Nach tödlichem Streit in Köthen Köthen: Was wir zum Todesfall wissen - und was nicht
Köthen - In der Nacht zum Sonntag ist der 22-jährige Markus B. in Köthen (Kreis Anhalt-Bitterfeld) nach einer Auseinandersetzung mit zwei Afghanen gestorben. Die Betroffenheit in der Region ist groß, gleichzeitig gibt es Versuche, das traurige Geschehen auch politisch zu instrumentalisieren. Die Ermittlungen laufen zwar auf Hochtouren, haben aber auch gerade erst begonnen.
Die MZ gibt einen Überblick zum Todesfall von Köthen. Was wir wissen – und was nicht:
Wie starb der 22-Jährige?
Es soll eine Auseinandersetzung zwischen Markus B. und seinem Bruder auf der einen und zwei Afghanen auf der anderen Seite gegeben haben. Dabei soll der 22-Jährige zu Fall gekommen und mit dem Kopf aufgeschlagen sein. Laut Zeugenaussagen soll Markus B. von einem oder mehreren Afghanen gegen den Kopf getreten worden sein. Ursächlich für den Tod war allerdings nicht direkte Gewalt.
Bei der Obduktion am Sonntag wurde festgestellt, dass der junge Mann an Herzversagen gestorben ist. Das steht laut Staatsanwaltschaft „nicht im direkten kausalen Zusammenhang mit den erlittenen Verletzungen“. B. soll eine ernste kardiologische Vorerkrankung gehabt haben. Er hat nach Augenzeugenberichten nach dem Sturz zunächst noch gelebt und soll nicht geblutet haben, dann sei er aber blau angelaufen und kollabiert.
Wie kam es zum Streit?
Nach MZ-Informationen sollen zunächst drei Afghanen mit einer schwangeren deutschen Frau in einer Wohnung und dann weiter auf dem Köthener Karlsplatz, einem bei Jugendlichen des Viertels beliebten Treffpunkt, darüber gestritten haben, wer der Vater ihres noch ungeborenen Kindes sei. Unklar ist, ob sich die beiden Deutschen dort ungefragt in eine nicht-körperliche Auseinandersetzung eingemischt haben – oder der Frau beistanden, weil sie um Hilfe rief.
Was weiß man über die Beteiligten?
Der dritte Afghane soll sich an der körperlichen Auseinandersetzung nicht beteiligt haben. Die beiden anderen Afghanen – der Hauptverdächtige ist 20, der zweite 18 Jahre alt - sollen polizeibekannt sein. Der eine soll eine Aufenthaltserlaubnis haben, der zweite hingegen sollte eigentlich bereits abgeschoben werden. Das wurde nach MZ-Informationen bisher verhindert, weil die Staatsanwaltschaft gegen ihn wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelte.
Im Prinzip hätte der Mann aber mittlerweile abgeschoben worden sein sollen, nachdem die Ausländerbehörde des Kreises Anhalt-Bitterfeld erneut bei der Staatsanwaltschaft Dessau vorstellig geworden ist. Die Staatsanwaltschaft soll am vergangenen Donnerstag nun grünes Licht für die Abschiebung gegeben haben - das entsprechende Schreiben hat den Kreis aber noch nicht erreicht. Bei dem zweiten beteiligten Deutschen soll es sich um den 27-jährigen Bruder von Markus B. handeln. Er soll den Behörden als Rechtsextremist aufgefallen sein.
Hat die Tat einen politischen Hintergrund?
Derzeit gibt es keine Hinweise auf einen politischen Hintergrund, weder von Seiten der Afghanen noch von Seiten der Deutschen.
Wie reagiert die Politik?
Über alle Parteigrenzen hinweg äußerten sich Politiker betroffen über den Tod des 22-Jährigen. Darüber hinaus gab und gibt es Befürchtungen, das tragische Geschehen können zu einer Eskalation wie in Chemnitz führen, wo nach dem Tod eines 35-jährigen Deutschen - mutmaßlich erstochen von zwei Migranten - Extremisten aufmarschierten und es zu Ausschreitungen kam.
„Wir setzen darauf, dass es bald belastbare Informationen geben wird und sich alle verantwortungsbewussten Menschen entschieden gegen Versuche einer Eskalation - wie sie Chemnitz erlebt hat – wenden. Jegliche Versuche von Selbstjustiz müssen verhindert werden“, sagte etwa Linksfraktionschef Thomas Lippmann. Der Kirchenpräsident der Landeskirche Anhalt, Joachim Liebig, sagte bei einer Trauerfeier am Sonntagnachmittag , der Tod eines Menschen durch Gewalt sei der zentrale Punkt dieses Tages „und die Frage, wie wir als Gemeinschaft darauf reagieren“.
Die Reaktion dürfe nicht laut und aggressiv sein, aber auch nicht gleichgültig und desinteressiert. Wut und Ärger mögen ihren Platz haben, aber nur kurz, denn „Wut ist ein schlechter Ratgeber“. Man müsse verhindern, dass der Tod eines Menschen benutzt, instrumentalisiert werde, um ganz andere Themen auf die Tagesordnung zu heben. Liebig sprach über die sichtbar werdende Spaltung der Gesellschaft und betonte, „dass wir bei aller Unterschiedlichkeit Gemeinschaft brauchen“. (mz)