"Samurai"-Morde im MZ-Archiv "Samurai"-Morde im MZ-Archiv: Terror am hellen Tag: Opfer mit Samurai-Schwert getötet
Halle (Saale)/MZ. - Billige Zigaretten zu kaufen, mag verlockend sein. Doch das Geschäft mit preiswerten, da unverzollten Glimmstengeln ist fest in der Hand krimineller Banden. Gute Standplätze in ostdeutschen Städten sind umkämpft, die erheblichen Gewinne aus dem illegalen Geschäft fließen in dunkle Kanäle ab und lokken häufig Erpresser auf den Plan. Seit Polizei und Zoll verstärkt gegen den Verkauf der schwarzen Zigaretten vorgehen, haben sich nach Polizeiinformationen die Methoden der Händler darauf eingestellt: So soll es inzwischen sogar einen gut funktionierenden "Hauslieferservice" geben.
"Folgenschwere Auseinandersetzung"
Vor diesem Hintergrund muß man wohl auch das, was sich gestern am hellichten Tag gegen elf Uhr mitten in Halle ereignete, sehen. Zehn bis zwölf Personen, so Halles Polizeipräsident Günter Hermann, gerieten unweit des Riebeckplatzes nahe der belebten Kreuzung Merseburgerund Raffineriestraße aneinander. Die offenbar verfeindeten Bandenmitglieder gingen mit ungeheurer Brutalität aufeinander los. Stichwaffen waren umgehend im Spiel, so auch sogenannte Samurai-Schwerter, beidseitig geschliffene Messer mit einer bis zu 70 Zentimeter langen Klinge.
Daß Auseinandersetzungen zwischen in Deutschland lebenden Vietnamesen und Angehörigen der "gelben Mafia" zunehmend blutig geführt werden, ist keine neue Erkenntnis (siehe Hintergrund). Doch für Halle war das, was Hermann eine "folgenschwere Auseinandersetzung" nannte, neu: Nach dem kurzen Kampf lag eines der beiden Opfer tot in seinem Blut, ein weiteres starb kurze Zeit später im Krankenhaus. Erst das Eintreffen der Polizei beendete die tödliche Konfrontation, die Täter konnten das Weite suchen. Während der Spurensicherung am Tatort kam es zu langen Staus auf der dichtbefahrenen Merseburger Straße, Halles einziger Nord-Süd-Verbindung.
Bundesweite Fahndung nach Verdächtigen
Aufgrund von Zeugenaussagen konnten die Ermittler im Laufe des Nachmittags fünf Personen zu einer bundesweiten Fahndung ausschreiben, bei der auch die Beamten der deutschen Grenzübergänge eingeschaltet werden: Bui Syloan (36 Jahre alt), Nguyern Van Cong (23), Dao Quang Hang (40), Tung Ngoc Nguyen (25) und Quang Huy Nguyen (26).
Hermann befürchtet, daß die gestrige Bluttat eine Folge von Racheakten nach sich ziehen könnte. Er bat in diesem Zusammenhang Zeugen aus dem Milieu, sich mit sachdienlichen Informationen über den Verbleib der Gesuchten an die Polizei zu wenden und sicherte etwaigen Informanten den Schutz der Polizei zu.
Am Tatort entlang der Raffineriestraße schilderten Anwohner, daß Vietnamesen, die in einem der angrenzenden Häuser wohnen, freundlich und umgänglich seien. Ein Mann hat beobachtet, wie Vietnamesen häufig in Geschäfte kamen und nach ihren Einkäufen immer wieder darum baten, Bündel kleinerer Geldscheine in Hunderter gewechselt zu bekommen. Das lege die Vermutung nahe, daß auf diese Weise die kleinen Erlöse des illegalen Zigarettengeschäftes "gewaschen" worden sind.
Zahlen der Polizei belegen, wie profitabel das Geschäft mit der heißen Ware sein muß. Insgesamt wurden im Bereich der Polizeidirektion Halle letztes Jahr 2,5 Millionen schwarze Zigaretten beschlagnahmt. Für die Händler schien das Risiko nicht hoch zu sein. Bei den rund 2 500 Festgenommenen stelltendie Ermittler häufig Wiederholungstäter fest. Auch die Opfer und die Gesuchten gehören zu dieser Gruppe