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Weingut Langer Wunschzettel bei Ingo Hanke in Jessen

Ingo Hanke vom gleichnamigen Jessener Weingut zieht Bilanz und hofft auf ein wirtschaftlich besseres Jahr. Welchen Wegbegleiter er loswerden will.

20.04.2021, 09:07
Beim  letzten  Weinfest  auf dem  Jessener  Weingut Hanke haben die  Elbaue  Musikanten das Publikum  bestens  unterhalten.
Beim letzten Weinfest auf dem Jessener Weingut Hanke haben die Elbaue Musikanten das Publikum bestens unterhalten. Foto: Frank Grommisch

Jessen - „Wir haben die gesunde Korona“, weist Ingo Hanke scherzhaft auf eine schmackhafte Erdbeersorte hin, die bei den Kunden des Jessener Familienbetriebs sehr beliebt ist. Mit diesem Satz schafft der Winzer nahtlos den Übergang auf das Jahr 2020, das aus seiner Sicht gleichzeitig aus Kalender und Kopf gestrichen gehört.

Nach dem Beginn der Corona-Pandemie mit anschließender Stadtsperrung marschieren die Eisheiligen gnadenlos durch die Reihen und vernichten 60 Prozent der Weinernte. Die Süßkirschen und Äpfel hat es ebenfalls erwischt, erzählt der 50-Jährige, die mit Vlies abgedeckten Erdbeeren haben den Spätfrost fast schadlos überstanden. Der Kunde, so Hanke, setzt ebenfalls klare Prioritäten. Ein Apfel muss nicht nur schmecken, sondern auch makellos aussehen. Wenn dieser eine Schadstelle aufweist, wird er nicht gekauft.

Lust auf Feierlichkeiten

Der Sommer, sagt er, sei aus wirtschaftlicher Sicht, normal gelaufen. Die Gastronomen haben wieder Wein bestellt, der Tourismus ist langsam angelaufen. Was gefehlt habe, sind Feste im eigenen und anderen Bundesländern. Vor allem bei den Veranstaltungen auf dem Weingut an der Alten Schweinitzer Straße habe man gemerkt, dass die Menschen Lust auf Feierlichkeiten haben. Selbst wenn die Corona-Bestimmungen nur eine begrenzte Personenzahl zugelassen haben. Aufgrund des erwähnten Spätfrostes sei die Weinernte in zwei Etappen über die Bühne gegangen.

Zuerst sind die von den Eisheiligen verschonten Trauben abgeschnitten worden, später all die, die sozusagen ihren zweiten Frühling erlebt haben. „Die sind noch einmal aufgeblüht. Zwischen den Ernten lagen etwa drei Wochen“, so der Winzer, der sich 2021 gnädige Eisheilige wünscht. Andererseits: „Unsere Arbeit findet in der Natur statt. Es gibt trockene und nasse Jahre, Wind, Hagel, Schnee und Schädlinge“, lässt er sein Berufsleben Revue passieren.

Der Winter hat keinen Schaden angerichtet. Trotz Schnee und Temperaturen kurz vor minus 20 Grad. Der Winzer, der bei Weinprämierungen auf Landes- und Bundesebene schon etliche Preise gewonnen hat, spricht von grenzwertig, mit vor Ort gemessenen minus 18 Grad sei der Kelch gerade so an ihm vorbeigegangen. Auf insgesamt 15 Hektar (mehrere Flächen) sind insgesamt acht Weiß- und fünf Rotweinsorten angebaut.

Ingo Hanke hat keinen Favoriten, er wählt den Rebensaft je nach Stimmung und Essen aus. Die Palette reicht von Traminer bis Spätburgunder. Hat sich der Schlosskirchenwein (die MZ berichtete) zum erhoffen Verkaufsschlager entwickelt? „Wenn keine Touristen ins Besucherzentrum nach Wittenberg kommen...“

Sehnsucht nach Normalität

Wenn der Winzer über das laufende Jahr spricht, folgt des Öfteren der Zusatz - falls es möglich ist. Er erzählt vom Erdbeer-, Hof- und Weinfest, 13 vorrätigen Sorten und der Sehnsucht nach Normalität. „Corona ist nun schon ein Jahr unser Wegbegleiter und hat neben dem Spätfrost deutliche Spuren hinterlassen.“ Er persönlich hofft, dass den Leuten die Lust am Wein trinken nicht vergangen ist. „Und der Durst.“

Die im März 2020 eingeweihte Elektrotankstelle hat bisher für keinen Kundenandrang gesorgt. Hanke erzählt, dass dort hin und wieder schon ein fremdes Auto im Rahmen eines Weinverkaufs mit ausführlichem Gespräch gestanden habe, aber genau genommen sei er der einzige Stammkunde. Am Namen der eingangs erwähnten Erdbeersorte wird es nicht liegen. Eher am verhaltenen Interesse an E-Mobilität. (mz/Thomas Tominski)

 Der Jessener Winzer Ingo Hanke hat 2020 bei der Bundesweinprämierung für seinen Chardonnay und Riesling jeweils  Gold erhalten.
Der Jessener Winzer Ingo Hanke hat 2020 bei der Bundesweinprämierung für seinen Chardonnay und Riesling jeweils Gold erhalten.
Foto: Thomas Tominski