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Hohe Auszeichnung Hohe Auszeichnung: Hartnäckiger Streiter für Denkmäler

Von Elke Jäger 03.07.2002, 12:15

Merseburg/MZ. - "Einfach gefreut" habe er sich, als die Einladung vom Ministerpräsidenten Sachsen-Anhalts zur Festveranstaltung am 3. Juli in Magdeburg im Kasten lag, beschreibt Peter Ramm seine Gefühle, und ein frohes Lächeln strahlt aus seinen Augen. Ja. Was bedarf es da noch großer Worte. Sein jahrzehntelanges Engagement für Denkmalpflege und Regionalgeschichte wurde am Mittwoch mit der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes gewürdigt.

Eine Gruppe Merseburger Bürger hatte, parteienübergreifend und mit dem Landrat im Bunde, den Vorschlag unterbreitet. Als Anerkennung für seine Verdienste um das Gemeinwohl, seine Zivilcourage in komplizierter Zeit und seinen Einsatz für die steinernen Zeitzeugen in der Region.

Ramm, der hartnäckige Denkmalschützer, der im Landkreis Merseburg schon als Institution gilt, ist so bekannt wie geschätzt - auch wenn ihn einige "draußen" lieber gehen als kommen sehen. Das weiß

der Mann, doch gegen das "Verhinderer-Klischee" wehrt er sich. Große Konfliktfälle aus den letzten Jahren fallen ihm gar nicht ein, kleinere Meinungsverschiedenheiten gab und gibt es natürlich. "Um zwei Prozent" liege das Konfliktpotential, schätzt Ramm, alles andere lasse sich im Konsens klären.

Als er Mitte der 60er Jahre nach Merseburg zog, gab es die heute verschwundenen Viertel noch. Rund um den Sixti-Hügel, der dann abgehobelt und mit gleichförmigen Neubau-Quadern bestückt wurde, schlug das Herz der alten Stadt.

Schmale Gassen, reizvolle Winkel, krumme Wände, geduckte Häuser, kaum Komfort - aber Authentizität. Die später verrohrte Geisel wand sich durch das Viertel, die teilweise vier Meter hohe Stadtmauer hatte den Jahrhunderten getrotzt. Und an der Saale, an der Ölgrube, standen noch die letzten Gerberhäuser.

Nur noch Fotos erinnern heute daran. Und Ramm, der sich gut an die ohnmächtige Wut besinnt, die er damals empfand, ringt seither vehement um die Reste der noch erhaltenen Merseburger Innenstadt. Der bereits eingeplante weitere großflächige Abriss im Zentrum 1989 konnte - auch dank des politischen Umbruchs - gerade noch verhindert werden. Damals sah der Kunsthistoriker gute Chancen für einen Neubeginn.

Der Architektenwettbewerb 1990 zur Gestaltung der Merseburger Innenstadt erbrachte mutige, akzeptable Lösungen. Leider, bedauert Ramm heute, blieben die meisten Vorschläge Papier. Das so hoffnungsfroh begonnene Stadtkonzept konnte nicht durchgesetzt werden. Ganz aufgegeben hat er die Hoffnung freilich nicht.

Andererseits ist vieles in Bewegung geraten, konnten zahlreiche historisch wertvolle Bauwerke vor dem Verfall gerettet oder instandgesetzt werden. An erster Stelle steht dabei die Neumarktkirche, aber auch die Michaeliskapelle im Dom, eine ganze Reihe Kirchen und Kirchtürme im Landkreis einschließlich ihrer Orgeln.

Stolz wie ein Vater ist Ramm auf das jetzige Museumskonzept, die restaurierte Hofstube, die neu erschlossenen Kellergewölbe, die regionalgeschichtlichen Ausstellungen mit Bezug zum Schloß. Gegenwärtig entsteht der Verbindungstrakt zwischen Ost- und Westflügel, den will er auf jeden Fall noch fertig erleben. So schiebt er den Gedanken ans Aufhören erst mal beiseite - eben "weil noch so viel zu tun ist im Hause".

Aus dem politischen Geschehen hat sich der Mitbegründer und damalige Erste Sprecher des Neuen Forums zurückgezogen. Das Forum habe "seine Schuldigkeit getan", schaut er zurück. "Die vielen Ströme, die darin eingeflossen sind, haben sich wieder ihr Bett gesucht" - trotz allem auch eine schmerzliche Erfahrung.

Vielleicht, sinniert er, müsste es immer mal wieder so eine Bürgerbewegung von unten heraus geben. Um sich zu wehren gegen staatliche Entscheidungen, die ihm schwer nachvollziehbar oder gar unsinnig erscheinen. Wie die geplante Änderung im Denkmalschutzgesetz. Da meldet sich dann doch wieder der streitbare Geist.