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Bravourstück für Frankreich

Von Hans-Joachim Paduch 05.05.2008, 16:27

Benndorf/MZ. - Diese Lok hat eine lange und wechselvolle Geschichte. Laut Kellner hat sie irgendwo lange herumgestanden und ist allmählich mehr und mehr heruntergekommen. Eines Tages hat sie dann ein Kunde des Unternehmens wegen ausstehender Rechnungen in Zahlung gegeben. "So ist die Lok vor vier Jahren unser Eigentum geworden", sagt der Geschäftsführer, dessen Unternehmen auf die Aufarbeitung alter und uralter Schienenfahrzeuge und speziell auch Dampfloks spezialisiert ist.

Schon mehrfach sind in den Werkhallen des Betriebes Schienenfahrzeuge wieder einsatzbereit gemacht worden, von denen weder technische Zeichnungen noch irgendwelche anderen technischen Unterlagen existierten. "Unsere Leute sind einfach klasse und machen sozusagen aus Schrott wieder eine Dampflok," so Kellner. Das sei noch Handwerksarbeit im Sinne des Wortes.

Das trifft auch auf die Henschel-Lok zu, die 2005 vom französischen Verein CITEV mit Sitz in Anduze in Südfrankreich gekauft wurde. Die französischen Eisenbahnfreunde hatten auf der Internetseite der Malowa von dieser Lok erfahren und ihr Interesse dafür bekundet. Bei Vertragsabschluss mit den Franzosen hat die Malowa gleich den Auftrag für eine Neubefristung genannte Generalreparatur einschließlich des Kesselneubaus erhalten.

Um diesen Kessel möglichst kostengünstig fertigen zu lassen, wurde der Auftrag an ein Werk in Pila in Polen vergeben. 2007 ist dann der rund acht Meter lange Kessel, 1,80 Meter im Durchmesser, aus Polen angeliefert worden. In ihm befinden sich 253 Heizrohre mit fast drei Kilometern Länge, die für einen Betriebsdruck von 14 Bar sorgen.

Schlecht war auch der Zustand der Lok, immerhin stand sie 15 Jahre im Freien. Von den Originalteilen sei nur wenig übrig geblieben. "Unsere Leute haben von vielen zerrosteten Teile die Maße genommen und sie in Handarbeit neu gebaut", berichtet Kellner. Neu aufgebaut wurde unter anderem auch das gesamte Fahrwerk einschließlich der Räder und "jede Menge Blechteile."

Am 14. März dieses Jahres ist dann die Lok zum ersten Mal angefeuert worden, um zu testen, ob der Kessel voll funktionsfähig ist. Dann hat sie ihren ersten kurzen Probelauf auf dem Bahnhof Klostermansfeld bestanden. Natürlich seien noch viele Einstellungs- und Abstimmungsarbeiten notwendig gewesen, bevor sie dann von den Leuten des Tüv abgenommen werden konnte. Und die Lastprobefahrt nach Hettstedt und zurück vor wenigen Tagen hat der Oldie auch bestanden. Da war neben Lokführer Oloff Stille, dem verantwortlichen Meister Günther Schwertner und Lok-Schlosser Klaus Kaczmarek auch Stephane Schneider vom französischen Auftraggeber mit auf dem Führerstand. Er ist Technischer Direktor des CITEV, der in Südfrankreich eine eigene 13 Kilometer lange Strecke betreibt und im vorigen Jahr rund 110 000 Fahrgäste hatte. Nach ihrer erfolgreichen Erprobung soll der 52 Tonnen schwere Koloss dann in einigen Wochen per Straßentransport nach Frankreich rollen.