1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Köthen
  6. >
  7. "Stadt Aken" ist zurück: "Stadt Aken" ist zurück: Traditionsboot der Akener Kanuten wurde saniert

"Stadt Aken" ist zurück "Stadt Aken" ist zurück: Traditionsboot der Akener Kanuten wurde saniert

Von Sylke Hermann 06.06.2018, 12:07
Bootsbauer Dirk Maibuhr und Marcel Beelitz (hinten) präsentieren stolz das Boot „Stadt Aken“, das mit eigenen Mitteln finanziert wurde.
Bootsbauer Dirk Maibuhr und Marcel Beelitz (hinten) präsentieren stolz das Boot „Stadt Aken“, das mit eigenen Mitteln finanziert wurde. Heiko Rebsch

Aken - Geboren 1954 auf einer Werft in Postelwitz, einem Ortsteil Bad Schandaus, hatte das Traditionsboot der Akener Kanuten mit den Jahren ziemlich gelitten. Bis es im Sommer 2017 nicht mehr ging. Bis die morsch gewordenen Längsspanten, die das Boot stabilisieren sollen, den Sanierungsbedarf immer deutlicher zeigten.

Das Boot, erzählt man, sei an Land auch gar nicht mehr richtig trocken geworden. Die Außenhaut bestand aus Leinen. Was also sollte werden? Schickt man den Zehner-Canadier in Rente? Oder baut man ihn doch wieder auf? Was für eine Frage.

Keine jedenfalls für Franz Porsche, der zur Stammbesetzung des betagten Bootes gehört. Sein Herz hängt daran. Nun, da das Sportgerät zurück in Aken ist, saniert und wieder einsetzbar, kennt die Freude kaum Grenzen. Die nächste Reise ist längst organisiert - nun „mit einem schnittigen Wander-Canadier“, jubelt der 74-Jährige.

Der Zehner-Canadier trug früher einmal den Namen „Einheit“

Vergangene Woche nun feierten die Akener Kanuten die Rückkehr ihres gelieben CX. Mit den Herren der Schönebecker Bootsbaumanufaktur, die sich in vielen Arbeitsstunden dem Akener Patienten gewidmet hatten. „Das ist etwas ganz Besonderes, ein absoluter Klassiker“, schwärmt Dirk Maibuhr. „Das Boot musste unbedingt wieder aufgebaut werden. Es war gut“, lobt der Experte, „dass sich der Verein dazu entschlossen hatte.“

Der Zehner-Canadier trug früher einmal den Namen „Einheit“. Es gehörte der Sektion Kanu der BSG Stahl Aken. „Bis Anfang der 60er-Jahre“, erinnert sich Franz Porsche, „haben wir das Boot auch sehr intensiv für Wettkämpfe genutzt.“ Dann sei es irgendwie in Vergessenheit geraten, stand ungenutzt in der Bootshalle herum, nach und nach verfiel es, weil sich keiner mehr darum kümmerte.

1972 unternahm man einen Neuanfang, zumindest versuchte man es; offensichtlich aber nur halbherzig. Roger Gründling, heute Vorsitzender der Akener Kanuten: „Irgendjemand kam auf die Idee, unseren Canadier dem Kindergarten Lebensfreude in der Kaiserstraße zu schenken. Die wollten es in den Garten stellen und einen Sandkasten daraus machen.“

Das Kanu war durch die Flut 2002 stark beschädigt worden

So weit schien der Verein ja noch einverstanden. Als dann aber die Nachricht die Runde machte, man wollte das Sportgerät in drei Teile schneiden, „da bekamen wir ein schlechtes Gewissen“, gesteht Gründling - „wir haben uns entschuldigt und unseren Canadier mit der Jugendgruppe wieder abgeholt“.

Wieder entwickelte der Kanuclub den Ehrgeiz, den Zehner zu restaurieren. Er bekam eine neue Leinen-Haut und einen neuen Namen: „Goliath, wie der Riese“, erzählt Franz Porsche. Dann habe man das Boot sogar regelmäßig für Wanderfahrten genutzt - bis 2002 das schwere Hochwasser kam. „Goliath“ wurde an die Decke der Bootshalle gedrückt, zig Spanten waren daraufhin gebrochen. Wieder investierte der Verein: rund 300 Arbeitsstunden über vier Monate. „Zum nächsten Hochwasser waren wir schlauer und haben es auf die Terrasse gestellt“, schildert Gründling. Dort bliebt es verschont.

„Wir haben eine Bootswerft gesucht, die unser Traditionsboot noch einmal sanieren konnte“

Im vergangenen Sommer dann musste die Stammbesetzung sich eingestehen, dass der CX ihnen in diesem Zustand für keine weitere Wanderfahrt zur Verfügung stehen würde. Aber in Rente wollte man den Klassiker einfach nicht schicken.

Franz Porsche: „Wir haben eine Bootswerft gesucht, die unser Traditionsboot noch einmal sanieren konnte.“ An der Unstrut wurde man fündig. Doch dort war man bis Ende 2018 ausgebucht. Dass sich gerade zwei Mitarbeiter seinerzeit mit einer Bootsbaumanufaktur in Schönebeck an der Elbe selbstständig gemacht hatten, sollte den Akener Kanuten wie gerufen kommen.

Dort hatte man Zeit. Dort konnte man sich „Goliath“, der mittlerweile in „Stadt Aken“ umgetauft worden war, widmen. „Aber wir mussten das Boot bis Weihnachten 2017 bringen“, erzählt Franz Porsche. Dass die Kanuten damals noch gar keinen Plan hatten, wie sie die Reparatur bezahlen sollten, vergessen sie lieber, „aber dank vieler Sponsoren ist alles gut gegangen“, freut sich der Vereinschef.

Seit Mai ist das Boot zurück in Aken – und das schöner denn je

„Wir haben keine Sekunde gezweifelt, dass man unseren Canadier in Schönebeck wieder hinkriegt“, betont Franz Porsche. „Als wir die Haut abgezogen haben, wurden die Schäden erst richtig deutlich“, berichtet Dirk Maibuhr.

In der Kiel-Gegend zum Beispiel habe es „ein richtig tiefes Loch“ gegeben; außerdem habe der Zehner-Canadier nicht verbergen können, dass er schon einige Reparaturen hinter sich hatte, gerade am Kiel, dem Rückgrat des Bootes. „Es war zwar noch schwimmfähig, aber die Mängel waren optisch schon erkennbar“, fasst Marcel Beelitz die fachliche Begutachtung des Patienten zusammen. Jede Menge Arbeit also für die Manufaktur.

Seit Mai ist das Boot zurück in Aken, zu Hause. Und das schöner denn je. Wie ein Baby-Popo, findet Franz Porsche, fühle sich die Außenhaut jetzt an, die im Übrigen nicht mehr aus Leinen, sondern Epocydharz besteht. „Es ist schon ein Traum, dass unser Boot jetzt wieder in einem so guten Zustand ist“, ist auch der Chef der Kanuten, Roger Gründling, stolz auf das Ergebnis und überzeugt: „Das werden die nächsten Generationen auch noch fahren.“ (mz)

Weitere Informationen über das Traditionsboot der Akener Kanuten gibt es im Logbuch auf der Internetseite www.kanuclub-aken.de.

Endlich ist das Boot „Stadt Aken“ wieder beim Kanuclub angekommen.
Endlich ist das Boot „Stadt Aken“ wieder beim Kanuclub angekommen.
Heiko Rebsch