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Wahre Geschichte eines Zeitzeugen

Von Andreas Richter 10.05.2006, 17:36

Annaburg/MZ. - Doch wie erwähnt, es mussten sich zunächst alle in Geduld fassen. Die Neuntklässler waren pünktlich im Amtshaus, von Seiten der Bibliothek war alles vorbereitet, nur eben Gisela Karau fehlte. Letztlich war es wohl ein Fehler in der Zeitübermittlung, der zur Verspätung führte. Deswegen hielt sich die Berlinerin auch nicht lange bei der Vorrede auf. Das hielt aber Bibliothekarin Waltraud Meißner nicht davon ab, kurz zu bemerken, dass auch sie sich besonders über den Besuch von Gisela Karau freute. Denn: "Ihre Bücher, speziell die Mädchenbücher, waren Lektüre in meiner Jugendzeit. Und die ist schon eine ganze Weile her." Gisela Karau feiert in diesem Jahr übrigens ihren 70. Geburtstag.

Doch Bücher schreiben und darüber reden, scheint jung zu halten. Die Autorin schien es zu genießen, vor so jungen Leuten zu sprechen und Passagen aus ihrem Buch vorzulesen. Einem Werk, das so mancher bereits aus seinen DDR-Jugendtagen kennt. "Der gute Stern des Janusz K.", so der Titel des 30 Jahre alten Buches.

Darin geht es um die Geschichte von 200 polnischen Jungen, die im September 1939 in das Konzentrationslager Buchenwald gebracht werden. Dort nimmt sich ihrer Robert Siewert an, Maurer und Gefangener, der das Leben der Jungen unbedingt retten möchte. Inmitten der Hölle von Buchenwald kommt ihm die Idee, eine Maurerschule zu gründen, den jüngsten Häftlingen damit eine Perspektive zu geben.

Eine Geschichte, die auf wahren Begebenheiten beruht. So gab es Robert Siewert wirklich, Gisela Karau kannte ihn persönlich. Seine Erlebnisse hat sie verarbeitet, wollte mit dem Buch nicht nur historisches Wissen vermitteln, sondern in Zeiten rechtsradikaler Tendenzen jungen Leuten eine Wirklichkeit vor Augen führen, die auch Jahrzehnte später nichts von ihrem Grauen eingebüßt hat.

Dieses Anliegen passte natürlich perfekt in das Konzept der derzeit laufenden Projekttage. Neben anderem hatten sich die Klassen im Geschichtsunterricht mit verschiedenen Aspekten beschäftigt, hatten aber auch das ehemalige Konzentrationslager in Sachsenhausen bei Berlin besucht.