1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. Luise Malzahn: Luise Malzahn: Mit Psychotrick zum Glanz

Luise Malzahn Luise Malzahn: Mit Psychotrick zum Glanz

Von enrico werner 24.12.2015, 09:30
Sportlerin des Jahres: Luise Malzahn (M.) neben Schwester Claudia und LSB-Präsident Andreas Silbersack
Sportlerin des Jahres: Luise Malzahn (M.) neben Schwester Claudia und LSB-Präsident Andreas Silbersack Schulz Lizenz

halle (Saale) - Hell strahlt die Wohnung am Domplatz in Halle dieser Tage. Normal ist das nicht. Luise Malzahn ist gerade viel in der Saalestadt zugegen. Öfter als sonst. „Es hat sich zum ersten Mal gelohnt, einen Weihnachtsbaum zu holen“, sagt sie. In der entspannten Wohlfühlatmosphäre wird die Judoka vom SV Halle noch mehr Zeit haben, Plätzchen zu backen. Gerade in der Vorweihnachtszeit zählt diese Leidenschaft zu den beliebtesten Freizeitbeschäftigungen der bekennenden Naschkatze.

Aber eigentlich wäre Luise Malzahn in diesen Tagen aus Tokio zurückgekommen von einem Grand Slam. Eigentlich ist sie sieben Monate im Jahr unterwegs. Und wäre jetzt geschafft vom Stress, müde. Dass es anders ist, liegt an einer Verletzung, die sich die Athletin Mitte Oktober beim Grand Slam in Paris zugezogen hat. Die Bänder im Mittelfuß waren angerissen. Danach bildete sich ein Knochenödem. Sie ließ die restlichen Wettkämpfe 2015 sausen, um sich ganz auf die Reha zu konzentrieren.

„Ich habe viel mit Claudia gemacht“, erzählt Malzahn. Die große Schwester Claudia Malzahn - einst ebenfalls Weltklassejudoka - ist Sporttherapeutin im Bergmannstrost. Und sie half der kleinen Schwester, das Feingefühl im Fuß zurückzubekommen. „Ich konnte auch endlich mal ordentliches Krafttraining machen“, sagt Malzahn. Im Januar will sie im Trainingslager in Österreich dann voll einsteigen. „Ich hatte meine Auszeit. Jetzt bin ich wieder hungrig.“

Fünfte der Weltrangliste

Dass sie sich für ihre Genesung alle Zeit der Welt nehmen konnte, liegt an dem herausragenden Jahr, das Malzahn hingelegt hat. Schon jetzt hat sie in der Weltrangliste als Fünfte so viele Punkte gesammelt, dass Olympia 2016 im Terminplaner der Hallenserin fast fest eingetragen werden kann. Beim Stichtag 31. Mai muss Malzahn unter den besten 14 Judoka in der Gewichtsklasse bis 78 Kilogramm platziert sein. Druck hat sie nicht für Rio.

Überhaupt sitzt Luise Malzahn entspannt in ihrem Stuhl, wenn sie über das Jahr 2015 spricht. Es war ja ihr großes Jahr. „2014 war ich noch besser drauf“, sagt sie. Aber da haftete ihr ein Makel an. Bei EM und WM, dann, wenn es um die nackten Ergebnisse ging, scheiterte sie. Nun platzte endlich der Knoten. Bronze im Einzel bei der WM im kasachischen Astana. Silber bei der EM in Baku in Aserbaidschan. Dazu Bronze (WM) und Silber (EM) im Team-Wettkampf. Im November folgte dann noch die erstmalige Auszeichnung als Sachsen-Anhalts Sportlerin des Jahres. „Megacool“, findet das die 25-Jährige im Blick zurück.

Es waren kleine, aber entscheidende Stellschrauben, an denen Luise Malzahn für den Erfolg gedreht hat. Schon im letzten Jahr hatte sie festgestellt, dass der fehlende letzte Schritt vielleicht auch eine Kopfsache sei. Sie wollte einen Sportpsychologen heranziehen. Im Herbst 2014 sicherte sie sich die Dienste von Marc-Oliver Löw. Der anerkannte Sportpsychologe der Universität Halle sprach viel und lange mit Malzahn. Über Ängste und Erwartungen.

Und er gab ihr einen konkreten Tipp mit auf den Weg. „Ich habe es mir abgewöhnt, die Auslosung anzuschauen“, sagt Malzahn. Denn gerade dieser erste Kampf ist im Hopp oder Top-Geschäft „so wichtig. Wenn man den erst einmal überstanden hat, dann ist die Last weg“, erzählt Malzahn. Um sich darauf konzentrieren zu können, verbietet sie sich den Blick in die Glaskugel. Wer könnte im Finale warten? Gegen wen muss ich später um Podestplätze kämpfen? All das weiß Malzahn nicht, wenn sie zum ersten Kräftevergleich antritt. „Ich lasse mir nur noch den ersten Kampf ansagen. Zum Beispiel von meiner Zimmergenossin.“

Früher habe sie auch schon mal „den Fokus für den ersten Kampf verloren. Man lässt sich ablenken.“ Nun ist das anders. „Ich bin fokussierter.“ Sie schafft es, die Nebengeräusche auszublenden und tatsächlich nur noch von Kampf zu Kampf zu denken. Nun ist es nicht so, dass Luise Malzahn durch den psychologischen Trick eine bessere Judoka geworden ist. „Aber vielleicht war das ein entscheidender Baustein“, sagt sie. „Geschadet hat es jedenfalls nicht.“

Vier Wettkämpfe vor Olympia

Und weil das Jahr so erfolgreich war, will sie 2016 nicht viel anders machen. Ihr Terminkalender jedenfalls wird abgespeckt. Vier Wettkämpfe plant sie nur vor Olympia. Ihre ganze Konzentration gilt Rio. Olympische Spiele hat Malzahn als Aktive noch nicht erlebt. Und eine Medaille dort blieb auch Schwester Claudia verwehrt. Die fehlt also noch in der Familiensammlung. (mz)