Schlossmuseum Schlossmuseum: Ein Kunstwerk kehrt heim
Merseburg/MZ - Dass ein Kunstwerk am Haken eines Krans das Merseburger Schlossmuseum erreicht, ist ein nicht alltäglicher Vorgang. Eine Tonne wiegt die Grabplatte mit dem Bildnis der Bürgersfrau Magdalena Tammendorf, besser bekannt als die „Pestnonne“ vom Stadtfriedhof. 1585 hatte ein unbekannter Künstler den mächtigen Sandstein bearbeitet. Zuletzt war sie in Thüringen restauriert worden. „Es ist ein Meisterstück. Nicht nur auf der Vorderseite“, schwärmt Museumsleiterin Karin Heise. Sie sei erfreut, die „wertvolle Darstellung“ ab sofort in der Dauerausstellung zeigen zu können. Frau Tammendorf erhält ihren Platz in der Renaissance- und Reformationsabteilung.
„Wir sind glücklich und erleichtert, dass die Grabplatte jetzt sicher ist“, sagt Merseburg-Historiker Peter Ramm vom Altstadtverein. Die „Pestnonne“ war Anfang Juli vergangenen Jahres vom Stadtfriedhof gerettet worden. Dort hatte sich am 18. Mai 2012 einer der größten Kunstraube in der jüngeren Geschichte der Stadt abgespielt. Sechs wertvolle Sandsteinfiguren aus dem Barock waren vom Gottesacker verschwunden (siehe „Keine Spur zu Tätern“). Danach ging die Angst um, die Räuber könnten es auch auf die „Pestnonne“ abgesehen haben, eines der ältesten Stücke vom Stadtfriedhof, der im Pestjahr 1581 angelegt worden war. Meißelspuren hatten die Furcht beim Altstadtverein und der Kirche geweckt.
Dank der Unterstützung der Sparkasse, des Landkreises und des evangelischen Kirchspiels Merseburg konnte das Original nicht nur restauriert werden. In der Werkstatt der Firma Pons Asini im thüringischen Mellingen wurde auch eine Replik gefertigt. Das Duplikat aus einem Edelstahlkorb mit Betonkern sowie einer Ummantelung aus einem mineralischen Material soll in der Friedhofsmauer verbleiben. Laien sehen allenfalls den Unterschied im helleren Farbton der Kopie. Rund 13 000 Euro hat das Gesamtprojekt gekostet.
„Nach dem Kunstraub sind die Leute wachsamer geworden“, sagt Peter Ramm und hofft, weitere der kunstvollen Gräber sowohl restaurieren als auch sichern zu können. Umwelteinflüsse sowie vereinzelt auch Vandalismus haben an einigen Ruhestätten ihre zerstörerischen Kräfte hinterlassen. Auch das Duplikat der „Pestnonne“ wird mit der Zeit verwittern - obwohl der Werkstoff aus einer Spezialmixtur besteht, die UV-beständig ist.
Für das Original wurde der Stellplatz im Museum indes mit Bedacht gewählt. So hatte Magdalena, eine Hallenserin, im 16. Jahrhundert den Merseburger Stadtrichter Casper Tammendorf geheiratet. Dessen Vater war Magister und einer der ersten Pfarrer und Reformatoren in der Stadt. Luthers Weggefährte Melanchthon soll ihn nach Merseburg empfohlen haben. Nonne war Frau Tammendorf nicht, Ordensschwestern habe es in Merseburg nie gegeben, erzählt Historiker Ramm. Die Bezeichnung „Pestnonne“ führt er auf eine Fehldeutung ihres Gewandes zurück.