Lyonel-Feininger-Galerie in Quedlinburg Lyonel-Feininger-Galerie in Quedlinburg: Bis Februar wird Ausstellung "Gut zum Druck" zu sehen sein

Quedlinburg - Die Lyonel-Feininger-Galerie Quedlinburg hat auf dem Weg zu einem „Museum für grafische Künste“ erste Flöcke eingeschlagen. Galerie-Direktor Michael Freitag sieht darin die Chance für die Zukunft, das Museum breiter aufzustellen und zugleich mit dem Feininger-Bestand sorgsamer umzugehen. Alle bisher von Michael Freitag verantworteten Expositionen dieses Jahres sind auf dieses Ziel ausgerichtet gewesen, sollten Signalwirkung haben und verdeutlichten den programmatischen Anspruch. Es sei gelungen, die zunächst spürbare Ablehnung und Skepsis zu überwinden.
Veränderung notwendig, um die Arbeiten zu schützen
Mit dem neuen Konzept wurde Feininger einerseits etwas zurückgenommen, dafür ist er aber ständig mit den verschiedenen Facetten seines Werkes präsent. Der Galerie-Direktor verwies darauf, dass der Feiningerbestand 28 Jahre unablässig gezeigt wurde. Hier sei eine Veränderung notwendig gewesen, um die Arbeiten zu schützen.
Mit der ersten Sonderausstellung dieses Jahres „Mythengebirge“ zeigte die Galerie Grafik aus der Vormoderne des 17. und 18. Jahrhunderts mit regionalen Motiven. „Wols“ widmete sich danach der Nachkriegsmoderne. Und mit Ludwig Rauch „Noch ein Leben“ präsentierte das Haus am Finkenherd erstmals eine reine Fotoausstellung. „Mit der Resonanz und Akzeptanz bin ich vollauf zufrieden“, bekennt Michael Freitag gegenüber der MZ. 7 000 Besucher seien eine sehr gute Zahl. Mit dieser Ausstellung demonstriere sich der Wille, auch der Gegenwartskunst Platz einzuräumen.
Karl Völker wurde 1889 in Halle an der Saale geboren und ist 1962 in Weimar gestorben. Er war Maler, Grafiker und Architekt. Laut Wikipedia war er der Sohn eines Malermeisters, in dessen Betrieb er von 1904 bis 1910 eine Ausbildung zum Dekorationsmaler erhielt. Nach zwei Jahren beruflicher Tätigkeit in Leipzig besuchte er von 1912 bis 1913 die Dresdner Kunstgewerbeschule im Meisteratelier für Wandmalerei bei Richard Guhr.
Im Jahre 1914 erhielt Karl Völker von der Stadt Halle den ersten öffentlichen Auftrag für die Kuppelfresken der großen Kapelle auf dem Gertraudenfriedhof. Es handelt sich hierbei um das einzige Werk der Wandmalerei von Völker, das in Halle noch heute erhalten ist. 1919 gründete er die Hallesche Künstlergruppe mit Anschluss an die Novembergruppen mit. In den 1920er Jahren schuf er vor allem expressive Holzschnitzereien mit sozialkritischem Inhalt und vom Konstruktivismus geprägte Industriebilder. Auch arbeitete er gemeinsam mit Otto Haesler an Projekten des sozialen Wohnungsbaus. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde ein Teil seines Werks als entartete Kunst verfemt.
Nach dem Krieg beschäftigte er sich zunächst vor allem wieder mit architekturbezogenen Arbeiten. Er beteiligte sich an Wettbewerben zur städtebaulichen Neugestaltung der Stadt Halle und schuf Wandmalereien für die Halleschen Kammerspiele, Glasfenster für die Erfurter Thomaskirche und weitere Ausgestaltungen an öffentlichen Gebäuden. In den 1950er Jahren entstanden Kreidegrundzeichnungen, die als das Spätwerk Karl Völkers anzusehen sind. (gal)
Freitag sieht es darüber hinaus als unerlässlich an, die Galerie auch mit einem eigenen Bestand an Werken der Grafik auszustatten. Dabei geht er davon aus, dass kaum oder nur wenig Geld für den Ankauf da sein wird. Vielmehr könne nur durch Sponsoren und Spenden das Ziel erreicht werden. Mit der neuen Sonderausstellung ab 20. November „Gut zum Druck“ - Die Stiftung Karl Völker - setzt der Galerie-Direktor zum Jahresabschluss erneut ein Signal, die eigene Sammlung der Galerie zu erweitern. „Die Übergabe der Stiftung Karl Völker durch die Erben des Künstlers ist ein Vertrauensbeweis für die Arbeit der Galerie“, freut sich Michael Freitag. Aus dem Nachlass hat die Galerie 19 Druckplatten für Holzschnitte, 17 für Linolschnitte sowie 162 Platten für Radierungen erhalten. Diese werden in Auswahl zur nächsten Sonderausstellung gezeigt.
Historische Zeitungen mit Drucken von Karl Völker
Zudem kann die Feininger-Galerie auf den Fundus der Moritzburg Halle zurückgreifen, von wo sie als Leihgabe Holzschnitte, Lithografien und Radierungen von Karl Völker erhält. So lassen sich Vergleiche von der Herstellung der Holzstöcke bis zum Abzug auf Papier anstellen. Dazu kommen in der Ausstellung noch vier historische Zeitungen mit Drucken von Karl Völker auf der Titelseite aus den Jahren 1923 und 1925. Für die Ausstellung wird der Enkel des Künstlers Sperrholzplatten anfertigen, auf denen die Druckstöcke befestigt werden und eine Art Passepartout bilden. Über die Bedeutung der Ausstellung sagt Freitag: „Wir zeigen hier das Werk des vielleicht wichtigsten sachsen-anhaltischen Künstlers der Moderne.“ Er habe zudem in etwa dem gleichen Zeitraum gelebt und künstlerisch gearbeitet wie Lyonel Feininger. Ob der in Halle geborene Karl Völker Feininger mal begegnet ist, ist nicht bekannt, könnte aber sein.
Neben der Ausstellung „Gut zum Druck“ werden im Nebengebäude der Galerie Arbeiten der Grafikklasse von Professor Thomas Rug der Kunsthochschule Halle, Burg Giebichenstein, unter der Überschrift „Der Mensch ist ein Geheimnis“gezeigt.
Sie entstanden im Sommer dieses Jahres in St. Petersburg nach dem Besuch des Dostojewski-Museum zum Roman „Der Idiot“. Sie reichen von der Druckgrafik über die Zeichnung zum Aquarell bis hin zur Video-Kunst. Für Freitag ist diese Ausstellung eine Antwort auf die Vorhaben der Kooperation mit anderen Kunsteinrichtungen.
Die Ausstellungen „Gut zum Druck“ im Hauptgebäude und „Der Mensch ist ein Geheimnis“ im Nebengebäude werden am Donnerstag, 20. November, um 18 Uhr in der Lyonel-Feininger-Galerie eröffnet. Sie sind dann vom 21. November ist zum 22. Februar kommenden Jahres täglich von 10 bis 17 Uhr zu sehen. Ständig gezeigt wird zudem die Dauerausstellung mit verschiedenen Arbeiten Lyonel Feiningers. (mz)

