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Judo Judo: Luises Weltreise nach London

Von RÜDIGER FRITZ 26.01.2011, 21:24

Halle (Saale)/MZ. - Luise Malzahn hat hartnäckig die Fährte aufgenommen. Ganz so, wie es sich für eine Polizeischülerin mit dem Ziel einer Kriminalbeamten-Laufbahn gehört. Die Spur führt nach London. In die Heimatstadt des Kult-Detektivs Sherlock Holmes, im weiteren Sinne ein Berufsvorgänger. Auf der Judo-Matte möchte die 20-jährige Hallenserin den Fall lösen - bei den Olympischen Spielen 2012 in der Stadt an der Themse. "In kleinen und vor allem größeren Schritten will ich mich dorthin bewegen", sagt Luise Malzahn.

Am vergangenen Wochenende hat Luise Malzahn in Ettlingen, südlich von Karlsruhe, den deutschen Meistertitel der 78-Kilogramm-Klasse gewonnen. Ihren zweiten Titel nach 2008 stuft sie zunächst aber nur als kleinen Schritt ein. "Weil es dafür keine Olympia-Qualifikationspunkte für London gibt." Die kann man nur bei internationalen Turnieren wie Continentalcup, Weltcup, Grand Prix, Grand Slam, Europa- und Weltmeisterschaft erkämpfen. Und nur diese Punkte zählen für die Athletin vom Sportverein Halle.

Das internationale Reglement ist klar und unerbittlich. Die besten 14 Judoka in der Weltrangliste dürfen pro Gewichtsklasse an den Olympischen Spielen teilnehmen. Luise Malzahn wird momentan an Position 21 geführt. Nun beginnt sie ihre Aufholjagd. Oder besser: Nun beginnt eine Weltreise, die im Juli 2012 in London enden soll. Denn die Athletin hat ein großes Reisepaket zu Turnieren quer durch Europa, nach Afrika, Asien und Südamerika bis in den Oktober hinein gebucht.

Das Punktesammeln für die Qualifikation ist indes nur die eine Seite. Die Jugend-Europameisterin von 2006 und Dritte der Junioren-WM 2009 muss noch einen anderen Fall lösen: Bei den Olympischen Spielen darf aus einem Land nur eine Sportlerin pro Gewichtsklasse starten. Und vor ihr steht mit Heide Wollert auf Rang acht in der Welt eine andere Deutsche. Wollert, früher in Halle und nun in Leipzig, ist der zusätzliche Maßstab.

"An Heide Wollert will ich vorbei", sagt Luise Malzahn. Die Wahrheit ist: An ihr muss sie vorbei. Und sie ist guter Dinge. "Ich bin schon ganz nah an ihr dran. Ich werde es ihr schwer machen." Deshalb hat die Hallenserin geflucht, als sie erfuhr, dass Heide Wollert die deutsche Meisterschaft auslassen wird. "Heide kneift", hat Luise Malzahn wütend zu ihrem Trainer Werner Schulze gesagt. Der Coach freute sich über den Temperamentsausbruch seiner impulsiven Schülerin. "Das zeigt, wie ernsthaft sich Luise mit Olympia beschäftigt", meint Werner Schulze. "Sie fühlt sich gewappnet und hat den Fokus auf Heide Wollert gerichtet. Da kennt sie keine Hemmschwelle." Dabei stört es die SV-Athletin überhaupt nicht, dass sie in keinem der bisher drei offiziellen Kämpfe gegen Heide Wollert gewonnen hat.

Trotz aller Konkurrenz sieht Luise Malzahn in der Leipzigerin keine Reizfigur: "Jede von uns fährt eine eigene Schiene. Und ab und zu kommen wir uns auf der Matte in die Quere." Dann geht es aber heiß her, wie Werner Schulze die Trainingskämpfe der beiden Frauen jeden Dienstag in Leipzig noch zurückhaltend beschreibt. "Sie begegnen sich inzwischen auf einer Höhe. Heide hat vielleicht etwas mehr Kraft, Luise ist die bessere Technikerin. Die Tagesform entscheidet über den Sieg in den Trainingskämpfen."

Den Ranking-Vorsprung von Heide Wollert will die Hallenserin nicht zu hoch bewerten. "Mir bleibt bis Januar 2012 ausreichend Zeit und Gelegenheit, Punkte anzuhäufen, damit es mit Olympia klappt", sagt sie. Es kommt somit gar nicht darauf an, Heide Wollert direkt zu bezwingen, so schön das für Luise Malzahn wäre. Sie muss nur in der Bestenliste ihre deutsche Hauptgegnerin übertrumpfen.

Der SV-Athletin kommt dabei eines entgegen. Anfang Mai beginnt in Tunis die zweite Olympia-Qualifikationsphase. Ab da zählen die errungenen Punkte zu hundert Prozent. Die bisherigen gehen nur zur Hälfte in das Punktsystem ein. "Wenn ich jetzt richtig loslege, zählt das doppelt. Und ich werde loslegen", sagt Luise Malzahn.