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Basedow-Klinikum Chefarzt Merseburger Klinikum: Coronainfektion ist Gefahr für Schwangere

Der Betrieb der Geburtenstation läuft. Auch Väter dürfen Station besuchen. Der Chefarzt beobachtet hohe Rate an Früh- und Fehlgeburten bei Infizierten.

Von Robert Briest 19.12.2021, 15:15
Babybauch
Babybauch picture alliance / dpa/Symbolbild

Merseburg/MZ - „Die Geburtshilfe läuft uneingeschränkt.“ Es ist schon eine Nachricht, die deren Chefarzt Kurt Müller verkündet. Denn seine Station ist eine der ganz wenigen Abteilungen im Merseburger Basedow-Klinikum, in denen noch weitestgehend Normalbetrieb herrscht. Weite Teile des Krankenhauses sind wieder auf die personalintensive Betreuung von Covid-Patienten um-, alle aufschiebbaren Operationen und Behandlungen eingestellt. Doch die Geburt von Kindern lässt sich schwerlich aufschieben. So läuft die Arbeit im und um den Kreißsaal wie schon in den vorherigen Wellen weiter.

Müller klopft drei Mal auf Holz: „Bisher hatten wir keinen Coronaausbruch auf der Geburtsstation.“ Die ist aber auch keine Insel der Glückseligen. „Es schlagen immer wieder coronapositive Patientinnen bei uns auf, aber nicht in dem Maße, das man angesichts der allgemein hohen Inzidenzen erwarten könnte.“ Gleichwohl bedeuten solche Fälle für Müller und seine Mitarbeiterinnen erhöhte Vorsicht. „Im Umgang mit den Infizierten haben wir entsprechende Schutzausrüstung. Wir haben am Ende der Station auch einen Kreißsaal mit eigenem Sanitärbereich und auf der Station ein Isolationszimmer mit Schleuse.“

Nach der Erfahrung der Merseburger Geburtenstation ist die Coronainfektion für Schwangere und ihre Kinder ein besonderes Risiko. „Wir haben bei Infizierten eine hohe Rate an Früh- und Fehlgeburten“, berichtet der Chefarzt. Auch für die Mutter selbst bestehen Risiken: „Wir haben hier schon dramatische Verläufe gesehen, bis hin zum Tode einer Wöchnerin im Vorjahr.“

Müller rät daher den Schwangeren dringend zur Impfung. Deren Vorteile würden etwaige Nachteile deutlich überwiegen. „Die Frauen müssen sich keine Sorgen um Schäden beim Kind machen.“ Vielmehr werde das Kind durch die Impfung mitgeschützt. In der Praxis komme das Gros der werdenenden Mütter allerdings ungeimpft auf die Geburtenstation.

Noch eine andere quantitative Entwicklung hat Müller festgestellt: Nach dem Boom zum Jahresanfang sind die Geburten seit Oktober spürbar zurückgegangen. Das eigentliche Ziel, noch die 1000. in diesem Jahr zu schaffen, wird die Geburtenstation wohl nicht mehr erreichen. „Wir haben dann geguckt, ob es an uns liegt, dass die Frauen nicht mehr kommen.“ Doch Anrufe in benachbarten Kliniken hätten bestätigt, dass es dort ähnlich aussieht. Müller vermutet: „Vielleicht liegt es an der Krise, aber genau weiß man das nicht.“

Die Annahme passt allerdings zu gängigen Thesen der Sozialwissenschaft, dass gerade in anhaltenden Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit Geburtenzahlen zurückgehen. In Ostdeutschland war dieser Effekt besonders nach der Wende zu beobachten, als sich die Geburtenrate zeitweise mehr als halbierte.

So drastisch ist der Rückgang der Neugeborenen im Basedow-Klinikum aber bei weitem nicht. Dort gilt aktuell: Jeder der reinkommt, muss getestet werden. Das gilt auch für werdende Väter. Sie dürfen, sofern negativ getestet, trotz des sonstigen allgemeinen Besucherstopps im Klinikum dabei sein. „Die Geburt des eigenen Kindes kann man nicht wiederholen“, begründet Müller. Die Väter können Mutter und Kind auch auf der Wochenstation für eine Stunde am Tag besuchen, sagt der Chefarzt: „Das ist ja für die Bindung des Vaters wichtig.“ Allerdings gilt dort 2G. „Wer nicht geimpft ist, hat keine Chance zu besuchen.“