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Gäste werden in Echtzeit virtuell informiert Naumburger „Ille“ fährt ins digitale Zeitalter

Straßenbahn: Welche weiteren Schritte folgen sollen.

Von Albrecht Günther 06.12.2021, 09:03
Mit der neuen digitalen Anzeigetafel am Curt-Becker-Platz werden die Fahrgäste der Naumburger Straßenbahn besser und in Echtzeit informiert. Allerdings können anfangs noch kleinere Startschwierigkeiten auftreten.
Mit der neuen digitalen Anzeigetafel am Curt-Becker-Platz werden die Fahrgäste der Naumburger Straßenbahn besser und in Echtzeit informiert. Allerdings können anfangs noch kleinere Startschwierigkeiten auftreten. (Foto: Torsten Biel)

Naumburg - Die kleine, alte, quietschende Naumburger Straßenbahn ist seit dem Wochenende digital. Wer jedoch hätte das vor zehn Jahren gedacht, fragt Andreas Plehn. „Mobilität ist heute überwiegend digital“, ist sich der Geschäftsführer der Naumburger Straßenbahn GmbH sicher. „Wir schauen im Smartphone nach aktuellen Verbindungen, nach der Pünktlichkeit und nach Störungen und deren Beseitigung, wir legen Wert darauf, möglichst noch auf dem Weg zur Haltestelle oder zum Bahnhof schnell ein Ticket für die ganze Reise buchen zu können.“

Deshalb geht, oder besser fährt auch die „Ille“ nunmehr neue Wege. Plehn: „Wenn wir mit der Straßenbahn bei den digitalen Reiseketten vorkommen wollen, dann müssen wir selbst digital werden. Egal, ob für die internationalen Welterbe-Spezialisten, für die Naumburgerinnen und Naumburger oder für Wochenend-Ausflügler der Region.“ Und so habe sich die kleine Straßenbahn GmbH in das Abenteuer der Digitalisierung gestürzt.

Noch laufe nicht alles nach Wunsch, es brauche Zeit und eine Menge Geduld, bis die Komponenten miteinander problemlos funktionieren. Der erforderlichen Ruhe und Hartnäckigkeit eines der GmbH-Mitarbeiter sei es allerdings zu verdanken, „dass wir mit learning by doing schon weit gekommen sind“. Sichtbares Zeichen für den Schritt ins digitale Zeitalter sind die neuen Anzeigetafeln an den Haltestellen Curt-Becker-Platz und Hauptbahnhof.

Mit der automatischen Standort-Verfolgung des Straßenbahnwagens kann damit in Echtzeit die Pünktlichkeit angezeigt werden. Gleiches ist im Fahrzeug oder auf dem Smartphone möglich. „Über die Betriebsleitstelle sind wir noch viel früher als bisher in der Lage, anlaufende Verspätungen zu erkennen, für die eine Lösung gefunden werden muss. Fahrgäste können so schnell Informationen zu Verspätungen, Ausfällen und Alternativen erhalten“, heißt es in einer von der Straßenbahn GmbH veröffentlichten Pressemitteilung.

Mit den Tafeln werde erstmals in Sachsen-Anhalt ein System angewandt, „das mit Batteriebetrieb und damit unabhängig von einem teuren kabelabhängigen Stromanschluss arbeitet“. Hergestellt wurde es von der Firma Axentia aus Schweden und dem deutschen Produzenten von Haltestellen-Mobiliar Mabeg. Auch in Dresden ist das System schon erfolgreich im Einsatz.

Obwohl es in der Naumburger „Wilden Zicke“ noch lange einen Fahrschein mit dem Loch der Schaffnerzange geben wird, soll bald der nächste digitale Schritt erfolgen: die Einführung des elektronischen Tickets. „Die Smartphones der Fahrerinnen und Fahrer können bereits jetzt die Chipkarten des Mitteldeutschen Verkehrsverbundes prüfen, die auch in der Straßenbahn gelten. Demnächst soll auch das Handy-Ticket, das von der Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt GmbH vorbereitet, hinzukommen. Ob damit später noch der Verkauf von verbundweiten Papier-Tickets erfolgt, hängt von der allgemeinen Entwicklung ab. Denn in den größeren Städten werden Fahrkarten-Automaten immer seltener genutzt“, heißt es in der Mitteilung weiter.

Zukunftsmusik, die jedoch mit dem jetzigen Schritt vorbereitet wurde, ist außerdem die digitale Steuerung der Weichen auf der künftigen Ringbahnstrecke. Andreas Plehn dazu: „Die Bevorrechtigung der Straßenbahn im Straßenverkehr erfolgt heute schon ohne mechanische Kontakte an der Fahrleitung, sondern per Datentelegramm an die Steuerung der Lichtsignalanlage einer Verkehrskreuzung. Und wenn die Straßenbahn in Naumburg einen Ringschluss erfährt, sind Weichen zu stellen und die Fahrt im Gegenverkehr der eingleisigen Strecke zu regeln. Auch das wird dann digital geschehen.“

Am Freitag hat die Straßenbahn GmbH das neue digitale System vorgestellt und dabei den Sponsoren gedankt, die dessen Einführung im Wert von 25.000 Euro unterstützten. Es sind dies die Michael und Petra Sboralski-Stiftung, die Technische Werke Naumburg GmbH und die Prozero Energy Zorbau GmbH.