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Luise Malzahn Luise Malzahn: Judoka im Kampfanzug

Von Enrico Werner 06.03.2015, 16:54
Judoka Luise Malzahn ist Polizeikommisarin
Judoka Luise Malzahn ist Polizeikommisarin Schulz Lizenz

kuhndorf - Ein kleines Holzschildchen mit Richtungspfeil gibt das Ziel vor: „Schießstand“ steht dort an der Straße, die eigentlich keine ist. Eine mit Pfützen übersehene Stolperpiste ohne Asphalt führt von Kuhndorf, einem 130-Seelen-Dörfchen unmittelbar vor Zeitz, zu zwei Baracken im Niemandsland.

Hier lässt die Landespolizei von Sachsen-Anhalt ihre Angestellten zu Schießübungen antreten. Und alle drei Monate greift auch Luise Malzahn, die in der Polizeidienststelle in Merseburg eingesetzt ist, in blauer Polizei-Montur zu Pistole und Gewehr. Eine verpflichtende Übung, um den richtigen Umgang mit dem Dienstgerät aufzufrischen.

Denn die blonde Judoka vom SV Halle ist nicht nur Sportlerin, sondern auch Polizeikommissarin. 2013 beendete sie ihre Ausbildung an der Polizeihochschule in Aschersleben. Seitdem ist die Weltklasse-Athletin ein paar Mal im Jahr, wenn es die Zeit zulässt, auf den Straßen im Süden von Sachsen-Anhalt unterwegs. Vor allem nach ihren Großereignissen wie Europa- oder Weltmeisterschaften, wenn der vollgepackte Kalender der Weltenbummlerin Lücken offenbart, stürzt sich die Kommissarin ins Alltagsgetümmel als Polizistin und „läuft mal ne Woche mit“, wie sie im Plauderton erzählt. „Meist geht es dann auf Streife.“ Autos aus dem Verkehr ziehen oder Verkehrsteilnehmer kontrollieren, stehen dann auf dem Programm. „Das hört sich aber spektakulärer an, als es ist“, meint sie. Es ist eben der normale Alltag als Polizistin, den sie dann bewältigen muss.

Mit großer Akribie wird Luise Malzahn mit einem guten Dutzend von Mitstreitern jetzt in Kuhndorf noch mal die richtige Haltung der Dienstwaffe erläutert, richtiges Zielen und der Wechsel der Munition - in Gefahrensituationen und unter Stress - müssen verinnerlicht sein. Danach geht es mit Hörschutz und Brille bekleidet an den Schießstand. „Aufgeregt bin ich da nicht, angespannt aber schon“, bekennt Malzahn.

Die Judo-EM wird im Rahmen der Europaspiele vom 12. bis 28. Juni in Baku in Aserbaidschan stattfinden. Die Judo-Kämpfe werden vom 25. bis 28. Juni über die Bühne gehen.

Ursprünglich sollte die Europameisterschaft im April im schottischen Glasgow ausgetragen werden.

Mitte Februar wurde aber Glasgow die EM von der europäischen Judo-Union entzogen. Der britische Verband wollte das Turnier mit Sponsorengeldern unter anderem des Ultimate Fighting Championships finanzieren.

Übung am Schießstand fehlt

Eine mit dem Fuß gezogene Linie markiert den Drei-Meter-Abstand zu den kleinen schwarzen Punkten, dann fängt Malzahn mit ihrer Pistole an zu zielen. „Das ist richtig schwer, die zu treffen“, sagt der Schießtrainer noch und - wie zum Beweis - ballert Malzahn einige ihrer Schüsse, wenn auch knapp, neben das Ziel.

„Naja“, sagt Malzahn lachend. „Mit dem zweiten oder dritten Durchgang wird es meist besser. Ich hatte ja in der Zwischenzeit seit der letzten Übung keine Waffe mehr in der Hand“, erklärt sie beschwichtigend. „Aber als Sportler bringt man natürlich den Ehrgeiz mit, auch an der Waffe richtig gut zu sein.“

Dass die 78-Kilo-Frau wohl erst nach ihrer Judo-Karriere so richtig in den Polizeidienst einsteigen wird, liegt zweifelsohne an den Kämpfen auf der Tatami. Die 24-jährige Malzahn ist derzeit auf dem dritten Rang in der Weltrangliste und hat das große Ziel Olympische Spiele 2016 in Rio fest vor Augen. Nächste Woche stürzt sich Malzahn in ein Trainingslager in Tschechien, danach steht Ende März ein Grand Prix im türkischen Samsun an. Letztes Jahr gewann sie den Weltklasse-Wettkampf. Und auch bei Großereignissen will die ehrgeizige Sportlerin, die mit Bronze bei der EM 2011 in Istanbul erst eine Einzel-Medaille bei internationalen Wettkämpfen auf der Habenseite hat, endlich einmal abräumen.

Gefahr beim Fußball zu groß

Vor allem an Wochenenden ist Malzahn kaum zu Hause. Daher ist sie auch von vielen Großeinsätzen als Polizistin bisher verschont geblieben. Bei Fußballspielen war sie zum Beispiel kaum eingesetzt, nur einmal sei sie bei einem Spiel in Leipzig gewesen. „Ich brauche die Fußballspiele nicht. Die Verletzungsgefahr ist viel zu groß“, sagt sie. Malzahn weiß, wovon sie spricht. Sie selbst hatte sich 2012 einen Kreuzbandriss im Knie zugezogen und damals Olympia verpasst. Ein derartiger Rückschlag soll im Hinblick auf die Spiele 2016 natürlich vermieden werden. Auch wenn sie sich von Sports wegen durchaus zu verteidigen wüsste. Unnötige Konflikte mit randalierenden Fußballanhängern sind das Letzte, was Malzahn braucht.

(mz)