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Tradition Unter Tage in der Stadt aus Eisen

Senioren errichten in der Ferropolis-Ausstellung einen Bergwerkstollen. Die MZ hat einen der ehemaligen Bergbauangestellten dabei ein Stück begleitet.

Von Julius Jasper Topp 02.09.2021, 16:56
Gunter Zwingmann und Hans-Georg Petschke (von links) bauen mit den Bergbausenioren einen Stollen für die Ausstellung in der 36kV-Station.
Gunter Zwingmann und Hans-Georg Petschke (von links) bauen mit den Bergbausenioren einen Stollen für die Ausstellung in der 36kV-Station. (Foto: Thomas Klitzsch)

Gräfenhainichen - Fast sein ganzes Leben hatte Gunter Zwingmann irgendwie mit der Kohle zu tun. Als 13-Jähriger begann der heutige Senior seine Ausbildung als Bergmann. Damals im Bitterfelder Ortsteil Weißandt-Gölzau. „Als Hauer unter Tage“, wie der heute 82-Jährige sagt. Auch heute baut er einen Stollen - allerdings nicht hundert Meter unter der Erde. Und bei weitem weniger gefährlich, als das Handwerk damals war, geht es obendrein zu.

Eines Tages unter Tage

In der 36kV-Station von Ferropolis haben sich Zwingmann und einige seiner in Arbeitskleidung gewandeten Kollegen ans Werk gemacht. Werkzeug wird aus Kofferräumen geholt, Leitern aufgestellt.

Die Bergmannsenioren Gräfenhainichens errichten derzeit einen Stollen in der Ausstellung, der zeigen soll, wie die Kumpel aus der Region einst gearbeitet haben. Die Konstruktionen aus Holz dienten nicht nur für den Abbau unter Tage, sondern auch für die Entwässerung. „Denn das Wasser ist der größte Feind des Bergmannes“, wie Gunter Zwingmann erklärt.

Er stammt aus Köthen und zog noch als Jugendlicher nach Oranienbaum, wo er auch heute wieder lebt. Danach wechselte er in die Lehrwerkstatt in Zschornewitz. Täglich fuhr er mit dem Fahrrad zur Arbeit. „Ich habe mein ganzes Leben gelernt, gelernt, gelernt“, sagt Zwingmann. Nach der Lehre arbeitete er im Wagenbau, bei der Grenzpolizei - „das war überhaupt nicht meins“ - studierte später Ingenieurtechnik, arbeitete in der Maschinengießerei in Dessau.

„Mit 53 habe ich dann noch ein Fernstudium in Hamburg angefangen“, meint er vergnügt. Danach durfte er sich auch Fachingenieur für elektronische Datenverarbeitungstechnik nennen. „Ich kann alle Krananlagen bedienen“, meint er.

Etwas mehr als 40 Mitglieder haben die Bergbausenioren heute noch. Nicht alle haben - so wie Zwingmann - auch tatsächlich im Bergbau gearbeitet. Neben ihm steht Hans-Georg Petschke. Er ist drei Tage älter als sein langjähriger Freund und Kollege Zwingmann. Seit der Lehre kennen sich die beiden, haben zusammen im Tagebau gearbeitet. Heute sind nicht mehr alle der Senioren so fit wie die beiden. „Auch bei uns gehen die Kräfte langsam zur Neige“, meint Petschke. Trotzdem: Einen Stollen bauen die Senioren immer noch problemlos auf.

Zwingmann erinnert sich noch an den Dampfbagger, der Mitte der 50er Jahre in ihrer Nachbarschaft stand. Dessen Nachfolger, die gigantischen Stahlungetüme, die heute noch in Ferropolis zu sehen sind, sind heute Attraktion. Die einstigen Tagebaulöcher wurden zu Seen, teils touristisch erschlossen. Auch an die negativen Seiten des Tagebaus erinnert sich Zwingmann. Etwa, als ein Wasserwerk in der Nähe geschlossen werden musste, weil das Wasser kontaminiert war.

Gegen die Deponie

Deswegen setzt er sich auch heute gegen die geplante Deponie in Jüdenberg ein. „Es kann nicht sein, dass unser Grundwasser verdorben wird“, sagt er. Die Firma, die den Antrag zum Bau gestellt hat, beteuert zwar, dass dies nicht geschieht - das bezweifeln aber viele aus der Bevölkerung. Darunter auch die Wasserversorger aus der Region.