1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. Judo: Judo: Gegner ins Reich der Träume geschickt

Judo Judo: Gegner ins Reich der Träume geschickt

Von Petra Szag und Thomas Düll 08.10.2012, 19:59

Halle (Saale)/MZ. - Eben noch Hexenkessel und mit einem Schlag Schockstarre: Als Judoka Timo Prellwitz seinen Kontrahenten Viktor Noll im Würgegriff hatte und alles nach einem schnellen Ende dieses Zweitliga-Kampfes für den Hallenser aussah, tobte das Publikum. Die rund 200 Fans hatten noch den Last-Minute Sieg des 100-Kilo-Manns Gunther Dingler vor Augen, peitschten Prellwitz vorwärts, nur 20 Sekunden dauerte der Widerstand seines Gegners. Dann Stille.

Denn dass in diesem aufgewühlten Moment des Zweitliga-Kampfes, den der SV Halle am Sonnabend mit 6:7 gegen Samurai Offenbach verlor, etwas mit dem Unterlegenen nicht in Ordnung war, bemerkten die Fans genauso schnell wie der Kämpfer. "Ich habe keinen Widerstand mehr gespürt und er hat auch nicht abgeklopft", erklärte Prellwitz. Noll hatte das Bewusstsein verloren.

Schnell allerdings gelang es dem Überlegenen, Noll aus dem Reich der Träume zurückzuholen. Füße hoch, um die Blutzirkulation wieder anzukurbeln, ein kleiner Klaps links und rechts in Gesicht und der Offenbacher war wieder auf den - wenn auch wackligen - Beinen. Auch der Kampfrichter und ein Arzt waren innerhalb von Sekunden auf die Matte geeilt.

"Das passiert hin und wieder im Judo und ist eigentlich ganz ungefährlich", erklärte Prellwitz. "Judo ist nun mal Kampfsport und jeder versucht, seinen Vorteil zu nutzen", bestätigte auch SV-Trainer Stephan Fröhlich. "Das ist keine böse Absicht vom Gegner." Normalerweise gelinge es den Judoka, rechtzeitig abzuklopfen, also aufzugeben und den Kampf zu beenden. "Es gibt Tage, da hält man so einen Würgegriff zehn Sekunden aus - und es gibt Tage da geht es schneller als man denkt", so Fröhlich. Erst im Mai konnte der eigene Kämpfer Markus Rohn bei der Heimniederlage gegen Erlangen das so genannte "Einschlafen" nicht mehr verhindern.

Dass Viktor Noll kein wirklicher Gegner für den Ex-Militärweltmeister Prellwitz in der Klasse bis 90 Kilogramm sein würde, war indes zu erwarten. In dieser Saison endeten die letzten zehn Versuche auf der Matte für den 29 Jahre alten Offenbacher mit vorzeitigen Niederlagen. Noch dazu mit absteigendem Niveau: 49 Sekunden, 33 und nun lediglich 20 Sekunden im Duell gegen Prellwitz. Auch Fröhlich widerspricht nicht, dass Noll zu schwach war. Aber: "So einen hat jede Mannschaft, wir auch", relativiert er. Kämpfer, die zwar nicht das nötige Format für die zweite Liga haben, aber einspringen und kämpfen müssen. Jedoch sei dies nicht der Grund für Nolls Ohnmacht. "Der ist sich seiner Sache schon bewusst. Das kann jeder ganz gut für sich selber einschätzen", sagt Fröhlich.

Am Ende reichte aber auch der klare Sieg von Prellwitz nicht aus. Zwar hatte der Allrounder auch seinen ersten Kampf gegen Alexander Schönfeld vorzeitig gewinnen können, die Gesamtniederlage konnte er aber nicht verhindern.

Trotz dieser knappen Pleite bleiben die Judoka des SV Halle auf dem vierten Tabellenplatz. Dem positiven Verhältnis von gewonnenen zu verlorenen Einzelkämpfen (47:40) sei Dank. Denn am Ende zählt beim Judo dieser Wert ähnlich wie das Torverhältnis im Fußball. Doch nur ein Punkt trennt die Kreuzvorwerker noch von den Abstiegsrängen.

"Es wird nochmal kniffelig", sagt Fröhlich mit Blick auf das letzte Aufeinandertreffen beim BC Karlsruhe am 20. Oktober. "Aber wir stehen ganz gut da." Gegen die Badener würde ein Unentscheiden oder eventuell sogar eine knappe Niederlage reichen.

Dass die Hallenser, der Vizemeister der vergangenen Saison, überhaupt in Abstiegsgefahr schweben, spricht für das neue Kräfteverhältnis in der Liga. "Dieses Jahr ist ein bisschen komisch", sagt Fröhlich. Es gebe keine Favoriten mehr, selbst der Vorjahres-Meister Backnang steht einen Platz schlechter da als Halle. Aber man sei vorbereitet: "Wir werden so viele Kämpfer nach Karlsruhe mitnehmen wie möglich, damit Unterstützung vom Mattenrand da ist."