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Sonderprogramm «Jump plus» Sonderprogramm «Jump plus»: Wunsch nach Anerkennung

Von Heidi Thiemann 10.12.2003, 19:28

Coswig/MZ. - Christian Heimpold ist einer der Jugendlichen, die im Rahmen des Programms "Jump plus" bei der GfA (Gesellschaft zur Förderung der Arbeitsaufnahme) in Coswig für sechs Monate untergekommen sind und gefördert werden. Eine Lehre als Koch hatte er angefangen, doch nicht beendet, da die Firma pleite ging, wie er erzählt. Nun "sucht er alles", um in Arbeit zu kommen. Doch das ist schwer. Das Arbeitsamt habe eine Umschulung abgelehnt und auch die Förderung, um bei der Dekra den Lkw-Führerschein abzulegen. Dazu hätte es einer Einstellungszusage bedurft. Die Zusage aber gebe keine Firma. Doch "ohne Führerschein gibt es keine Stelle", sagt der Coswiger. Da dreht man sich nur im Kreis.

Nun aber ist er froh, wenigstens für sechs Monate untergekommen zu sein. Bei der Stadtwirtschaft Coswig hat er "Arbeit, die Spaß macht. Denn da kenne ich auch alle." Doch nicht nur die zusätzliche und gemeinnützige Arbeit steht bei "Jump plus" im Vordergrund. Die Jugendlichen sollen auch theoretisch fit gemacht werden für den ersten Arbeitsmarkt. Dies geschieht bei der GfA in den Räumen der Tertia Training und Consulting GmbH auf dem ehemaligen Chemiewerkgelände Coswig.

Projektbeauftragte Sabine Saage hilft beim Erstellen von Bewerungsunterlagen, gibt Tipps für Bewerbungsgespräche, hilft beim Umgang mit dem Computer. Doch auch die Werkstätten der Tertia im Holz-, Metall- und Baubereich werden mit einbezogen, um Fähigkeiten und Fertigkeiten der Jugendlichen zu testen, um vielleicht auch das geeignete Berufsfeld für die Jugendlichen herauszufinden, wie Tertia-Zweigstellensleiter Wolfgang Scholz erklärt.

Dass es aber gar nicht so einfach ist, überhaupt erstmal eine treffende Bewerbung zu schreiben, merkt Enrico Mieseler. Der 22-Jährige hat im Hochbau gelernt, doch keinen Abschluss. Arbeitslos ist er geworden, nie wieder in Arbeit gekommen. Im Betonbau, sagt der Oranienbaumer, würde er gerne eine Ausbildung aufnehmen. Wo, in welchem Bundesland? "Das ist egal", antwortet er.

Dass er arbeiten kann und will, zeigt er bei der Kommunalservice GmbH in Oranienbaum, wo er im Rahmen von "Jump plus" gegenwärtig eine Stelle hat. Was er macht? "Laub harken, bei der Stadtreinigung helfen." Doch eine Ausbildung oder gar eine feste Arbeitsstelle, daran lässt er keinen Zweifel, die wären ihm lieber.

"Ohne Arbeit kein Geld", kennt Sabine Saage die Probleme der Jugendlichen. Doch nicht nur das brauchen sie, sondern vor allem auch Anerkennung, ergänzt Ursula Janicke, die stellvertretende Tertia-Zweigstellenleiterin. "Die Gesellschaft denkt im Allgemeinen, dass Jugendliche ab dem 18. Lebensjahr ihr Leben alleine meistern können. Manche können es nicht, und die brauchen Unterstützung."

Unterstützung heißt, die jungen Leute zu motivieren. Sie (wieder) an den täglichen Arbeitsalltag heranführen. Eine Hürde, die manchem zu hoch ist, die er nicht meistern will. Doch die Teilnehmer können sich nicht in die soziale Hängematte zurücklehnen, macht Wolfgang Scholz klar. Die Anwesenheit bei der Arbeit bzw. bei den Bewerbertrainings wird genau kontrolliert. Wer fehlt, riskiert den teilweisen oder gar vollen Verlust von Unterstützung. Mit dem Sozialamt der Kreisverwaltung steht man deshalb in engem Kontakt.

Dass es schwer war anfangs, gesteht auch Sandra Lauke. "Acht Stunden Arbeit kennt man nicht mehr." Doch die 24-Jährige hat sich mittlerweile dran gewöhnt. Und sagt vor allem: "Es macht Spaß." Beim DRK in Coswig hilft sie, "wo ich nur kann". Und zusätzliche Motivation ist, dass sie, die ihren gelernten Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann, vom Arbeitsamt eine Umschulung im kaufmännischen Bereich in Aussicht hat. "Nächstes Jahr", freut sie sich schon jetzt.