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Wut und Frust bei trauernder Familie Gedenkstelle für zweifachen Vater in Köthen wird immer wieder verwüstet

Von Stefanie Greiner 14.05.2021, 10:56
Die kleine Gedenkstelle am Güterseeweg ist für die beiden Kinder ein wichtiger Ort zum Trauern. Sie wird jedoch immer wieder verwüstet.
Die kleine Gedenkstelle am Güterseeweg ist für die beiden Kinder ein wichtiger Ort zum Trauern. Sie wird jedoch immer wieder verwüstet. (Foto: Stefanie Greiner)

Köthen - Die beiden Grablichter sind umgestoßen. Die Blumenschale auch. Eine zweite liegt einen Meter daneben. Einfach weggetreten. Die Kinder wenden ihren Blick ab. Traurig, verzweifelt. Es tut unendlich weh, die kleine Gedenkstelle für ihren Vater so verwüstet zu sehen.

Zweimal in der Woche kommen sie hierher. Hierher, an den Stein unweit der Brücke am Güterseeweg in Köthen. Hier hat ihr Papa vor knapp einem Jahr sein Leben verloren. Den Verlust begreifen können der Zehnjährige und seine achtjährige Schwester nicht. Ihre Namen sollen an dieser Stelle keine Rolle spielen. Die Kinder hoffen jeden Tag, dass er einfach zur Tür hereinkommt. Dass die Welt wieder in Ordnung ist.

Es war der 26. Juni 2020. Ein heißer Sommertag. Die Schule ist vorbei, die Geschwister verbringen den Nachmittag mit ihrer Mutter im Garten. Sie freuten sich schon am Vortag darauf, hatten ihrem Papa davon erzählt. Die Eltern leben seit einigen Jahren getrennt.

Wenige Stunden später ereilt die Kinder die schreckliche Botschaft. Ihr Vater ist bei einem Verkehrsunfall gestorben. Mit einem Motorrad war der 43-Jährige auf dem Güterseeweg unterwegs. Er stieß auf der Brücke mit einem entgegenkommenden Traktor zusammen, verstarb noch an der Unfallstelle. Von einem Moment auf den anderen bricht für die Kinder eine Welt zusammen.

Es fällt ihnen schwer, über den Verlust zu reden. Sie ziehen sich zurück, verarbeiten die Trauer auf ihre Weise. Ihre Mutter versucht alles, um ihnen zu helfen, doch das Loch in ihren Herzen schließen kann auch sie nicht. „Bis heute hat keiner gefragt, wie es den Kindern geht.“ Sie hatte gehofft, dass der Traktorfahrer sich meldet. Vielleicht nicht Tage, vielleicht aber Wochen oder Monate später.

Der Unfallort ist für ihre Kinder ein wichtiger Platz zum Trauern. Wichtiger noch als die Grabstelle auf dem Friedhof. Sie fühlen sich ihrem Papa hier besonders nah. Grüßen ihn, wenn sie ankommen. Verabschieden sich, wenn sie gehen. Sie bringen ihm Blumen, Figuren und Bilder mit. Doch wieder und wieder liegen die ganz wo anders, sind umgestoßen, weggeworfen, gestohlen. Seit Monaten geht das schon so.

„Woche für Woche wird hier randaliert“, schimpft die Schwester des Unfallopfers. Sie kann nicht verstehen, warum jemand Kindern so etwas antut. „Das ärgert mich“, sagt der Zehnjährige. „Und macht mich traurig.“ Tränen kullern über seine Wangen. Seine Mutter nimmt ihn liebevoll in den Arm.

An ein Versehen glaubt keiner - Angehörige nicht, Freunde nicht. Sie wünschen sich, dass die Gedenkstelle endlich in Ruhe gelassen wird, damit die Kinder hier trauern können - ohne sich ärgern zu müssen, dass wieder etwas weggetreten oder mitgenommen wurde.