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Jugendliche auf die Straße! Könnte ein geschützter Freiraum Konflikte mit Anwohnern lösen?

In der Innenstadt soll ein geschützter Freiraum für Jugendliche geschaffen werden. Können so die Konflikte mit Anwohnern gelöst werden?

12.04.2021, 13:00

Halle (Saale) - Ist Halle eine gute Stadt für Jugendliche? In den letzten Jahren jedenfalls mussten junge Menschen in der Saalestadt ihre Freiräume immer wieder gegen Widerstände behaupten. Durch Musik und laute Gespräche haben Heranwachsende den Ärger von Anwohnerinnen und Anwohnern - etwa am Rosa-Luxemburg-Platz oder am August-Bebel-Platz - auf sich gezogen.

Es ist ein ewiges Dilemma: Die einen wollen jung sein, die anderen wollen ihre Ruhe - die einen wollen Leben auf die Plätze bringen, die anderen wollen keinen Müll. Ein möglicher Ausweg wurde am Donnerstag im Jugendhilfeausschuss der Stadt diskutiert. Neben Projekten für randständige und benachteiligte Familien enthält der neue Rahmenplan auch die Idee, in der Innenstadt einen Platz für alle Jugendliche zu schaffen. Dies geht auf eine Initiative der Grünen-Stadtratsfraktion zurück, die damit den ständigen Konflikt entschärfen will.

Freiraum soll klar als solcher gekennzeichnet werden

Der Freiraum soll klar als solcher gekennzeichnet werden, und somit den jungen Leuten signalisieren, dass sie willkommen sind. Im Idealfall ist so ein Platz eine Alternative zum Streit mit Polizei und Anwohnern auf der einen Seite und nicht-öffentlichen Treffpunkten auf der anderen Seite.

„Kinder und Jugendliche müssen sich nicht-kommerziell treffen können“, sagte Stadtrat Detlef Wend (MitBürger & Die PARTEI). Es sei wichtig, dass gerade Jugendliche in ihrem Sozialleben nicht darauf angewiesen seien, sich den Zutritt zu Eisdielen oder Imbissen leisten zu können.

Förderung von „Suchtkarrieren“?

Der Idee, so einen Freiraum in der Innenstadt zu schaffen, stimmten alle Ausschussmitglieder zu. Lediglich bei der Ausgestaltung scheiden sich die Geister. Stadtrat Carsten Heym (AfD) kritisierte, dass für den Platz Aschenbecher geplant sind, da diese aktiv zum Rauchen animierten. Ebenso forderte er ein Alkoholverbot. Die Duldung jeglicher Rauschmittel auf dem neuen Platz käme der städtischen Förderung von „Suchtkarrieren“ gleich.

Heym stand im Ausschuss mit seiner Meinung allerdings alleine da. Um der Lebensrealität der Jugendlichen gerecht zu werden, müsse man pragmatisch Aschenbecher mit einbeziehen. „Die Coolen sind die, die rauchen. So ist das in dem Alter einfach“, sagte Anna Manser, Geschäftsführerin der halleschen Jugendwerkstatt. Bis auf Heym stimmten alle darin überein, auf die Jugendlichen zuzugehen und sich bei der Gestaltung an ihren Bedürfnissen zu orientieren. Dazu gehört beispielsweise auch, dass der Platz, also der freie Raum als Treffpunkt, nur zurückhaltend von Streetworkern, Polizei und Ordnungsamt begangen wird.

„Die Freifläche vor der Leopoldina wäre ideal“

Die Aschenbecher-Frage ist letztlich eine Kleinigkeit. Bis tatsächliche Ascher aufgestellt werden, muss noch einiges geklärt werden, nicht zuletzt der Standort des geplanten Freiraums. Ein einziger Vorschlag liegt schon auf dem Tisch, und der ist ziemlich überraschend: „Die Freifläche vor der Leopoldina wäre ideal. Das ist ein riesiger Bereich ohne Anwohner, der nachts einfach zugesperrt wird“, sagte Stadtrat Wend.

Er äußert das mit einem Augenzwinkern, weiß er doch, wie unwahrscheinlich das ist, schließlich ist die Wiese Privatgrundstück der Forschungseinrichtung. Aber es wäre schon ein starkes Zeichen, so Wend, wenn sich die Leopoldina nicht mehr nur theoretisch mit der Gesellschaft beschäftige, sondern auch ihre Pforten öffnen würde. (mz/Phillip Kampert)