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„Es ist ein Gedenken aus der Gesellschaft heraus“ Stadtmuseum schafft eine besondere Erinnerung an Opfer des Anschlages in Halle

Das Stadtmuseum hat die Tür eines Stromkastens in seine Sammlung aufgenommen. Was ist daran so besonders?

Von Denny Kleindienst 24.10.2021, 12:00
Direktorin Jane Unger und Musuemsmitarbeiter Norbert Böhnke mit der besprühten Tür: Die ist nun Teil der Sammlung.
Direktorin Jane Unger und Musuemsmitarbeiter Norbert Böhnke mit der besprühten Tür: Die ist nun Teil der Sammlung. Foto: Silvio Kison

Halle (Saale)/MZ - Auf dem Stromkasten in der Bernburger Straße in Höhe des Fahrradladens prangt eine Infotafel. Angebracht hat sie das hallesche Stadtmuseum. Denn die Tür des Stromkastens wurde im Sommer ausgetauscht. Die ursprüngliche Tür wurde „als ein wichtiges Zeitzeugnis in die Sammlung des Stadtmuseums Halle aufgenommen“, ist auf der Infotafel zu lesen.

Besonderes Gedenken an Opfer des Anschlages von Halle

In der Sammlung eines Museums ist ein Stück Stromkasten ein doch eher ungewöhnliches Objekt. Was hat es also auf sich mit dieser Tür? Sie ist mit schwarzer Farbe bemalt und mit einem weißen Schriftzug versehen: „Niemals vergessen. Kevin und Jana.“ Das Graffiti ist, wie es in dem Infotext auf der Tafel heißt, als Reaktion auf das Attentat vom 9. Oktober 2019 auf die Jüdische Gemeinde und den Kiez Döner angebracht worden, um an die beiden zufälligen Opfer zu erinnern.

In der ganzen Stadt findet sich eine Vielzahl von Stromkästen, die in genau dieser Weise besprüht worden. Für Jane Unger, die Direktorin des halleschen Stadtmuseums, stehen die besprühten Stromkästen in einem größeren Zusammenhang. So habe nach dem Attentat vor zwei Jahren viel Auseinandersetzung mit dem Ereignis stattgefunden. „Das Bedürfnis, etwas zu tun, war ganz groß“, sagt sie.

Namen der Opfer sollen durch Stromkästen in Erinnerung bleiben

Die Graffitis sind aus ihrer Sicht ein Beispiel dafür, wie sich speziell die Stadtgesellschaft damit auseinandergesetzt hat. Denn im Unterschied zu einer offiziellen Kranzniederlegung oder auch dem Anbringen von Gedenktafeln seien die Graffitis für Kevin und Jana eben nicht öffentlich organisiert worden. Vielmehr „ist es ein Gedenken aus der Gesellschaft heraus“, so Unger. Und genau diese Form des Gedenkens sei wiederum „wert, erinnert zu werden“.

Die Museumsdirektorin sagt auch, dass im Rahmen des offiziellen Gedenkens die Namen der Opfer häufig nicht genannt würden. Auf den Stromkästen steht nun aber: Kevin und Jana. Ihre Namen sind im Stadtbild verewigt - zumindest hat der Energieversorger EVH die derart bemalten Stromkästen bisher so belassen. Unger findet es wichtig, die Namen zu nennen. Denn damit werde deutlich, dass es sich um zwei Einzelschicksale handele, mit eigenen Biografien, mit Angehörigen, die noch immer in Trauer seien.

Stadtmuseum hat eine Infotafel an dem Stromkasten angebracht

„Wir wollten eine Tür bewahren“, sagt Unger. Dass in der Sammlung nun die des Stromkastens in der Bernburger Straße gelandet ist, sei eher Zufall gewesen. Auf Nachfrage des Stadtmuseums habe die EVH eben diese vorgeschlagen, ausgewechselt und zur Verfügung gestellt.

Und um deutlich zu machen, dass auch an diesem Stromkasten an Kevin und Jana erinnert wurde, hat das Stadtmuseum die Infotafel angebracht. Eine Ausstellung der Tür ist derzeit nicht geplant. Ebenfalls unklar ist laut der Museumsdirektorin, wann und von wem die Graffitis angebracht worden. Das zu erfahren „wäre total wichtig“, sagt sie. Denn bisher könnte man nur über die Motivation spekulieren. Unger wäre daher froh, wenn die Urheber sich melden.