Saalekreis Saalekreis: Internationales Flair beim Phantastango-Festival
Braunsbedra/MZ. - Es gibt Leidenschaften, die Menschen zu allerlei Verrücktheiten treiben - zumindest sieht es für Außenstehende, die diese Leidenschaft nicht teilen, oft so aus. Eine dieser Leidenschaften ist die Musik und das Tanzen, im speziellen Falle der "Tango Argentino". Hier vermischen sich Klänge und Bewegungen zu einer leidenschaftlichen und fließenden Einheit. Im Ursprungsland Argentinien ist die Tanzmusik sogar ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Touristen aus aller Welt kommen in das Südamerikanische Land, einfach nur zum Tanzen.
Auch in Braunsbedra hat sich in den vergangenen Jahren ein Tango-Festival etabliert, das "in seiner Form einzigartig in Deutschland, wenn nicht gar Europa ist", wie Andreas Reichel sagt. Er ist einer der drei Organisatoren von "Phantastango". In der Pfännerhall lebten, kochten, musizierten und tanzten in den vergangenen neun Tagen 240 Menschen aus der ganzen Welt. Niederländer, Spanier, ja sogar Amerikaner und Gäste aus China gaben sich im Geiseltal ihrer Leidenschaft hin.
"Es ist eine sehr internationale Szene", erzählt der Dresdner Reichel. "Tangotänzer verstehen sich auf der ganzen Welt, es ist eigentlich eine Sprache", sagt der 46-jährige Lehrer lächelnd. Dabei sei der argentinische Tango nicht so extrovertiert, wie er oftmals nach außen dargestellt werde. Da gäbe es reine Show-Paare, die nur auf Bühnen tanzten und so das Bild des Tangos prägten. "Eigentlich ist es aber ein sehr intimer Tanz, bei dem es immer um die Verbindung zum Partner geht", alles sei letztlich Kommunikation im Paar, so Reichel.
Die Besonderheit einer Milonga, also eines argentinischen Tanzabends, sei aber, dass keiner am eigenen Tanzpartner klebe, "es wird oft gewechselt", erklärt Organisator Reichel. So verwundert es dann auch nicht, dass in der Braunsbedraer Pfännerhall zwei Frauen zur Musik des Tango-Orchesters über die Tanzfläche schweben. Das Orchester wird ebenfalls von den Teilnehmern des Festivals gestellt. Wer Lust hat und ein Instrument spielen kann, übt gemeinsam mit anderen und hat so die Möglichkeit, sich auch mal von einer anderen Seite dem Tango zu nähern.
Abend für Abend, oder eher Nacht für Nacht, lockt hier eine Milonga zum Tanz. Bis fünf Uhr morgens spielt Musik, tagsüber werden verschieden Workshops von angesehen Tanzlehrern angeboten. Auch Yoga-Kurse sind im Angebot. "Es soll auch ein besonderer Urlaub für Tangofans ein", sagt Reichel. Wie Urlaub sieht es dann auch neben der sanierten Maschinenhalle aus: Zelte stehen hier dicht an dicht, vor Wohnmobilen sitzen Menschen und plaudern miteinander, viele sprechen Englisch, in einem Planschbecken vergnügen sich Kinder.
"Zu Beginn des Festivals musste man sich erst beschnuppern, inzwischen kennt man sich", sagt die 38-jährige Maria. Sie kommt mit Ehemann und ihrer elfjährigen Tochter aus Köln und ist zum ersten mal bei "Phantastango" dabei. "Wir wollten schon im vergangenen Jahr herkommen, haben aber keine Karten mehr bekommen. Ich bin aber total begeistert von der Atmosphäre, die hier in der Luft ist", so die Tänzerin, die sonst in einem kleinen Künstlercafé arbeitet.
Die Plätze für das inzwischen siebente internationale Tanz-Camp sind auf 240 Stück begrenzt - und äußerst begehrt. "Wir haben am 1. April über das Internet mit dem Verkauf begonnen. Innerhalb einer Viertelstunde waren alle Karten weg", erzählt Reichel.
Nach neun Tagen Tango, Musik und Zelten haben hier wohl die wenigsten genug von ihrer Leidenschaft. "Von mir aus könnte ich den ganzen Sommer hier bleiben, man lernt viele nette Leute kennen, die das gleiche Hobby teilen. Besser geht es eigentlich nicht", freut sich Maria. Muskelkater hat sie übrigens nicht mehr. "Am Anfang haben meine Beine und die Schultern wehgetan. Das war aber ein schöner Schmerz", lächelt sie.