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Er betrog sogar den Landrat Falscher Arzt aus Halle arbeitete ohne Zulassung: Jetzt wird gegen ihn ermittelt

Von Constanze Matthes und Silvia Zöller 13.07.2018, 13:17
In diesem Haus am Steintor hatte der frühere Mediziner eine Praxis.
In diesem Haus am Steintor hatte der frühere Mediziner eine Praxis. Silvio Kison

Halle (Saale)/Naumburg - Das ist eigentlich undenkbar: Ein hallescher Arzt, dem die Zulassung entzogen worden ist, arbeitete freiberuflich als Betriebsarzt für die Kreisverwaltung des Burgenlandkreises und impfte im Rahmen dieser Tätigkeit sogar noch Landrat Götz Ulrich (CDU). Seit Mai war der 49-jährige frühere Mediziner in den Diensten des Kreises - bis sein Schwindel am 28. Juni aufflog.

Praxis von halleschem Arzt existierte gar nicht mehr

Wie bekannt wurde, war der Mann mehrere Wochen im Dienst, als eine Mitarbeiterin der Kreisverwaltung eine Rückfrage hatte und in der von dem falschen Arzt angegebenen Praxis am Steintor in Halle anrief. Dort sei ihr gesagt worden, dass diese Praxis nicht mehr existiere, informiert die persönliche Referentin des Landrates, Kirsten Wilke.

„Wir haben den Vertrag sofort gekündigt“, so die Referentin. Eingestellt worden sei der Mann, weil er seine Approbation vorgelegt hatte - die er eigentlich längst hätte abgeben müssen.

Ohne Zulassung Mitarbeiter geimpft: Anzeige gegen falschen Arzt

Da der Arzt auch mehrere weitere Mitarbeiter geimpft hatte, erstattete die Kreisverwaltung nun Anzeige wegen Körperverletzung und Betrugs. Schon 2016 wurde ein 41-Jähriger aus Stendal zu drei Jahren Haft verurteilt, weil er sich jahrelang als Arzt ausgegeben hatte und unter anderem auf einem Kreuzfahrtschiff etwa 1.300 Passagiere behandelt hatte. Der gelernte Krankenpfleger hatte ebenfalls keine Zulassung.

Arzt soll mehrfach Titel und Berufsbezeichnungen gefälscht haben

Auch dem Hallenser drohen nun weitere Verfahren. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn bereits seit diesem Jahr wegen mehrerer Fälle des Missbrauchs von Titeln und Berufsbezeichnungen. Oberstaatsanwalt Ulf Lenzner: „Das sind umfangreiche Vorgänge. Wir prüfen diese zurzeit.“ Ebenso beleuchten die Juristen der Staatsanwaltschaft, ob tatsächlich eine Körperverletzung vorgelegen hat, weil der Hallenser ohne Approbation Mitarbeiter des Burgenlandkreises geimpft hatte.

Grund für Zulassungsentzug unbekannt

Aus welchen Gründen der einstige Mediziner seine Zulassung verloren hat, ist bisher noch nicht bekannt. Der Entzug der Approbation kann unter anderem durch Unzuverlässigkeit und Unwürdigkeit zur Ausübung des Arztberufes erfolgen, wie beispielsweise nach schwerwiegendem Fehlverhalten, aber auch infolge von Straftaten außerhalb der beruflichen Tätigkeit und bei gesundheitlichen Problemen, wie Tobias Brehme, Pressesprecher der Ärztekammer, ausführt.

Auch das Landesverwaltungsamt gibt mit dem Verweis auf Datenschutz keine Informationen heraus, warum der Mediziner seine Approbation verloren hat und weshalb er noch immer im Besitz der Zulassungsurkunde war. „Im Einzelfall ist die Rückforderung der Urkunde jedoch aus verschiedenen Gründen wie unbekannter Aufenthalt oder Verlusterklärung nicht immer vollziehbar“, so Sprecherin Gabriele Städter weiter. In den vergangenen Jahren hätten nur wenige Mediziner im Land ihre Zulassung verloren, sagt sie.

Hallescher Arzt ist auch Besitzer von zusehend verfallendem Schloss

Auch in einem anderen Zusammenhang war der hallesche Arzt jetzt Thema: Er ist Eigentümer des Schlosses Steinburg im Burgenlandkreis. Das historische Anwesen ging 1997 in Privatbesitz über und verfällt zusehends.

In der jüngsten Sitzung des Verbandsgemeinderates An der Finne in Bad Bibra wies ein Bürger in der Einwohnerfragestunde auf den maroden Zustand des markanten und ortsbildprägenden Gebäudes aus dem 15. Jahrhunderts hin. Im vergangenen Jahr hatte sich ein Förderverein gegründet, der sich zum Ziel gesetzt hat, das Anwesen wieder zurück ins Bewusstsein zu bringen.

Von 1686 bis zur Enteignung nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges war es Eigentum der Familie von Münchhausen und wurde zuletzt bis zur Wende als Ferienheim der Uni Halle genutzt. Mehrmalige Versuche der MZ, den Arzt für eine Stellungnahme zu erreichen, waren erfolglos. (mz)