Gelungener Gerstensaft Gelungener Gerstensaft: Köthener Brauhaus stellt wieder eigenes Bier her

Köthen - Noch sieht das Produkt etwas trüb aus. Aber allemal schon wie richtiges Bier - von goldener Farbe, mit einer schönen Blume, mit Luftbläschen, die perlenschnurartig in der Flüssigkeit herumschwimmen. Was da im Glas zu sehen ist, ist aber mehr. Es ist eine Renaissance, eine Wiedergeburt - denn sehr lange ist in Köthen, immerhin einer früheren Biermetropole, kein Bier mehr gebraut worden. Seit sechs Jahren, um genau zu sein.
Seit Mittwoch läuft im Köthener "Brauhaus" wieder eigenes Bier durch den Zapfhahn
Nun läuft seit Mittwochnachmittag in Stephan Nickels „Brauhaus“ wieder Bier durch den Zapfhahn das tatsächlich im eigenen Haus gebraut wurde. Einen 800-Liter-Sud hatte Prof. Jean Titze von der Hochschule Anhalt nach erneuter Inbetriebnahme Anfang September angesetzt (die MZ berichtete) und das Bier seitdem reifen lassen. Ein „schwachgehopftes Helles“, um zu verhindern, dass der Geschmack des Hopfens eventuelle kleine anlagenbedingte Geschmacksfehler überdeckt.
Am Dienstag wurde nun damit begonnen, den zur Trinkfähigkeit herangereiften Gerstensaft, ein Lagerbier, zu filtern. Nicht zuletzt durch das Entfernen der Hefe, kommen im filtrierten Bier noch einmal ganz andere Geschmackskomponenten zum Vorschein. Allerdings hatte man nur einen kleinen Filter zur Verfügung, so dass sich die Prozedur lang genug hinzog, um nach einer bestimmten Menge abzubrechen.
Ein Teil des Köthener Bieres wird als Zwickel oder Kellerbier ungefiltert ausgeschenkt
So wird nur ein Teil davon gefiltert direkt in den Schanktank geschlaucht und als klassisch bayerisches filtriertes Hell in die Gläser kommen, „der andere Teil wird als Zwickel beziehungsweise Kellerbier ungefiltert ausgeschenkt“, sagt Stephan Nickel. Ab Donnerstag, wie der „Brauhaus“-Chef sagt - über Nacht soll sich das Bier noch mal beruhigen, ehe es durch trockene Kehlen rinnen kann. Damit kann man aber auf alle Fälle sagen, dass der Test gelungen ist. Der Test nämlich, ob es nach der langen Pause im „Brauhaus“ überhaupt möglich ist, mit der vorhandenen Technik wieder ein qualitativ hochwertiges Bier zu produzieren.
Was in erster Linie an Jean Titze liegt. Der ist Professor für Lebensmitteltechnologie an der Hochschule Anhalt, gleichzeitig Brauherr für die schon legendäre „Campuskrone“, die an der Hochschule hauptsächlich zu Schulungs- und Forschungszwecken in bescheidenen Mengen gebraut wurde und wird, und darüber hinaus hat der Mainzer Titze vor Jahren in Irland eine Brauerei geleitet. Mit ihm hat sich das „Brauhaus“ nicht nur den richtigen Mann für die Herstellung des Suds an Bord geholt, sondern auch den Experten, der die Bier-Zukunft des Gasthauses am Lachsfang begleiten soll.
Den 800 Litern Testbier sollen weitere Brauvorgänge folgen
Denn natürlich verfolgt die Bier-Probe das Ziel, daraus eine dauerhafte Einrichtung werden zu lassen. Den 800 Litern Test-Bier sollen weitere und weitere und weitere Brauvorgänge folgen. Das dafür notwendige Personal hat man schon gefunden, die fachliche Unterstützung des Brauers in spe durch Professor Titze ist inzwischen in Form eines Beratervertrages gesichert. Und auch darüber hinaus bleibt die Zusammenarbeit zwischen Hochschule und „Brauhaus“ bestehen.
Auch in punkto Vertrieb hat sich seit September einiges bewegt, wie Stephan Nickel sagt. „Die Abnehmer für das Produkt stehen in den Startlöchern“, sagt der Gastronom. Denn: Die Menge an Bier, die man in den großen Kesseln im „Brauhaus“ herstellen kann, wäre allein in der eigenen Gaststätte nicht absetzbar. Daher war es wichtig, vor dem eigentlichen Startschuss die notwendigen Vertriebspartner zu gewinnen. „Das hat Kopfschmerzen bereitet, aber es ist gelungen.“
Der Name, unter dem das Bier ab 2019 angeboten werden soll, ist noch geheim
So wie das erste Bier. Das nicht nur wie Bier aussah, sondern auch, als Direktabnahme vom Lagertank, ausgesprochen lecker schmeckte. Wenn ab Frühjahr 2019, dem anvisierten Starttermin für die Dauerproduktion im „Brauhaus“, ähnliche Qualität angeboten wird, sollte der Absatz gesichert sein. Und dann wird man auch den Namen verkünden, unter dem das neue Köthener Bier der Kundschaft angeboten werden soll. Den gibt es zwar schon, „aber noch ist er geheim“, sagt Stephan Nickel. (mz)
