Pißdorfer Kirche Pißdorfer Kirche: Historische Turmuhr wieder in Betrieb

PIssDorf - Eine Frau stand am Samstag bei der kleinen Feier in der Pißdorfer Kirche im Mittelpunkt. Denn ohne Regina Michel aus Weißandt-Gölzau hätte es diese Feier nicht gegeben. Erst durch sie kam die historische Kirchturmuhr nach über 40 Jahren an ihren Bestimmungsort zurück, wurde es möglich, dass die eifrigen Mitglieder des Bauvereins der Kirche zu Pißdorf alle Hebel in Bewegung setzen konnten, um Uhrwerk und Zifferblatt zu sanieren bzw. zu erneuern. Um dann am Samstag auf diese gemeinsame Errungenschaft anzustoßen. „Ich freue mich und bin gerührt über diese tolle Leistung“, lobte die Gölzauerin den Verein.
Es sei ein „zarter Klang“, sagte der Vereinsvorsitzende Bernd Marschhausen, auch mit Rücksicht auf die Nachbarn, die sich erst wieder daran gewöhnen müssen, dass die Kirchturmuhr, die 1972 ihren Dienst quittierte, nun wieder jede Viertelstunde schlägt. Dreimal erklingt dazu die kleine und zu jeder vollen Stunde die große Glocke. Nur ein paar Feineinstellungen seien noch erforderlich.
Ihren Platz im Uhrenturm erhielt der Zeitmesser schon am 8. Juli. Uhrmacher Eckhard Wende aus Wendelstein, der das Uhrwerk wieder flott gemacht hat, war dazu extra von der Unstrut ins Osternienburger Land gereist. Am 15. August bekam die Kirchturmuhr dann noch ihr originalgetreues Zifferblatt zurück.
Denkwürdiger Tag auch für Regina Michel
Ein denkwürdiger Tag auch für Regina Michel, deren verstorbener Mann im August 75 Jahre alt geworden wäre, wie sie bei der kleinen Feier sagte. Sicher hätte es für ihn kein schöneres Geburtstagsgeschenk geben können, als die Uhr, die er 1979 von der Kirche für 150 Mark abgekauft hatte, weil sie dort keine Funktion mehr erfüllte, wieder an historischer Stelle schlagen zu hören. Der Uhrenliebhaber und Sammler hatte sie viele Jahre aufbewahrt und gut gepflegt, wie der Fachmann für Turmuhren und Glockentechnik aus Wendelstein dem Bauverein bestätigte. Der gute Zustand habe ihn überrascht, zitierte der Vereinsvorsitzende bei der Wiedereinweihung. Nach Recherchen des Vereins handelt es sich um die zweite Kirchturmuhr, die in Pißdorf ihren Dienst tut. Bereits 1720 soll an der Kirche, die im 13. Jahrhundert erbaut wurde, eine Uhr angebracht worden sein. Zu danken hatte der Vorsitzende des Bauvereins, Bernd Marschhausen, am Samstag aber nicht nur Regina Michel für ihre Schenkung, sondern auch dem Gröbziger Uhren-Liebhaber Hans-Joachim Buhle, der den Kontakt nach Wendelstein herstellte. Das sei ein Glücksgriff für den Verein gewesen. Das sanierte Uhrwerk habe nunmehr einen Wert von 25 000 Euro, ohne elektronische Schaltung und Zifferblätter. Dank galt ebenso der Schlosserei von Herbert Chwoika aus Merzien, die die kompletten Zifferblätter, Zeiger und die verzinkten Rahmenhalterungen in den Turmöffnungen spendete, so wie zuvor schon die Wetterfahne auf der Turmhaube. Die Firma Modzanowski stellte für den Einbau kostenlos eine Hebebühne zur Verfügung. Vieles wurde auch in Eigenleistung durch Vereinsmitglieder erbracht, vom Rückbau der Zifferblätter bis hin zur Verlegung von Kabeln und der Überarbeitung von Zeigerwerk und Getriebe. Und nicht zuletzt richtete sich der Dank des Vereins auch an die Mitteldeutsche Zeitung, durch deren Berichterstattung Frau Michel von den Bemühungen des Bauvereins erfuhr und die schließlich den Kontakt herstellte. Doch das alles wäre ins Leere gelaufen, wären da nicht die vielen privaten Spender gewesen, die insgesamt 10 000 Euro für Sanierung und den Wiederaufbau aufbrachten.
Nun hofft der Verein, auch noch anderen Einrichtungsgegenständen auf die Spur zu kommen, die einst in der Kirche standen. (mz)

