Gestrandet in Merseburg Gestrandet in Merseburg: Wegen der Pandemie kommt Portugiesin nicht nach Hause
Merseburg - Eigentlich hatte Cátia Oliveira schon alles für den Heimatbesuch organisiert. Die Flugtickets nach Portugal waren gebucht. Am 14. März, nach Ende der Prüfungszeit, sollte es losgehen. Doch dann kam Sars-CoV-2 und machte der jungen Frau einen Strich durch die Reiseplanung: „Ich hatte das Gefühl, dass es gefährlich für meine Familie und mich wäre. Deswegen bin ich nicht geflogen.“
Neben Portugiesin rund 600 weitere gestrandete ausländisch Studierende in Merseburg
So sitzt die 29-Jährige jetzt 2.000 Kilometer von zu Hause entfernt, in ihrer Wohnung in Merseburg. Seit anderthalb Jahren lebt sie hier, nach ihrem Bachelor- und Masterstudium in Businesskommunikation, hat sie erst ein Jahr hier als Gasthörerin verbracht, um Deutsch zu lernen. Seit Herbst studiert sie nun im Master Informationsdesign und Medienmanagement.
Cátia Oliveira ist an der Merseburger Hochschule eine von insgesamt 592 ausländischen Studenten. Fast ein Fünftel der Immatrikulierten hat also keinen deutschen Pass. Für viele gelten nun in der Coronakrise Reisebeschränkungen. Aus China, Ursprung der Virusausbreitung, kommt die größte Gruppe der ausländischen Studierenden. Es folgen Indien und Marokko.
Studentin kommuniziert mit Familie über Skype und Facebook
Die portugiesische Masterstudentin berichtet, in ihrem Studiengang gäbe es mit ihr drei ausländische Studenten. Alle seien in den Semesterferien hiergeblieben. Für sie selbst wäre es vielleicht gar nicht das Problem gewesen, nach Portugal zu kommen, damals waren die Grenzen noch auf: „Aber zurückzukommen nach Deutschland wäre schwierig geworden.“
Statt am selben Tisch kann die Studentin mit ihrer Familie nun nur über Skype oder via Facebook kommunizieren. Die Verwandten berichten ihr dabei von noch strengeren Einschnitten ins normale Leben, als sie in Merseburg gelten.
Zusammenleben der Generationen Grund für starke Verbreitung des Viruses in Südeuropa
„In Portugal wurde der Notstand ausgerufen. Da darf man nur noch zum Einkaufen oder zur Apotheke gehen. Die Menschen, die älter sind als 70 Jahre, haben ein komplettes Verbot aus dem Haus zu gehen.“
Das betrifft auch Oliveiras Großeltern. Sie leben mit ihren Eltern unter einem Dach. Auch sie selbst habe dort gelebt, bevor sie nach Merseburg gegangen sei. Die Studentin sieht in diesem verbreiteten Zusammenleben der Generationen einen Grund, warum sich der Virus in Italien, Spanien und Portugal stärker ausgebreitet hat.
Studentin aus Portugal hofft auf Sommerbesuch in der Heimat
Sie selbst verfolgt die Entwicklungen auf der iberischen Halbinsel aus weiter Entfernung und wartet auf den Semesterstart. Den hatte die Hochschule zuletzt um zwei Wochen verschoben. Rektor Kirbs erklärte, am 19. April starten zu wollen, dann aber erstmal nur online. Cátia Oliveira findet das richtig. „Wenn wir jetzt Veranstaltungen mit 30, 50 Studenten hätten, wäre das gefährlich, viele leben ja auch in Wohnheimen.“
Dennoch hofft die 29-Jährige, dass es Mitte April tatsächlich mit dem (Online-)Semester losgeht, denn sonst würde sich das Semesterende im August weiter nach hinten verschieben. Und natürlich hofft sie, im Sommer ihren Heimatbesuch bei ihrer Familie nachholen zu können.
Positiv Denken in der Pandemie: „Es ist besser einen Menschen bei sich zu haben“
Bis dahin versucht Cátia Oliveira das Beste aus der Situation zu machen. Die Aufgaben für die Hochschule, die noch ausstanden, habe sie erledigt, derzeit mache sie einen HTML-Kurs. Ansonsten lese sie viel, spreche mit Familie und Freunden: „Ich versuche positiv zu bleiben, mache Dinge, für die ich sonst keine Zeit habe.“
Ganz allein ist sie in ihrem Merseburger Exil auch nicht. Sie teilt sich ihre Wohnung mit ihrem Freund. „Es ist besser einen Menschen bei sich zu haben“, sagt sie. „Ich habe einen Kommilitonen, der allein wohnt. Den trifft die Situation noch mehr.“ (mz)