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Judo Judo: Malzahn leidet an ihrer Ersatzrolle für Olympia

Von Petra Szag 02.05.2012, 19:19

Halle (Saale)/MZ. - Für kurze Zeit sind die negativen Gedanken weg. Luise Malzahn packt kräftig zu, es ist ein energischer Griff nach ihrer Schwester Claudia. Ein paar Schwimmbewegungen noch, dann ist die Rettung geglückt.

Es war ein ungewöhnliches Bild, das sich dem Betrachter am Dienstag in der Schwimmhalle an der Robert-Koch-Straße bot. Die Malzahn-Schwestern, Halles beste Judoka, gemeinsam im Wasser. Dabei war der Grund ein ganz einfacher: Am Donnerstag legt Luise Malzahn ihre Prüfung für das Rettungsschwimmer-Abzeichen in Bronze ab. Es ist Teil ihrer Ausbildung an der Polizeifachhochschule Aschersleben. Und damit nichts schiefgeht, musste ihre Schwester als Übungspartnerin herhalten. Zugleich holte sie sich noch Tipps von Schwimmtrainer Frank Embacher sowie Staffeleuropameisterin Daniela Schreiber.

Ein hochkarätiges Trainingsaufgebot. Pikanterweise mit zwei Sportlern und einem Coach, die in ein paar Wochen Halle und Deutschland bei den Olympischen Spielen vertreten werden. Bei dem Ereignis, von dem auch Luise Mal-zahn lange geträumt hatte und bei dem sie nun außen vor bleibt.

Der Frust sitzt richtig tief. Und Luise Malzahn will ihn auch gar nicht mehr verbergen. "Da reißt du dir zwei Jahre lang den Arsch auf, fährst zu allen Turnieren, punktest, schaffst die Qualifikation für Olympia - und darfst dann wegen nationaler Probleme doch nicht nach London fahren."

Was sie meint: Jedes Land darf nur einen Teilnehmer pro Gewichtsklasse bei Olympia an den Start bringen. Mit Heide Wollert steht eine Auswahlkollegin als Achte vor ihr in der Weltrangliste. Malzahn ist 13.. Zwar ist sie längst als Ersatzfrau für die Spiele nominiert, doch diese Rolle ist eine zutiefst undankbare. Und dabei spielt auch der Judo-Verband eine unglückliche Rolle.

Als Stand-by-Kämpferin muss sich Luise Malzahn fit halten und das komplette Vorbereitungsprogramm der deutschen Olympiamannschaft mit Beginn des Trainingslagers ab 13. Mai im Schwarzwald mitmachen Nur: Nach London reisen darf sie danach nicht. Im Gegenteil. "Ich will meine Schwester am 31. Juli kämpfen sehen. Deshalb habe ich nun selbst einen Flug gebucht. Nur weiß ich noch nicht, wie ich in die Judo-Halle komme, die Veranstaltung ist ausgebucht."

Der Verband hat zwar einige Athleten, die in der Qualifikation gescheitert sind, mit ins Betreuer-Team genommen, aber eben nicht Ersatzfrau Luise Malzahn.

Claudia Malzahn fühlt mit ihrer Schwester. "2004 und 2008 war ich in der gleichen Situation", erzählt die 28-Jährige, die in diesem Jahr ihren Olympia-Startplatz in der Klasse bis 63 Kilo sicher hat. "Das ist bitter. Aber trotzdem darf man sein Ziel nicht aus den Augen verlieren. Man muss immer an sich und seine Chance glauben, dann klappt das auch." Wenn nicht jetzt, dann eben in vier Jahren. "Das hört sich lange an, aber ich weiß aus eigener Erfahrung, die Zeit vergeht ganz schnell."

Solange muss sich Luise Malzahn mit Erfolgserlebnissen bei anderen Meisterschaften motivieren. Bei der EM vorige Woche im russischen Tscheljabinsk hatte sie mit ihren Auswahlkolleginnen - darunter auch Claudia - im Teamwettbewerb Bronze gewonnen. Im Einzel des Limits bis 78 Kilo reichte es zu Platz fünf.

Doch eines störte sie auch dort. Auf der Tribüne verfolgte Heide Wollert ihren Wettkampf. "Ich weiß nicht, ob sie verletzt ist, mir ist nichts bekannt. Und ich weiß auch nicht, auf wessen Kosten sie die Reise nach Tscheljabinsk gemacht hat", sagt Luise Malzahn. Es lässt den Konkurrenzkampf zwischen den beiden erahnen.

Immerhin: Die Titelkämpfe liefen für Luise Malzahn weit besser als für ihre Schwester Claudia. Die schied in der Einzelkonkurrenz in der ersten Runde aus. Ein Fiasko, das ihr an die Nieren ging. Erst mit ihrer Leistung im Teamwettbewerb war sie schließlich zufrieden. "Das war wieder ich. Von Anfang an war die volle Konzentration da. Von der ersten Sekunde an habe ich gemerkt, ich habe die Kontrolle", berichtet Claudia Malzahn. "Ich habe gemerkt: Okay, es geht doch."

Noch ein paar Nächte will sie über das Geschehene schlafen, ehe es zusammen mit den Trainern an die Analyse des Wettkampfes geht. Eine Niederlage werfe sie nicht mehr um, sagt Claudia Malzahn. Das ist auch das, was sie ihrer Schwester gesagt hat: Irgendwann machen sich Ausdauer und Durchhaltevermögen bezahlt.