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Protest zum Nahost-Konflikt Was die Demonstration auf Halles Markt für die Jüdische Gemeinde bedeutet

Der Konflikt im Nahen Osten sorgt in Halle für Besorgnis. Die Sicherheitsbehörden sind alarmiert. Polizei sichert Anti-Israel-Demo auf dem Markt.

Von Dirk Skrzypczak 14.05.2021, 10:06
Am späten Donnerstagnachmittag hatten sich 200 Demonstranten zu einer Anti-Israel-Demo auf dem Markt versammelt.
Am späten Donnerstagnachmittag hatten sich 200 Demonstranten zu einer Anti-Israel-Demo auf dem Markt versammelt. Foto: Dirk Skrzypczak

Halle (Saale) - Die Eskalation der Gewalt im Nahen Osten sorgt auch bei der Jüdischen Gemeinde in Halle für große Besorgnis. „Ich verfolge die Nachrichten aus Israel genau und stehe in Kontakt mit Freunden in Lod und Haifa, denen es zum Glück gut geht“, sagte der Vorsitzende der Gemeinde, Max Privorozki, der MZ. In der Nacht zum Mittwoch habe er kein Auge zugemacht und im Internet die Live-Berichte verfolgt. Die Gemeinde stehe zu 100?Prozent an der Seite Israels. „Das ist ein Terrorangriff gegen ein demokratisches Land. Die Gewalt muss schnell enden.“

Der Nahost-Konflikt und die Folgen: Protest für die Freiheit Palästinas und gegen die Politik Israels

Unterdessen sind die Sicherheitsbehörden auch in Halle alarmiert. Der Konflikt zwischen Israel und der radikal-islamischen Hamas könnte sich auf jüdische Einrichtungen übertragen. Am späten Sonntagnachmittag versammelten sich etwa 200 Teilnehmer auf dem Markt, um für die Freiheit Palästinas und gegen die Politik Israels zu demonstrieren. Als mehrere Aktivisten am Rande der Kundgebung drei Israel-Flaggen aufspannten, drohte die Lage kurzzeitig zu eskalieren. Einsatzkräfte der Polizei marschierten in zwei Reihen auf, um beide Lager zu trennen.

Die Demonstranten, vor allem Migranten arabischer Herkunft, riefen immer wieder „Allahu Akbar“ - Gott ist größer. Am Vormittag hatten viele von ihnen in Neustadt noch das Zuckerfest gefeiert, das Ende des Fastenmonats Ramadan. Unterdessen hofft Privorozki, dass sich die Situation in Halle nicht wie anderenorts in Deutschland zuspitzt.

Maßnahmen zum Schutz der Jüdischen Gemeinde in Halle

„Ich vertraue der Polizei, dass sie die Lage richtig einschätzt und entsprechend handelt“, sagte Privorozki. Seit dem Terroranschlag am 9. Oktober 2019, als ein schwer bewaffneter Rechtsextremist zunächst versuchte, die Synagoge in der Humboldtstraße zu stürmen und später zwei Menschen tötete, wird der Ort von der Polizei rund um die Uhr bewacht.

Auf MZ-Nachfrage wollte sich die Polizeiinspektion (PI) Halle nicht konkret zur Sicherheitslage äußern. Man stehe im regelmäßigen Kontakt sowohl zur Jüdischen Gemeinde wie zum islamischen Kulturcenter. „Wir sind sensibilisiert. Es werden verschiedene Maßnahmen zum Schutz der Einrichtungen durchgeführt. Wir bitten um Verständnis, dass wir aus einsatztaktischen Gründen weder zu den Maßnahmen noch zu den Einsatzstärken öffentlich Stellung beziehen“, teilte die PI mit.

Drohmails oder andere Hassbotschaften hat die Jüdische Gemeinde Halle bislang nicht erhalten

Drohmails oder andere Hassbotschaften hat die Jüdische Gemeinde Halle bislang nicht erhalten. „Wir hoffen, dass das auch so bleibt“, sagte Privorozki. Am Mittwochnachmittag traf er sich mit dem grünen Spitzenpolitiker Cem Özdemir, von 2008 bis 2018 Bundesvorsitzender der Partei. Thema war natürlich der Anschlag am 9. Oktober 2019. Viele Gemeindemitglieder haben die schrecklichen Ereignisse noch immer nicht verarbeitet.

Und auch Privorozki meint, dass er sich prinzipiell nicht mehr sicher in der Stadt fühle - trotz des Polizeischutzes vor der Synagoge und der breiten Sympathiebekundungen. Daher hoffe er, dass der Terror gegen Israel schnell ende. „Gewalt löst keine Konflikte. Die Regierung in Israel steht vor der schwierigen Aufgabe, trotz der Angriffe eine politische Lösung finden zu müssen.“ (mz)