeinden in Königerode, Dankerode, Abberode Hermerode, Molmerswende und Tilkerode gehören. Seit Anfang April bekleidet er die Entsendungs- und Entlastungsdienststelle Wippra. Wippra, weil das Kirchspiel Königerode und die Kirchengemeinde Wippra den Pfarrbereich Wippra bilden und der dortige Pfarrer, Hans-Martin Kohlmann, im kommenden Jahr in den Ruhestand gehen wird. Seinen Dienst bezeichnet Rotermund als „eine Art Probezeit“.

Der Weg zum Pfarrer, bei ihm war er nicht irgendwie vorbestimmt. Zwar engagierte sich Rotermund, der im Vogtland geboren wurde und südlich von Potsdam aufwuchs, schon immer für die Kirche, war im Kreis- und Landesjugendkonvent, beruflich schlug er jedoch zunächst eine andere Richtung ein: Nach der Schule machte er zunächst eine Ausbildung zum Facharbeiter für Betriebsmess-, Steuerungs- und Regelungstechnik. Während er in der Lehre war, kam die Wende. Was folgte, war die „übliche Geschichte“, erzählt er.

„Ich bin Techniker ohne Ende“

Er sei arbeitslos geworden, habe eine Umschulung zum Kommunikationselektroniker absolviert - und sich dann entschlossen, was anderes zu machen, Gemeindepädagogik zu studieren. „Ich bin Techniker ohne Ende“, heute immer noch, aber auch schon damals hätten eben zwei Herzen in seiner Brust geschlagen. Und das eine etwas lauter. Nach dem Studium in Potsdam und Berlin trat er in der Altmark seine erste Stelle an. Seit 2003 arbeitet er im Kirchenkreis Eisleben, der 2010 mit dem in Sömmerda fusionierte und Jahre Kreisreferent für Jugendarbeit. In den vergangenen Jahren hat er auch schon einige Trauerfeiern in der Gegend begleitet.

Um die Herausforderungen, vor denen er steht, weiß er: Die Kirchengemeinden werden kleiner, die meisten Mitglieder sind 60 Jahre aufwärts. Es gehe also nur miteinander, sagt er. Highlights setzen, jeder Kirchengemeinde ein bestimmtes Profil geben, das schwebt ihm vor. „An einem Strang ziehen“ ist die Devise. Er versteht die Kirchengemeinde als Teil der Dorfgemeinschaft, möchte „Strukturen aufbrechen“ und mit Klischees aufräumen: Kirchgänger seien keine weltfremden Menschen, die - den Kopf gesenkt und die Hände gefaltet - dreimal am Tag beten, sagt er, und auch der Pfarrer stehe morgens nicht schon mit Talar auf. (mz/tho)